Will Trent 02 - Entsetzen
tags zuvor benutzt hatten. »Ich werde Ihnen jetzt einige Dinge sagen, und es ist dringend nötig, dass Sie ruhig bleiben.«
Sie entzog ihm ihren Arm. »Ich leite eine Highschool, Mr. Trent. Sie können mir kaum etwas sagen, das mich schockieren könnte.«
Will fand es nicht nötig, sie zu informieren, dass sie Bernards Sperma in einer ihrer toten Schülerinnen gefunden hatten. Stattdessen sagte er: »Wir haben Grund zu der Annahme, dass Evan Bernard eine sexuelle Affäre mit Kayla Alexander hatte.«
Anscheinend konnte man sie doch schockieren. Sie ließ sich auf einen der Stühle fallen. »Mein Gott.« Ebenso schnell stand sie wieder auf und hatte die nächsten Schlussfolgerungen sofort parat. »Er hat Unterricht ...« Sie ging auf die Tür zu, aber Will hielt sie auf.
»Gibt es in seinem Klassenzimmer eine Kamera?«
Auch wenn sie noch ein wenig Mühe hatte, die Nachricht zu verarbeiten, überwand sie sehr schnell ihre Überraschung. »Hier entlang«, sagte sie und führte ihn über den Gang zurück zum Empfangsbüro. »Colleen«, sagte sie zu der Frau hinter dem Schreibtisch, »schalten Sie Mr. Bernards Klassenzimmer auf einen Monitor.«
Die Frau drehte sich zu der Monitorbatterie um und tippte einige Befehle. Es gab insgesamt sechs Bildschirme, alle unterteilt in kleinere Bilder von den verschiedenen Kameras auf dem Schulgelände. Die Bilder waren in Farbe, scharf und klar. Colleen drückte noch eine Taste, und Bernards Klassenzimmer füllte den mittleren Bildschirm.
Da war er in seinem zerknitterten Sakko und dem grau melierten Bart, umgeben von Teenagern ging er zwischen den Bankreihen entlang. Es war nur eine kleine Klasse, insgesamt vielleicht ein Dutzend Schüler. Es waren vorwiegend junge Mädchen, sie saßen da und notieren mit flinken Händen jedes von Mr. Bernards Worten. Keine hatte den Kopf über den Tisch gebeugt. Sie wirkten alle wie verzaubert. Hatte die Fünfzehnjährige, die Evan Bernard in Savannah kennengelernt hatte, ihn auch so angesehen? Vielleicht hatte sie es getan, bis er sie vergewaltigte. Will fragte: »Gibt es auch Ton?«
Colleen drückte noch eine Taste. Aus dem Lautsprecher kam eine Stimme, Bernard sprach über die Bedeutung von Galsworthys Erwachen für die amerikanische Literatur.
Will fragte: »Wann hat er seine Vorbereitungszeit?«
Die Rektorin antwortete: »Direkt nach dem Mittagessen, das heißt, er hat zwischen zwei Unterrichtsstunden ungefähr eineinhalb Stunden Zeit.«
»Können Sie mir den exakten Zeitrahmen sagen?«
»Die Stunde endet um elf Uhr fünfundvierzig. Evan muss dann erst um halb zwei wieder da sein.«
Genügend Zeit, dachte Will. Adams Auto stand ab elf Uhr fünfzehn in der Garage. Paul Campano setzte seinen Notruf um halb eins ab.
Will fragte die Sekretärin: »Haben Sie Archivmaterial?«
»Wir haben alles aus jedem Schuljahr, seit wir 1998 mit den Aufnahmen anfingen«, antwortete Colleen. »Was brauchen Sie?«
»Von vor zwei Tagen«, sagte Will. »Von elf Uhr fünfundvierzig bis ein Uhr dreißig.«
»Ach, das ist einfach.« Sie behielt das Live-Bild von Bernard auf dem einen Monitor und schaltete die Archivaufnahmen auf einen anderen. Die Frau beherrschte die Technik offensichtlich sehr gut, und sie hatte sich allem Anschein nach bereits überlegt, was sie brauchen würden, denn auf dem Monitor erschien nun Bernard, wie er seine Aktentasche packte, das Klassenzimmer verließ, den Gang entlangging, das Gebäude verließ, in seinen roten Volvo C30 stieg und davonfuhr.
Will versuchte, nicht zu aufgeregt zu werden. »Wann kam er zurück?«
Noch war der Parkplatz auf dem Monitor zu sehen, und sie spulte schnell vor, bis Evan Bernards Volvo wieder auftauchte. Das Auto glitt in die Parkbucht und blieb abrupt stehen. Bernard stieg aus, schaute sich nervös um und nestelte an der Krawatte. Er lief auf das Gebäude zu. Will dachte erst, Colleen hätte auf schnellen Vorlauf geschaltet, aber der Mann rannte wirklich.
»Ein Uhr zweiunddreißig«, sagte McFaden mit einem Blick auf die Zeitanzeige. »Er kam zu spät zum Unterricht.«
Die nächste Sequenz zeigte, wie Bernard den Gang entlanglief. »Zurück und stopp«, sagte Will. Etwas war anders, nicht nur das unordentliche Aussehen des Mannes.
Colleen drückte Tasten, und das Bild zeigte Evan Bernard im Gang. Er schaute direkt in die Kamera. Seine Haare waren zerzaust, die Krawatte hing schief.
Will fragte: »Können Sie das Bild hier stehen lassen und die Aufnahme danebenstellen, als er das Gebäude
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