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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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natürlich.«
    »Aha!«
    »Und ich dachte, wir sollten äußerst geheim operieren.«
    »Aber nicht so geheim, daß er unsere Anwesenheit übersieht. Kapiert?«
    »Kapiert!«
    »Kapiert!«
    »Kapiert!«
    Phil stand auf, wandte sich ans Publikum und sagte:
    »Diese Menschen sind zwar brutal, aber auch dumm. Sie wären zu bemitleiden, wenn sie nicht schon abgestorben wären. Es genügt, daß ein Gouverneur, ein Armeegeneral oder ein Polizeioffizier, ein Mensch, der nie eines meiner Bücher gelesen, geschweige denn verstanden hat, eine Gefahr für Amerika sieht, welches sich anschickt, 200 Jahre alt zu werden, und schon tritt der FBI in Aktion. Es gibt auch heute noch Zeiten, ›da setze ich mich nachts furchtsam auf und warte auf das Klopfen an der Tür. Irgendwann bat man mich ›in die Stadt‹, wie sie es nennen, und dort verhörte die Polizei mich stundenlang. Ich wurde sogar zum OSI (Geheimdienst der Luftwaffe) beordert und dort verhört: das Ganze hatte zu tun mit terroristischen Aktivitäten in Marin County – dieses Mal nicht mit dem Terrorismus der Behörden, sondern mit dem von einigen schwarzen Burschen aus San Quentin. Wie sich herausstellte, dachte die Polizei, wir würden unter einer Decke stecken; sie zeigten mir Fotos von Negern und fragten mich, ob ich sie kenne. Damals war ich nicht mehr in der Lage, eine vernünftige Antwort zu geben. Es war wirklich ein schlechter Tag für den kleinen Phil.‹ [12] Sehen Sie sich die Kerle an!«
    Er setzte sich wieder. Das Rollkommando durchsuchte mit äußerster Akribie die Requisiten.
    Phil stand wieder auf.
    »Nicht so brutal, ihr Idioten. Ihr macht ja alles kaputt. Ich habe eine Förderung meiner Literatur durch die Behörden nicht erbeten. Mag sein, daß ihr meinen Marktwert erhöht, aber schließlich bin ich, ebenso wie ihr, längst tot, das Spiel bringt keinen Lustgewinn. Das Manuskript, nach dem ihr sucht, Bomben, Raketen, schwarze Terroristen, harte Drogen, ihr werdet nichts davon bei mir finden. Ich habe das Manuskript bei meinem Rechtsanwalt hinterlegt. Der ›Rolling Stone‹, das ist eine Musikzeitung, hat darüber berichtet. Es ist noch gar nicht solange her. Eure Aktion schrumpft immer mehr zusammen, je mehr die Zeit zurückläuft.«
    Die Beamten kümmerten sich nicht um Phil.
    »Hier sind nur ein paar ungedeckte Schecks, der Kerl hat kein Geld mehr auf seinen Konten. Wahrscheinlich total verschuldet.«
    Der Beamte steckte den Zettelhaufen in seine Uniformjacke.
    »Wie soll denn das Manuskript aussehen?« fragte der andere.
    »Wahrscheinlich dick, und oben wird wohl auch Dick draufstehen.«
    »Auf jeden Fall sollten wir jedes Stück Papier, das wir finden, zerreißen.«
    Sie zerrissen Papierstücke zu winzigen Fetzchen und häufelten sie auf dem Boden auf.
    Langsam, aber mit Härte, zerstörten sie dann, Stück für Stück, Buch für Buch, die Requisiten. Besonders brutal vergingen sie sich an Phils Stereoanlage. Die Musik schrie um Erbarmen. Es nützte nichts.
    »Daß sie meine Stereoanlage zerstörten, regte mich am meisten auf!« sagte Phil.
    Zum Abschluß ihrer Suchaktion stand nur noch der Schreibtisch und auf ihm die Schreibmaschine.
    Einer der multipersonalen Beamten holte mit seinem Knüppel aus, um die Maschine zu zertrümmern, wurde aber von dem Kurzhaarigen daran gehindert.
    »Laß das, die brauchen wir noch, um das Protokoll zu tippen. Es muß alles verzeichnet werden.«
    Er setzte sich an den Tisch, den Stuhl hatte er einem Zuschauer weggenommen.
    »Holt das Schwein rein!«
    Zwei Beamte (pigs) standen auf (flics) und stampften auf Phil zu (Bullen).
    Phil duckte sich auf seinem Stuhl.
    »Jetzt gehts dem kleinen Phil ans Leder. Ich werde zum Verhör gebeten, ich das Schwein, gerate unter die Kannibalen. Sie wissen noch nicht, daß ich es bin, der ihren Überfall ausschlachten und in mich und mein Werk hineinschlingen werde. Die Exekutive weiß nie, was aus ihren Taten alles entstehen kann. Sie marschiert. Sie, die Namenlosen, die Gesichtslosen, erlangen erst durch mich Bedeutung. Ohne mein Werk würde es sie nicht geben. Ich könnte über sie lachen, wenn sie mir nicht so zusetzen würden.
    Palmer Eldrich, pfeif sie zurück, sage ihnen, daß ich ihr Schöpfer bin, du regierst doch diese Welt; sage ihnen, daß diese Szenen ohne mich längst zur Bedeutungslosigkeit verkommen wären. Sie halten mich immer wieder für das Schwein, für das philosophierende, und wollen mich verschlingen. Und ahnen nicht, daß ich unverdaulich bin. So ist das.

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