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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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warst. Du spieltest die Rolle des Ehemannes ohne Überzeugung. Fünf Ehen, Kinder, alles wurde dir unwirklich, der Alltag entzog sich dir in dem Maße, in dem du in deinen halluzinogenen Romanwelten dich zurückzogst. Der Alltag wurde zu schmerzhaft für dich, zu quälend langsam, deshalb putschtest du dein Nervensystem mit Benzedrin auf, um die Nächte durchzuschreiben. Du fandest keine Erlösung mehr von der Banalität des Alltags, in den die fremden Welten immer unerbittlicher hineingriffen und ihn Stück für Stück, Frau für Frau, zerstörten. Du hast der Wirklichkeit das Leben entzogen und es in deine Romane hineingetrieben. Statt mit uns über unsere Probleme, über das Elend als Frau, über keine andere Welt als nur die banale, alltägliche zu verfügen, zu reden, hast du in deinen Romanen mit Teekannen, Türschlössern, Taxis, Wohnungseinrichtungen und anderem menschlich verformten Gerät philosophiert; auf der Suche nach Zusammenhängen, aus Angst, jeden Halt und jeden Fixpunkt in deinem aufgeputschten Kopf zu verlieren.
    In mir ist Wasser, wie in dir. Ich habe Angst, daß jemand mich ausgießt. In mir rumort die Wildheit des knüppelschwingenden Barbaren, den ich im Blech eingeschlossen habe. Ich habe Angst, im Boden zu versickern. Aber keiner hört mir zu. Deine Augen sind starr ins Leere gerichtet. Ich rede und du bist woanders. Träumst du?«
    »Ich kann mich nicht mit einer Welt versöhnen, die mitleidslos ist, in der die Toten immer wieder die Lebenden erbarmungslos foltern und morden. Weil ich die Kreatur und die Frauen liebe, die Erde, die Bäume, kann ich nicht mehr an sie glauben.«
    Palmer Eldrich ging auf die Teekanne zu und klopfte mit der Faust dagegen.
    »Du kommst zur rechten Zeit, um den Berserker davon abzuhalten, meine kostbaren Instrumente zu zerschlagen. Ich weiß zwar, daß du keine Teekanne bist, aber auch als Türschloß wirkst du hier unglaubwürdig. Warum sind es immer wieder Gefäße und Bücher, aus denen uns Phil mit seinem Tiefsinn abfüllen wollte? Die Sprache klingt glaubhafter und authentischer, wenn sie aus Dingen zu uns spricht, die wir hergestellt haben. Aber die Leute wollen nicht mit einer Teekanne diskutieren.«
    »Das sagst du«, sagte die Teekanne und fuhr fort: »Frag doch die Leute, was sie wollen, sie werden sich nicht trauen, etwas zu sagen. Der Schöpfer dieser Welt hat ihnen keine Sprechrollen zugestanden. Die Massen sind immer stumm. So gefällt es den Schöpfern am besten. Und du bist doch der Schöpfer dieser Welt, Phil ist das Geschöpf deiner Animationsinstrumente. Da steht er und verblödet.«
    »Ruhig, schweig!« herrschte Palmer Eldrich die Kanne an. Er winkte und zwei der behelmten Sicherheitsbeamten lösten sich von ihren Posten und sprangen auf die Kanne zu und hoben sie ächzend hoch. Eine klebrige rote Flüssigkeit, klumpig wie Himbergelee, sickerte stockend aus der Tülle der Kanne. Der Deckel wurde von innen aufgestoßen, wie das Luk eines Panzers, und der Riese sprang heraus und verscheuchte die beiden Söldner.
    »In dieser Teekanne ist Gott, wo sonst sollte er sein, wenn nicht in dieser Teekanne. Und ihr Tölpel wollt ihn verschütten, wie ihr das Blut der Menschen leichtfertig verschüttet. Gott kann uns alle vernichten. Die Kanne ist gut abgedämmt. Die Vernichtung kann überall ihren Mittelpunkt finden. Wir müssen uns vorsehen.«
    Er brach zusammen, seiner Kraft beraubt, seines Knüppels ledig. Ein jämmerlicher Anblick.
    »Wer hat diesen Irrsinn zu verantworten?«
    »Ich«, sagte Phil.
    »Ich«, schrie Palmer Eldrich.
    »Ich sehe keinen Sinn«, sagte ein Zuschauer.
    »Es gibt keinen Sinn«, sagte Phil.
    Die Leute wurden unruhig, sie fühlten sich verhöhnt.
    »Ruhe bitte, dies ist eine Oper!« schrie einer der Posten an einer der Türen. »Wie kann man angesichts einer Teekanne nur so dummes Zeug reden?«
    Er drehte sich zu seinem Nebenmann um und ließ sich eine Zigarette geben.
    Philip starrte wild um sich.
    »Kaum ist man tot, beginnen sie damit, mein Werk auseinanderzureißen, zu zerstückeln, meine Arbeit zu vernichten. Die Leichenfledderer tauchen auf und plündern meine Welten aus, wie die Schatzsucher einst die Pyramiden ausgeplündert haben. Ich weiß es, ich war dabei. Jetzt drehen sie verstümmelte Filme nach meinen Romanen, der Büchermarkt entfernt alles Rebellische aus meinem Lebenswerk, aus meinem jetzigen Leben, und was bleibt, sind Trümmer. Sie opfern mich ihren sehnsüchtig erwarteten Katastrophen. Was mir geschieht,

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