Willkommen im Totenhaus
Druckpunkt war erreicht.
Ich zog – und…
Nichts – gar nichts!
Die Tür war von innen verschlossen worden. Sie ließ sich nicht aufziehen. Ich hielt meine Enttäuschung zurück, denn es ging weiter, und ich mußte auf der Hut sein.
So langsam wie ich die Klinke nach unten gedrückt hatte, ließ ich sie auch wieder hochgleiten. Den angehaltenen Atem stieß ich durch die Nase aus. Meine Aktion war nicht bemerkt worden, denn ich erlebte keine Reaktion.
Ich trat einen kleinen Schritt zurück. Dann noch einen. Die Tür ließ ich nicht aus dem Blick. Es gab nur sie oder die an der Rückseite als Zugang. Letztere konnte ich vergessen. Da war die Plattform nicht breit genug, um einen genügend langen Anlauf zu nehmen.
»Nein! Nein! Nein!« Die Worte bestanden nur aus einem wilden Kreischen. Keines der Kinder hatte sie geschrien, sondern der Kerl, der bei ihnen war. Etwas mußte ihn zu dieser übersteigerten Reaktion gereizt haben, und ich bekam auch seine Erklärung mit.
»Ich habe dir gesagt, Ellen, daß du deine Puppe schöner anziehen sollst. Du hast sie auf den Boden geworfen. So etwas macht man nicht. Du bist böse, Ellen!«
»Nein, bin ich nicht.«
»Doch!«
»Nein!«
»Doch!« kreischte der Kerl.
So ging es hin und her. Gerade dieser hektische Dialog ließ in mir die Angst hochsteigen. Ich verstand etwas von der Psyche dieser Menschen, weil mir der Sinn eines Vortrags noch in guter Erinnerung geblieben war. Wer einen derartigen Menschen zu sehr reizte, der brachte ihn sehr schnell an einen Punkt, wo er durchdrehte und nach einem Messer oder einer anderen Waffe griff.
»Nein!«
»Doch!«
Ich hörte nicht mehr zu. Es hatte keinen Sinn mehr. Deshalb startete ich wie ein Rammbock und rannte als lebendes Geschoß auf die Hüttentür zu…
***
Wäre es aus Marzipan oder Schokolade gewesen, dann hätte Suko sein Handy vor Wut sicherlich längst aufgegessen. Aber Kunststoff als Mahlzeit war nicht angesagt. Außerdem konnte er dem flachen Apparat nicht die Schuld geben, sondern dem Frequenzloch, in dem er und John steckten, denn eine Verbindung hatte er nicht bekommen, obwohl er einige Male versucht hatte, John zu erreichen. Umgekehrt war es sicherlich auch so gewesen.
Der Rover war gut geparkt. Wer immer die schmale Waldstraße in beide Richtungen befuhr, er würde ihn nicht so einfach zu Gesicht bekommen. Wer erwartete außerdem zu dieser nachtschlafenden Zeit irgendwelche Menschen im Wald? Nur solche, die nichts Besseres zu tun hatten. Dazu zählte sich Suko allerdings nicht.
Er wußte nicht, ob er sich über sein >Schicksal< ärgern sollte. Er hätte auch gehen können. Vier Augen sahen immer mehr als zwei. Aber nein, er war geblieben, wie jemand, der die Augen nicht verschließen wollte. Es war durchaus möglich, daß auch hier oben an der Straße etwas passierte. Schließlich begann nicht weit entfernt der direkte Zugang nicht nur zum See, sondern auch zur Hütte, und die wollte John sich anschauen. Er hatte sie bestimmt schon erreicht, aber er meldete sich nicht per Handy. Daß auch Suko keinen Anschluß bekam, zeigte wieder mal die Grenzen der Technik auf.
Irgendwo amüsierte er sich auch darüber. Zudem glaubte er nicht, daß die Situation lebensgefährlich für John werden könnte. Auf der anderen Seite wollte er auch nichts ausschließen. Sie hatten schließlich schon die tollsten Überraschungen erlebt.
Mal saß Suko im Auto, dann vertrat er sich die Beine. Ging auf und ab, genoß den herbstlichen Geruch des allmählich verwesenden Laubs und hing seinen Gedanken nach.
Schließlich nahm er wieder im Rover Platz und rief seine Partnerin Shao an. Sie hockte an diesem trüben Samstag in der Wohnung, was Suko allerdings auch lieber getan hätte.
»Du bist noch auf?« fragte er.
»Beinahe.«
»Na, dann geh du wenigstens ins Bett.« Shao lachte. »Wieso? Was ist los? Du hörst dich an, als hättest du zu nichts Lust.«
»Im Moment ist das auch so.«
»Kommt ihr nicht weiter?« Suko lachte leise.
»Wenn du es genau wissen willst, Shao, wir haben noch nicht begonnen. Ich stehe hier mitten im Wald und warte auf John.« Er berichtete, was ihr gemeinsamer Freund vorhatte. Auch Shao war skeptisch, was einen Erfolg betraf.
»Glaubst du nicht auch dran, daß sich euer ehemaliger Kollege geirrt haben könnte?«
»Mittlerweile rechne ich damit. Obwohl ich ihn nicht so einschätze. Das saugt man sich nicht aus den Fingern. Einen Grund, uns ein Wochenende zu vermiesen, hatte er auch nicht.«
»Dann
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