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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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von ihm ablenken willst?«
    »Aber nicht die Spur, Arthur!« trompetete ich – wie man so schön sagt – im Brustton der Überzeugung und zupfte nervös an meinem blitzblank polierten Halseisen. »Daran habe ich nicht einen Moment lang gedacht!«
    »Sag mal, Hahn«, meinte Arthur und richtete seine Stielaugen auf mich, »es ist doch nicht etwa ein negativer Leserbrief, mit dem du klammheimlich auf der Latrine verschwinden willst?«
    »Aber Arthur!« sagte ich empört.
    Arthur legte seine giftgrüne Denkerstirn in Falten und sagte: »Ich werde den Verdacht nicht los, daß du etwas vertuschen willst, mein Junge. Sprich die Wahrheit!«
    »Nicht die Bohne!« sagte ich, nun doch leicht ins Schwitzen geratend und inbrünstig darauf wartend, daß jemand eintrat und dem einseitig verlaufenden Gespräch ein Ende machte. »Es ist nur ein … äh … ganz normaler Brief, Arthur. Nicht das, was du mal wieder denkst.«
    »Was denke ich denn?« fragte Arthur spitz und ließ genüßlich seine Tentakel baumeln.
    »Du hast mich doch schon lange in Verdacht, daß ich hinter dem Rücken des Verlegers mit Springer kungle …«
    »Mach dich doch nicht lächerlich!« schnaubte Arthur. »Wer sollte schon Interesse daran haben, deine erbärmlichen Machwerke in Buchform auf den Markt zu bringen? Daß ich nicht kichere!« Und er kicherte sich eins, das alte Ekel.
    Konnte ich mir das bieten lassen? Ich, der bekannte und beliebte SF-Autor Ronnie Hahn, der im ganzen Land mit seiner intergalaktischen Remmidemmi-Serie Die knochenharten Kerle von der Sausenden Sternenpatrouille Wogen von Brot & Beifall geerntet hatte? Hing diese dämliche Zeitschrift, deren Archiv Arthur verwaltete und für die ich nur als Sklave schuftete, weil ihr Verleger Dinge über mich wußte, die das Finanzamt besser nicht erfuhr, nicht völlig von meinem Genius ab?
    »Ich muß doch sehr bitten«, wies ich den frechen grünen Patron mit einem Näseln zurecht. »Immerhin habe ich mehrmals den Kurtchen-Blaßwitz-Preis gewonnen!«
    »Für deine blassen Witze«, sagte Arthur. »Und außerdem ist das doch Jahre her!«
    »Gerade erst«, trumpfte ich höhnisch auf, »haben die bekannten SF-Kritiker Schürmann und Brettschneider mir den Lokus-Award verliehen!«
    »Oh, Gott«, sagte Arthur.
    Ich sah ein, daß mein letzter Einwand nicht sonderlich klug gewesen war; wahrscheinlich stellte sich dieser marsianische Ignorant unter der begehrten Trophäe sonst was vor. »Und außerdem …«, hub ich an und beging den Fehler, mit Klabusters Brief vor seiner Nase herumzuwedeln. »Und außerdem …«
    »Her damit!« sagte Arthur. Und ehe ich mich versah, hatte er ihn an sich gerissen und seine Stielaugen hineinversenkt: Ich wußte, jetzt war es aus.
    »Ächz!« sagte Arthur. »Das kann nicht sein!«
    »Ist es auch nicht«, sagte ich, weil ich immerhin nichts unversucht lassen wollte.
    »Philip K. Dick lebt!« Arthur sah mich mit seinen drei rollenden Augen an. »Und zwar hier – in unserer Stadt!«
    »Er ist tot«, sagte ich. »Er ist 1982 gestorben. In Amerika.«
    »Papperlapapp!« sagte Arthur. »Hier steht, daß er lebt. Und der Brief ist immerhin von Benno Klabuster, einem unserer besten Gewährsmänner.«
    »Benno Klabuster«, sagte ich, »ist ein schwachköpfiges Großmaul.«
    »Er ist ein Spitzen-Spitzel«, sagte Arthur. »Hat er nicht die größte SF-Sammlung hier im Tal? Seine Worte sind heilig!«
    Und dann fing er an, mir wie ein typischer SF-Spinner Benno Klabusters unzählige Verdienste aufzuzählen: Hatte er nicht den Science Fiction-Klub ›Wann kommt der nächste Gor?‹ e.V. vor dem Bankrott bewahrt?
    Hatte er nicht den großen Wanderpreis für die beste SF-Story gestiftet, in denen Frauen mit schwarzen Strapsen vorkamen? (Ich hatte ihn selbst ein Dutzendmal gewonnen.)
    Hatte er sich nicht große Verdienste mit der Herausgabe seiner kritischen Zeitschrift SF-Killer erworben, an der nur Autoren mitarbeiten durften, die zum Einstand gnadenlos eins ihrer eigenen Bücher verrissen?
    Hatte er nicht jene unvergeßliche fannische Fete im Hotel zum Mirtlwirt in Freilassing organisiert, auf der ein Stripperinnen-Rudel die Fans bis in die frühen Morgenstunden unterhalten hatte?
    Und letztlich: Veranstaltete er nicht während der Sommermonate jeden Freitagabend in seiner Gartenlaube einen herrlichen Grillabend, zu dem sogar Frauen Zutritt hatten?
    »Wenn Benno Klabuster uns eine Nachricht schickt, dann stimmt sie!« sagte Arthur. Und er wählte die Nummer unseres ebenso dämlichen

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