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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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Schlüsselfigur in Karl von Huttens Plänen sind«, erklärte der Hausmeister des Instituts für Reinkarnautik. »Wir wissen nicht, warum, aber ohne Ihre Hilfe kann Hutten seinen Plan nicht durchführen. Deshalb hat er das Institut bereits vor Monaten von einem Strohmann des VEB Elektronik übernehmen lassen. Er hat Bernstein gekauft, um Sie in seine Hände zu bekommen. Um Druck auf Sie ausüben zu können. Aber vielleicht arbeitet Bernstein auch freiwillig mit Hutten zusammen …« Lohannon nickte nachdenklich. »Ja, es ist vorstellbar. Schließlich ist Bernstein Jude.«
    »Verdammt!« explodierte Valentin. »Was hat das damit zu tun? Ich verstehe kein Wort!«
    Lu Lohannon sah ihn durchdringend an. »Wir wissen, Mr. Valentin«, sagte er langsam, jedes einzelne Wort sorgfältig formulierend, »daß Karl von Hutten plant, den Holocaust an den europäischen Juden in den 40er Jahren des vorherigen Jahrhunderts ungeschehen zu machen. Wir wissen, daß Karl von Hutten nach Los Angeles gekommen ist, um das Leben der von den Nazis ermordeten sechs Millionen Juden durch ein Zeitexperiment zu retten. Mit Ihrer Hilfe, Mr. Valentin. Sie sind die Schlüsselfigur. Wir kennen den deutschen Plan nur in Umrissen, aber wir wissen, daß seit mehreren Jahren daran gearbeitet wird und daß er ohne Ihre Hilfe undurchführbar ist.«
    »Sie sind verrückt«, flüsterte Valentin. »Es ist … unmöglich! Niemand kann …«
    »Die Deutschen glauben, daß sie es können«, unterbrach Lohannon Valentin. »Huttens Ankunft ist der Beweis dafür. Wir sind davon überzeugt, daß das entscheidende Experiment morgen stattfinden wird.«
    Valentins Mund war trocken. Ungläubig starrte er den alten Mann an. »Wer ist ›wir‹?« fragte er. »Für wen arbeiten Sie?«
    »Für die Islamische Republik Palästina«, sagte Lu Lohannon. »Ich bin Oberst im Geheimdienst der IRP. Lohannon ist nicht mein richtiger Name. Lohannon starb vor sechs Jahren in einem Kriegsgefangenenlager im Westjordanland. Ich nahm seine Identität an und wurde in das Institut für Reinkarnautik eingeschleust, als wir von Huttens Plänen erfuhren.«
    Valentin sagte nichts. Aber plötzlich wußte er, daß Lohannon nicht verrückt war, daß alles, was er erzählt hatte – über Garfunkel, das Zeitexperiment, die Rettung der Millionen Juden, die in den nazi-deutschen KZs vergast worden waren – der Wahrheit entsprach.
    Und die Angst schnürte ihm die Kehle zu.
    »Wir müssen Huttens Pläne durchkreuzen, Mr. Valentin«, sagte der palästinensische Agent leise. »Nicht nur, weil es sechs Millionen Juden mehr auf der Welt geben wird, um das palästinensische Volk zu knechten und mit Krieg zu überziehen, wenn das Zeitexperiment gelingt. Sondern weil ein Eingriff in die Vergangenheit das Gefüge der Zeit so nachhaltig stören wird, daß …« Er gestikulierte. »Sie sehen, was mit mir passiert ist. Es könnte unser aller Schicksal werden.«
    Valentin schloß die Augen, überwältigt, überfordert von dem, was er gehört hatte. Als er die Augen wieder öffnete, sah er, daß sich der Flug der gen Himmel steigenden Regentropfen verlangsamt hatte.
    »Ich muß fort«, stieß Lohannon hervor. »Denken Sie an meine Worte. Sie dürfen Hutten nicht helfen. Unter keinen Umständen. Und schweigen Sie über unser Gespräch. Niemand darf davon erfahren. Bernstein nicht – und vor allem Ihre Frau nicht.«
    »Christina?« Valentin fuhr zusammen. »Was hat Christina …?«
    Aber in diesem Moment prasselte der Regen wieder lärmend gegen das Fenster, die Sekundenanzeige der Digitaluhr lief vorwärts, und Lohannon sagte: »nitnelaV .rM, gaT netuG.« Und wie in einem verkehrt herumlaufenden Film stolperte er zurück zur Tür und verließ das Zimmer.
    Es wurde still.
    Nur der Regen prasselte.
    Es ist absurd, dachte Valentin. Die Vergangenheit zu verändern … Sechs Millionen Menschen, die seit hundert Jahren tot sind, nachträglich das Leben zu retten … Absurd. Sinnlos und unmöglich. Aber, dachte er mit einem Frösteln, es ist genau die Art Plan, die den verrückten, großmachtsüchtigen Deutschen gefallen könnte. Faustisch. Das ist das richtige Wort. Ohne Rücksicht auf die unkalkulierbaren Folgen. Ein Eingriff in die Vergangenheit könnte das Gefüge der Zeit nachhaltig stören, hatte Lohannon – der palästinensische Agent, der sich als Lu Lohannon ausgab – gesagt. Sie sehen, was mit mir passiert ist. Es könnte unser aller Schicksal werden. Ein Zusammenbruch des linearen Zeitstroms. Keine

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