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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ihren Tag des Tennisspielens und der Wellness-Behandlungen. Paul war auf dem Weg zur Arbeit gewesen. Keiner von ihnen hatte gewusst, wie wenig Zeit ihnen noch blieb, bis ihr Leben sich für immer änderte oder - schlimmer noch - ihnen gestohlen wurde.
    Will konnte sich noch gut an seinen ersten Fall mit einem Kind als Opfer erinnern. Das Mädchen war zehn Jahre alt gewesen und mitten in der Nacht von seinem Vater in einer inszenierten Entführung aus dem Haus geschleppt worden. Der Mann hatte seine Tochter vergewaltigt, ihr das Genick gebrochen und sie in eine Schlucht im Wald hinter der Kirche der Familie geworfen. Es dauert nur Minuten, bis Fliegen eine Leiche finden. Sofort fangen sie an, ihre Eier abzulegen. Vierundzwanzig Stunden später schlüpfen die Larven und machen sich über Organe und Bindegewebe her. Die Leiche bläht sich auf. Die Haut wird wächsern, beinahe durchscheinend blau. Der Gestank ist eine Mischung aus verfaulten Eiern und Batteriesäure.
    In diesem Zustand hatte Will sie gefunden.
    Er hoffte inständig, dass er Emma Campano nicht auch so finden würde.
    Gelächter drang von einigen Lehrern herüber, die die Treppe zum Hauptgebäude hinaufgingen. Er sah sie mit lächelnden Gesichtern durch die Türen gehen. Will hasste Schulen so, wie einige Leute das Gefängnis hassen. Und so hatte Will als Kind die Schule auch betrachtet: als eine Art Gefängnis, in dem die Aufseher tun konnten, was sie wollten. Andere Kinder, die Eltern hatten, hatten wenigstens eine Art Puffer, aber Will hatte nur den Staat, der sich um ihn kümmerte, und es lag nicht unbedingt im Interesse des Staates, sich mit einem städtischen Schulsystem anzulegen.
    Will würde heute derjenige sein, der die Lehrer befragte, und allein bei dem Gedanken daran brach ihm der kalte Schweiß aus. Das waren gebildete Leute - mit einer Bildung, die nicht von den beschissenen Ferninstituten stammte, von denen Will seine zweifelhaften Abschlüsse erhalten hatte. Sie würden ihn wahrscheinlich sofort durchschauen. Zum ersten Mal, seit dies alles angefangen hatte, war er froh, dass Faith Mitchell bei ihm sein würde. Wenigstens würde sie einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen können, und es war einfach Tatsache, dass die Westfield Academy eine tote und eine vermisste Schülerin hatte. Vielleicht wären die Lehrer zu sehr mit der Tragödie beschäftigt, um Will gründlich in Augenschein zu nehmen. Auf jeden Fall gab es genügend Fragen, die beantwortet werden mussten.
    Da Westfield nur Highschool-Unterricht anbot, waren alle Schüler zwischen vierzehn und achtzehn Jahre alt. Leo Donnelly hatte fast den ganzen gestrigen Tag damit zugebracht, mit einem Großteil der Schüler zu sprechen, und hatte genau die Informationen erhalten, die man von Teenagern erwarten würde, die eben erfahren hatten, dass eine Klassenkameradin brutal ermordet und eine andere verschleppt worden war: Beide, Kayla und Emma, waren beliebte, gute Mädchen.
    Wenn man eine Woche zurückgehen könnte, würde die Geschichte möglicherweise anders aussehen. Will wollte mit den Lehrern sprechen und herausfinden, wie sie die Mädchen einschätzten. Er hatte noch immer kein klares Bild von Emma Campano. Zur Schulschwänzerin wurde man nicht über Nacht. Im Allgemeinen gab es zunächst kleinere Verfehlungen, die dann zu größeren Problemen führten. Niemand redete gern schlecht über Tote, aber Wills Erfahrung nach zogen Lehrer nicht unbedingt die Samthandschuhe an, wenn es etwas gab, das gesagt werden musste.
    Will schaute zum Fenster hinaus, betrachtete die Gebäude. Die Privatschule war beeindruckend, eine dieser lokalen Schulen mit einem nationalen Ruf, für die Atlanta bekannt war. Vor dem Bürgerkrieg konnten sich nur die wohlhabendsten Bürger Atlantas eine Ausbildung ihrer Kinder leisten, und die meisten schickten ihre Kinder nach Europa, weil sie dort den Luxus einer umfassenden Bildung genossen. Nach dem Krieg wurde das Geld knapper, aber der Wunsch nach Ausbildung bestand weiter. Frisch verarmte Absolventen der europäischen Institute erkannten, dass sie vermarktbare Fähigkeiten hatten, und fingen an, an der Ponce de Leon Avenue Privatschulen zu eröffnen. Auch wenn viele ihr Familiensilber und unschätzbare Erbstücke für die Bildung investieren mussten, waren die Klassenzimmer bald voll. Selbst nach der Gründung des Atlanta Public School Systems 1872 zogen es die Wohlhabenden Atlantas noch immer vor, ihre Kinder vom Gesindel fernzuhalten.
    Die Westfield Academy war

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