Will Trent 02 - Entsetzen
dem Daumenabdruck auf dem Brief vergleichen kann.«
»Das können wir nicht tun.«
»Warum nicht?«
»Zu dem Deal mit dem Bezirksstaatsanwalt gehörte auch, dass seine Daten gelöscht werden, wenn er sich ein Jahr lang nichts zuschulden kommen lässt.«
»Aber seine DNS ist trotzdem in der Datenbank für Sexualstraftäter.«
Sie murmelte einen Fluch. »Das ist unser Fehler. Er hätte nie dort landen dürfen. Er ist ja kein verurteilter Sexualstraftäter. Juristisch gesehen haben wir kein Recht, Evan Bernards DNS oder seine Fingerabdrücke als Beweismittel zu verwenden.«
»Aber wenn wir eine Übereinstimmung erhalten ...«
»Die wird ein Richter verwerfen, bevor wir es überhaupt vor Gericht schaffen.«
Will spürte, wie ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Wenn der Lehrer nicht außerordentlich großzügig gestimmt - oder dumm - war, konnten sie ohne Gerichtsbeschluss keine DNS-Probe von Evan Bernard bekommen. Und ein Richter würde einen solchen Beschluss nie unterzeichnen ohne den hinreichenden Tatverdacht, dass Bernard ein Verbrechen begangen hatte. Illegal beschaffte DNS begründete keinen hinreichenden Tatverdacht.
Will sprach nun das Offensichtliche aus. »Wenn wir die DNS nicht verwenden können, dann können wir ihn nicht mit Kayla Alexander in Verbindung bringen.« Er sah seine Chancen kippen wie Dominosteine. Keine Kayla, kein Tatort. Kein hinreichender Tatverdacht, keine Verhaftung.
Keine Hoffnung für Emma Campano.
»Faith wartet im Augenblick vor Bernards Wohnung. Sie liegt im Erdgeschoss. Alle Jalousien sind offen. Sie kann direkt in die Zimmer sehen. Es gibt eine Garage, aber das Auto ist verschwunden. Ohne die DNS können wir rein gar nichts tun. Sie braucht einen rechtsgültigen Grund, um in die Wohnung einzudringen. Will, Sie müssen unbedingt eine Verbindung zwischen Bernard und einem dieser Verbrechen herstellen. Bringen Sie mich in diese Wohnung.«
Will riss am Lenkrad und schlitterte auf den Parkplatz der Schule. Es kam ihm vor, als wäre er schon ewig nicht mehr hier gewesen, dabei war es erst einen Tag her. Er dachte wieder an Emma Campano, dass ein Tag für sie eine Ewigkeit sein und jede Sekunde den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen konnte. Bernard würde wissen, dass sie zu Emmas Schule kommen würden. Er würde wissen, dass sie die Sache mit der Verhaftung irgendwann herausfinden würden, so wie er wissen würde, dass seine Wohnung der erste Ort wäre, wo sie nachsehen würden. Er musste Emma an irgendeinem abgelegenen Ort festhalten - irgendwo, wo niemand Emma schreien hören würde.
Auf der Straße standen, außerhalb des Blickfelds der Sicherheitskameras der Schule, zwei Streifenwagen. Will trabte zum Hauseingang, wies das eine Team an, nach hinten zu gehen, und das andere, an der Vordertür zu warten. Die privaten Sicherheitsleute auf dem Vordertreppchen wirkten im ersten Augenblick verwirrt, wussten aber, dass sie sich nicht einmischen sollten.
Will schaute über die Straße. Die Fotografen waren noch immer da. CNN machte gerade eine Live-Übertragung, und eine Reporterin, die mit dem Rücken zur Schule stand, sprach zwar in die Kamera, nannte aber absolut keine neuen Informationen über den Fall. Sie würde bald genug Informationen bekommen. Das würde wahrscheinlich der Coup ihrer Karriere werden.
Will sagte zu einem der privaten Wachmänner: »Schaffen Sie mehr von Ihren Männern her und halten Sie die Presse vom Schulgelände fern.«
»Ja, Sir«, sagte der Mann und zog sein Funkgerät aus der Tasche.
Will lief die Treppe zum Hauptgebäude, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf. Er hatte mit Amanda bereits über sein Vorgehen hier diskutiert. Emma Campano war in Gefahr, aber Even Bernard konnte ihr nichts tun, solange er in der Schule war. Das Überraschungsmoment war ihr einziger Vorteil. Dass der Lösegeldanruf in der nächsten halben Stunde getätigt werden sollte, hatte die Diskussion letztendlich entschieden. Wenn sie ihn am Telefon ertappen konnten, wäre das vermutlich genau der Beweis, den sie brauchten.
Will streckte die Hand aus, um auf den Knopf der Gegensprechanlage zu drücken, aber von drinnen wurde ihm bereits geöffnet. Olivia McFaden wartete auf ihn auf der anderen Seite der Tür.
Sie nahm kein Blatt vor den Mund. »Vor meiner Schule stehen zwei Beamte mit Waffen.«
»Am Hintereingang stehen noch einmal zwei«, erwiderte Will und führte sie am Arm den Gang hinunter. Er schob sie in das Besprechungszimmer, das sie
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