Willkommen in der Wirklichkeit
erhob sich Miss Goodbody von ihrem auf dem Rücken liegenden Vorgesetzten und erklärte abrupt: »Milligan ist tot.«
Dorff brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, wovon sie sprach. Selbst hier, in der Zurückgezogenheit seines luxuriösen Penthouses, war Miss Goodbody mit den Vorgängen in seiner Firma verkabelt. »Wir müssen uns um wichtigere Sachen Sorgen machen«, sagte er. »Heute hätten wir beinahe Paris verloren. Ganz zu schweigen von den Riesenrädern. Milligan ist nur ein Roboter. Wir können ihn reparieren lassen, und er kommt morgen wieder zur Arbeit.«
»Er wird nicht wie früher sein«, sagte Miss Goodbody. Sie ließ Dorff auf dem Bett zurück, nahm ihren BH und legte ihn sich mit dem Verschluß nach vorn um den Körper. Dann drehte sie ihn herum und glitt mit den Armen durch die Träger. Sie zog sie über die Schultern und rückte den BH zurecht. »Wenn die geistigen Funktionen unterbrochen werden, stirbt die Persönlichkeit. Der Verstand, der wiedererweckt wird, denkt und handelt vielleicht genauso und hat die gleichen Erinnerungen. Aber das ist kein Trost für die Persönlichkeit, die gestorben ist.«
»Reine Haarspalterei«, höhnte Dorff. »Ein Unterschied, der keinen Unterschied ergibt, ist überhaupt kein Unterschied.«
»Ach nein?« Sie ging steifbeinig zu ihm, noch immer nur den BH tragend. »Versetz dich doch mal in seine Lage. Stell dir vor, du wärest geklont worden, und es gäbe einen exakten körperlichen Doppelgänger von dir, lebendig, aber noch nicht erweckt. Stell dir weiterhin vor, es wäre möglich, all deine Erinnerungen aufzuzeichnen und in diesen hypothetischen Klon von dir einzuprogrammieren. Dann stell dir vor, ich würde dich erwürgen« – sie legte die Finger um seinen Hals, Daumen an Daumen und Zeigefinger an Zeigefinger – »und befehlen, den Klon mit deinen Erinnerungen zu programmieren und zu erwecken. Für den Rest der Welt wäre das die gleiche Person, die du immer gewesen bist. Aber für dich – dein totes Ich – gäbe es einen sehr großen Unterschied.«
Dorff erwiderte nichts darauf. Er konnte nichts erwidern. Nach einem Augenblick öffnete Miss Goodbody die Hände, und seine Leiche fiel auf das Bett hinab. Sie zündete sich eine Zigarette an, machte aber keine Anstalten, sich anzuziehen.
Kurz darauf betraten die Roboter, die sie zuvor herbeigerufen hatte, mit Dorffs Klon auf einer Trage das Zimmer. Sie tauschten den Klon gegen die Leiche aus und machten eine Blitzaufzeichnung der Erinnerungen des toten Industriellen. Miss Goodbody überprüfte das Band, schnippte den letzten Teil mit ihren Fingernägeln ab und überwachte die Programmierung.
Einen Augenblick später waren sie verschwunden. Miss Goodbody schnippte die Zigarette aus und legte wieder die Hände um die Kehle des Klons. In seiner Stirn pochte eine Ader. Er erwachte.
»Milligan ist nur ein Roboter«, sagte Dorff. »Wir können ihn reparieren lassen, und er kommt morgen wieder zur Arbeit.«
Miss Goodbody zuckte die Achseln. »Vergiß nicht, daß auch ich ein Roboter bin.« Sie lächelte.
Ein seltsames, grundloses Erschaudern kroch Dorffs Rückgrat empor. Nein, dachte er. Nein, du bist kein Roboter. Du bist etwas völlig anderes.
Aber er hatte Angst davor, sich zu fragen, was sie war.
Rrrr-Summ-Klick.
Ich habe mich beinahe schon daran gewöhnt, dachte Pankopf, als der Roboter um die Ecke verschwand, sein letztes Kündigungsschreiben fest in der mechanischen Faust. Er schlug die Zeitung auf, warf einen Blick auf die Titelseite – Dulles hatte eine Bemerkung über nukleare Politik am Rande des Abgrunds gemacht, und da war noch ein Foto von Ike auf dem Golfplatz – und das Telefon klingelte. Pankopf schickte sich schon an, den Hörer abzuheben, hielt dann jedoch inne.
Zum Teufel damit, dachte er. Das ist nur wieder Dorff. Ich mache mich jetzt auf den Weg, und wenn er fragt, sage ich, ich sei gerade gegangen, als das Telefon geklingelt habe. Sich ziemlich kühn vorkommend, legte er die Zeitung beiseite und ging zur Tür hinaus.
Mrs. McMurtry arbeitete in ihrem Vorgarten am Blumenbeet. »Guten Morgen, Mr. Pankopf«, sagte sie fröhlich. Dann runzelte sie die Stirn und riß ein Gewirr aus blauen und roten Fasern aus dem Boden. »Haben Sie sowas schon mal gesehen? Sie sind überall im Boden.« Sie gab ein tzz von sich. »Aber erst seit heute morgen.« Eigenartigerweise machten die dünnen, kabelähnlichen Wurzeln ihn nervös. Pankopf schüttelte den Kopf.
»Oh, und ich habe dies hier
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