Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
verlässt?«
    Colleen machte sich an die Arbeit, und Will schaute auf das Live-Bild von Bernard im Klassenzimmer. Der Lehrer ging noch immer zwischen den Bänken auf und ab und schwadronierte über Literatur.
    McFaden konnte es kaum glauben. »Ich verstehe nicht, wie so etwas passieren konnte. Mr. Bernard unterrichtet seit zwölf Jahren bei uns.«
    »Sie haben ihn überprüft?«
    »Natürlich«, erwiderte McFaden. »Das ist in diesem Staat Vorschrift. Alle Schulangestellten werden von der Polizei durchleuchtet, bevor wir sie anstellen können.«
    »O Gott«, flüsterte Colleen. Will sah, dass sie das Bild von Evan beim Verlassen der Schule gefunden und neben die Aufnahme von seiner Rückkehr gestellt hatte. »Er hat sich umgezogen.«
    Die Hemden hatten dieselbe Farbe, aber der Schnitt war anders. Seine Hose war in der früheren Aufnahme schwarz, in der späteren khakifarben. Will fiel wieder ein, was Beckey vom Labor ihm zuvor gesagt hatte. Man hatte DNS, die zu Evan Bernard passte, nicht nur bei Kayla gefunden. Das Stoffstück, das Charlie aus dem Sitz des Prius geschnitten hatte, hatte ebenfalls Spuren von Bernards Sperma enthalten. Doch das alles brachte sie ihrem Ziel, Bernard mit Emma Campano in Verbindung zu bringen, keinen Schritt näher. Auch falls sie Mittel und Wege finden sollten, von dem Lehrer eine DNS-Probe zu erhalten, konnten sie damit nur beweisen, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt im Prius Sex mit Kayla Alexander gehabt hatte.
    Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte. McFaden nahm ab und gab den Hörer dann Will.
    Amanda fragte barsch: »Warum gehen Sie nicht ans Telefon?«
    Will klopfte auf seine Sakkotasche, spürte, dass sich die Plastikteile darin bewegten. Amanda wartete nicht auf seine Antwort. »Haben Sie ihn geschnappt?«
    Will schaute auf den Monitor, auf dem Bernard noch immer im Klassenzimmer auf und ab ging. »Wir warten, bis er den Lösegeldanruf macht.«
    »Das ist schon passiert«, sagte sie. »Der Lebensbeweis war dieselbe Bandaufnahme wie gestern, Will. Ich habe ihm gesagt, wir brauchen einen neuen, sonst ist der Handel geplatzt.«
    »Ruft er noch einmal an?«
    »Heute Nachmittag um vier«, sagte sie.
    Will schaute auf die Digitaluhr an der Wand. Zehn Uhr dreiunddreißig. »Ich habe Bernard die ganze Zeit beobachtet. Er hat das Klassenzimmer nicht verlassen, und er hat nicht telefoniert.«
    »Scheiße«, zischte sie. »Er hat einen Komplizen.«
    Will klopfte an Evan Bernards Klassenzimmertür. Der Mann schien überrascht, ihn dort stehen zu sehen.
    »Agent Trent? Kommen Sie rein.«
    Will schloss die Tür hinter sich.
    »Wenn Sie die bitte offen lassen könnten. Ich warte auf Schüler.«
    »Mein Partner hält sie draußen im Gang auf.«
    »Ich bin froh, dass Sie hier sind.« Bernard nahm ein Buch von seinem Pult. Der Umschlag zeigte Dreiecke und Quadrate in verschiedenen Farben. »Das ist eine Ausgabe von Emmas Lesebuch. Ich dachte mir, Sie haben vielleicht Verwendung dafür.«
    »Ich wollte nur ein paar Sachen mit Ihnen durchgehen, die Sie gesagt haben.«
    »Okay.« Er legte das Buch wieder auf das Pult, wischte dann den Umschlag mit seinem Ärmel ab und sagte zu Will: »Tut mir leid, ich habe es ein bisschen beschmutzt.«
    Will zerbrach sich nicht den Kopf über Fingerabdrücke. »Sie schienen sich ziemlich sicher zu sein, dass derjenige, der diese Briefe schrieb, Analphabet war. Ich weiß allerdings nicht so recht, was Sie mit Analphabetismus meinen. Ist es so etwas wie Legasthenie? Ist das so eine Art Spektrums-Diagnose, wo jemand an dem einen Ende oder am anderen sein kann?«
    »Na ja.« Er setzte sich auf die Pultkante. »Die traditionelle Definition des Alphabetismus betrifft die Fähigkeit, zu lesen und zu schreiben, die Fähigkeit, Sprache zu benutzen und auf flüssige Art und Weise zu sprechen. Das könnte man natürlich ausdehnen auf den nächsten logischen Schritt und den Begriff benutzen, um einen gewissen Grad der Bildung oder der Kultur zu definieren.« Er lächelte selbstgefällig. »Wenn man also sagt, dass jemand ein Analphabet ist, dann benutzt man das griechische >an<, das nicht oder ohne bedeutet. Ohne die Fähigkeit, zu lesen und zu schreiben, ohne sprachliche Kompetenz.«
    »Ohne Bildung oder Kultur?«, fragte Will und schloss aus Evan Bernards Großspurigkeit, dass er einen Besuch der Polizei erwartet hatte. Die Verhaftung in Savannah war aktenkundig. Der Mann hatte sich wahrscheinlich bereits gewundert, warum die Beamten nicht schon früher bei ihm

Weitere Kostenlose Bücher