Will Trent 02 - Entsetzen
beantworten zu müssen.«
Will spürte, wie er die Zähne zusammenpresste. »Das ist sehr lange her.«
Amanda schien nun zu bemerken, dass Charlie zu ihren Füßen kniete und sich mit einer Pinzette durch die Teppichfasern arbeitete. Sie flüsterte Will zu: »Ein Thema für eine andere Zeit.«
»Ja, Ma'am.«
Amandas Ton wurde wieder normal. »Charlie, können Sie mir hiervon einen Abriss geben?«
Charlie beendete, was er gerade tat, stand ächzend auf und massierte sich ein Knie, als müsste er es wieder zum Leben erwecken. Erneut zog er seine Maske herunter. »Bei dem Blut hatten wir Glück. Das weibliche Opfer ist B-negativ, das männliche Opfer Null-negativ. Der Teppich hier« - er deutete auf die Schuhabdrücke - »zeigt fast ausschließlich B, was auf das weibliche Opfer hinweist.«
»Charlie.« Amanda unterbrach ihn. »Nur das Wichtigste. Adam. Kayla. Los.«
Er gestattete sich ein Lächeln über die Situation. »Das sind natürlich alles nur Mutmaßungen, aber wir können annehmen, dass Kayla diesen Gang entlanggejagt wurde, auf die hintere Treppe zu. Der Mörder holte sie ungefähr hier ein.« Er deutete auf eine Stelle einen knappen Meter hinter ihnen. »Wir fanden ein signifikantes Haarbüschel mit noch einem Teil der Kopfhaut dran, hier.« Er deutete auf einen weiteren Punkt auf dem Teppich. »Daraus können wir schließen, dass sie an den Haaren zurückgerissen wurde und auf den Boden fiel. Möglicherweise ist dies hier die Stelle, wo sie vergewaltigt wurde - oder auch nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie hier starb, ist sehr hoch.«
Amanda schaute noch einmal auf ihre Uhr. Wie Will hasste sie die Tatsache, dass die Forensik mit einschränkenden Begriffen wie »möglicherweise« und »am wahrscheinlichsten« arbeitete und selten absolute Gewissheiten formulierte. Sie fragte: »Ist das der Punkt, wo wir von Mutmaßungen zu harten, wissenschaftlichen Fakten kommen?«
»Ja, Ma'am«, antwortete Charlie. »Wie gesagt, die Blutgruppen machen es einfacher. Kayla wurde hier verprügelt und erstochen. An der Wand können Sie das Spritzmuster erkennen.« Er deutete auf Spritzer dunklen Bluts. »Der Mörder war rasend, wahrscheinlich vor Wut, weil er hinter ihr herrennen musste oder weil er sie mit einem anderen Mann gesehen hatte - Adam, könnte man annehmen.«
Will fragte: »Wie lange dürfte der Angriff gedauert haben?«
Charlie schaute auf die Wände, den fleckigen Boden. »Vierzig bis fünfzig Sekunden. Vielleicht auch eine ganze Minute oder zwei, falls eine Vergewaltigung stattfand.«
»Deutet in dem Muster irgendetwas darauf hin, dass jemand versuchte, ihn zu stoppen?«
Charlie legte die Hand ans Kinn und betrachtete das Blut.
»Eigentlich nicht. Die Bögen sind ziemlich perfekt. Wenn er unterbrochen worden wäre oder jemand versucht hätte, seinen Arm festzuhalten, würden wir mehr Variationen sehen. Das ist alles sehr gleichförmig, fast wie von einer Maschine, die hoch und runter geht.«
Will fügte hinzu: »Der Coroner sagt, dass auf Kayla mindestens zwanzigmal eingestochen wurde, vielleicht noch öfter.«
Charlie wandte sich nun den Fußabdrücken zu. »Es gab nach ihrem Tod eindeutig sehr viel Aktivität. Man sieht an den beiden Abdruckpaaren, dass zwei Personen - einer davon mit Schuhen, die Adams entsprechen - hier hin und her gegangen sind.«
»Sehen Sie Hinweise darauf, dass sie kämpften?«
Charlie zuckte die Achseln. »Wegen des Teppichs ist das schwer zu sagen. Auf einer glätteren Oberfläche könnte ich feststellen, wo das Gewicht des Fußes war, ob jemand aus dem Gleichgewicht geriet oder nach vorn stürmte, um mit einem anderen zu kämpfen.«
Amanda sagte: »Die sicherste Vermutung?«
»Na ja ...« Charlie zuckte noch einmal die Achseln. »Im größeren Kontext der Szene scheint die Annahme gerechtfertigt, dass es zu einem Kampf kam. Was ich Ihnen eindeutig sagen kann, ist, dass Adam irgendwann neben der Leiche kniete. Wir haben auf seinen Jeans und auch auf seinen Schuhspitzen Blutmuster gefunden. Ich habe auch die Theorie, dass er den Arm ausstreckte« - Charlie streckte seinen Arm in die Richtung des blutigen Handabdrucks - »und sich mit der Hand an der Wand abstützte, als er sein Ohr nahe an Kaylas Mund brachte.«
Will unterbrach ihn. »Warum sagen Sie das?«
»Er hat ein feines Sprühmuster aus B-negativ hier in der Gegend.« Er deutete auf sein eigenes Ohr. »Außerdem gibt es ein Sprühmuster auf Kaylas Unterbauch, auf das Sie mich zuvor hingewiesen haben. Ich
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