Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Willi von Bellden (German Edition)

Willi von Bellden (German Edition)

Titel: Willi von Bellden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Jones
Vom Netzwerk:
überlegte gerade, ob das wirklich alles Blut war, als Basko mich mit seiner Schnauze in die Rippen stieß. Ohne mich anzusehen, deutete er mit dem Kopf auf eines der Fässer. Auf den ersten Blick sahen sie alle gleich aus, auf den zweiten Blick war zu erkennen, dass eins keinen Deckel mehr besaß. Dieser lehnte zwischen den anderen Fässern, als hätte ihn jemand absichtlich dort hineingeschoben.
    Basko bellte und knurrte gleichzeitig. Tanner kapierte sofort, was unsere Aufmerksamkeit erregt hatte. Vorsichtig, um nicht in die Blutlache zu treten, ging er auf Zehenspitzen, eng an die Fässer gepresst, ein Stück nach vorn. Bevor er das besagte Fass erreicht hatte, entdeckte ich es schon. Baskos Augen schienen es im gleichen Moment zu fixieren. Wir hielten den Atem an. Wie zwei aufgeblasene Hühner standen wir da und sahen hilflos zu, wie Tanner, um sein Gleichgewicht zu halten, sich an den Außenwänden der Fässer abstützte und seine Hand dabei ein Paar Hosenbeine mit den dazugehörigen Füßen streiften. Als die Information endlich seinen Thalamus erreicht hatte, zog er panikartig seine Hand vom Fass und verlor dann gleichzeitig sein Gleichgewicht, immer noch darum bemüht, nicht in den dunklen Fleck zu treten. Im selben Augenblick hatte ich ein Déjà-vu und sah mein Herrchen in Zeitlupentempo zu Boden fallen, mitten in die Blutlache hinein. Doch das bedeutete auch, dass er unwiderrufliche Spuren hinterlassen würde, was ich nicht zulassen konnte. Während sein mächtiger Körper der Anziehungskraft des Erdmagneten erlag, bündelte ich meine ganze Energie in mir, um mit einem ungestümen Satz auf meinen Gebieter zu springen. Meine Pfoten, die während des Sprungs unterhalb seines Beckens ihren Platz fanden, trugen im Wesentlichen zur Stabilisierung seiner Person bei, was ihn zwar für weitere drei Sekunden nach vorn straucheln, jedoch nicht auf den Boden fallen ließ. Keuchend fand er wieder Stabilität und stützte sich an der Wand gegenüber von den Fässern fest.
    Ich stand wie erstarrt in der Blutlache. Basko schien unsicher zu sein, was er jetzt tun sollte, abwechselnd gaffte er mich aus weit aufgerissenen Augen an, dann wieder die Beine, die leblos aus dem Fass hingen.
    Uns allen war klar, wer in diesem Fass lag. Keiner von uns hegte den geringsten Zweifel, dass darin die Leiche von Mathis lag.
    Nach emotional aufwühlenden Erlebnissen, über die man später gedanklich reflektiert, fällt einem immer ein, wie man hätte adäquater reagieren können und wie äußerst dumm man sich damals angestellt hatte. Dieser Gedanke schoss mir in diesem Moment, als ich in dieser roten Pfütze aus Körpersäften stand, auch durch den Kopf. Was tat man in einer solchen Situation?
    Tanner kam mir zuvor. Bedacht darauf, nicht in das Blut zu treten, kam er ein Stück nach vorn und schaute einige Sekunden in die Tonne. Angewidert wich er zurück. Dank meiner Körpergröße blieb mir der Blick dort hinein erspart, aber ich stellte ihn mir nicht besonders schön vor.
    Wahrscheinlich war Mathis hier im Keller von seinem Mörder überrascht worden. Das Messer muss, ähnlich wie bei Norbert, tief in ihn hineingedrungen sein. Es war nicht schwer, sich das vorzustellen, angesichts der großen Blutmengen, die sich auf dem Boden angesammelt hatten. Ratlos sah mein Herrchen zu mir herunter. Ihm war ebenfalls bewusst, dass es für mich nur zwei Auswege aus der Pfütze gab: Entweder tappte ich von dannen und hinterließ meine Fußspuren überall auf den nächsten hundert Metern, oder Tanner hob mich da raus, wischte mir die Pfoten sauber, und wir konnten uns ungesehen vom Acker machen. Erstere Möglichkeit beinhaltete natürlich auch, dass wir eine Aussage bei der französischen Polizei machen mussten. Wenn die jedoch mittlerweile herausgefunden hatten, wer den Schlüssel auf der Polizeistation entwendet und unerlaubt einen frischen Tatort durchsucht hatte, dann gute Nacht.
    Tanner entschied sich klugerweise für die letztere Version. Sorgsam hob er mich ein Stück an, wischte mir mit einem sauberen, schneeweißen Taschentuch, welches Anny ihm bestimmt wieder heimlich in die Hosentasche gesteckt hatte, die Pfoten sauber und setzte sich mit mir eiligst in Bewegung. Statt mich direkt herunterzulassen, entschied er sich, mich auf dem Arm zu behalten. Nachteil: Wenn er jetzt von jemandem überrascht worden wäre, hätten Hunderte von Blutspuren, die von niemand anderem stammen könnten als von Mathis, auf Tanners Kleidung nachgewiesen werden

Weitere Kostenlose Bücher