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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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keine offensichtlichen Flecken zu erkennen. Will öffnete den Reißverschluss des Bezugs und schob die behandschuhten Finger hinein. Das erbrachte nichts, außer dass sein Handschuh leicht nach Hund und Urin roch.
    Will hörte Amandas Stimme unten, als er eben den Reißverschluss wieder zuzog. Sie kam die Hintertreppe hoch, und dem Klang nach telefonierte sie mit ihrem Handy.
    Er zog die nach Hund riechenden Handschuhe aus und streifte sich neue über, nahm sich dann die Handtaschen der beiden Mädchen noch einmal vor, kippte sie auf dem Boden aus und durchsuchte den Inhalt. Emmas Handy hatte man in einer Ladestation in der Küche gefunden. Kayla hatte ihre eigene Designertasche und eine Visa-Karte. Mit Sicherheit hatte sie irgendwo auch ein Handy.
    Will hatte das Gefühl, irgendetwas zu übersehen. Er hatte das Zimmer wie ein Gitter unterteilt und jeden Abschnitt sorgfältig abgesucht, war sogar mit behandschuhten Fingern durch den langen Flor des Teppichs unter dem Bett gefahren und hatte nichts Aufregenderes gefunden als ein Jolly-Roger-Wassermelonen-Konfekt, das in seinen Fingern zerbröckelte. Er hatte unter den Möbeln nachgesehen und sogar die Unterseiten der Schubladenböden abgetastet. Sämtliche Teppiche hatte er umgedreht.
    Nichts.
    Wo war Emma gewesen, als Kayla angegriffen wurde? Was hatte das Mädchen getan, als seine beste Freundin wahrscheinlich vergewaltigt und mit Sicherheit verprügelt und ermordet wurde? Betrachtete Will die ganze Sache aus dem falschen Blickwinkel? Da er im Kinderheim oft der Leidtragende von Pauls Zorn gewesen war, wusste er aus eigener Erfahrung, dass das Blut der Campanos schnell in Wallung geraten konnte. Übersprang so etwas eine Generation, oder wurde es direkt weitergegeben? Die Mutter hatte gesagt, ihre Tochter habe sich in letzter Zeit verändert, sei aufsässig geworden. Konnte sie in den Mord an Kayla verwickelt sein? War Emma nicht das Opfer, sondern eine Beteiligte?
    Er schaute sich noch einmal in dem Zimmer um - die Teddybären, die Sterne an der Decke. Will wäre mit Sicherheit nicht der erste Mann, der sich vom Klischee einer unschuldigen, jungen Frau hatte täuschen lassen, aber das Szenario, das Emma als Täterin hinstellte, fühlte sich einfach nicht richtig an.
    Plötzlich erkannte er, was fehlte. Die Wände waren kahl. Emmas Zimmer war offensichtlich von einem Profi ausgestattet worden, wo waren also die Kunstwerke, die Fotografien? Er stand auf und suchte nach Nagellöchern und fand fünf Löcher und zusätzliche Kratzer, wo die Rahmen der Bilder an der Wand geschabt hatten. Außerdem fand er mehrere Streifen Klebeband, an denen bei genauerem Hinsehen noch die Fetzen zu sehen waren, die von den Postern im Schrank abgerissen worden waren. Er konnte sich gut vorstellen, dass Abigail Campano entrüstet gewesen war, als sie das Bild eines brustvergrößerten, genitalneutralen Marilyn Manson sah, das dieses ansonsten perfekte Mädchenzimmer verschandelte. Er konnte sich außerdem vorstellen, dass ein Teenager-Mädchen alle gerahmten Kunstwerke wieder abnahm, die der Innenausstatter als Vergeltung aufgehängt hatte.
    »Trent? Haben Sie einen Augenblick Zeit?«
    Will stand auf und folgte der Stimme in den Gang.
    Charlie Reed, ein Spurensicherungstechniker, der fast schon so lange wie Will für Amanda arbeitete, stand am Ende des Gangs. Jetzt, da die Leiche abtransportiert war, konnte der Mann sich um die sorgfältige Katalogisierung von Blutspuren und anderen Indizien kümmern. In einem speziellen weißen Anzug, um die Kontamination des Tatorts zu verhindern, würde Charlie die nächsten Stunden auf Händen und Knien verbringen und jeden Quadratzentimeter absuchen. Er war ein guter Ermittler, aber seine Ähnlichkeit mit dem Polizisten der Village People schreckte die Leute eher ab. Will war es ein Anliegen, bei jedem seiner Fälle speziell Charlie anzufordern. Er wusste, was es hieß, ein Außenseiter zu sein, und wie das einen manchmal dazu brachte, noch härter zu arbeiten, um den Leuten zu zeigen, dass sie unrecht hatten.
    Charlie zog seine Maske nach unten und zeigte einen perfekt geschnittenen Schnurrbart. »Das lag unter der Leiche.« Er gab Will eine Beweismitteltüte mit den kaputten, blutigen Eingeweiden eines Handys. »Auf dem Plastik ist ein Schuhabdruck, der dem Abdruck ähnlich ist, den wir unten gefunden haben, aber nicht von dem Schuh des zweiten Opfers stammt. Ich vermute, unser Angreifer ist mit dem Fuß daraufgetreten, und das Mädchen ist dann

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