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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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gegeben. Dafür sollte ich die Augen offen halten, Informationen liefern, solche Sachen eben.«
    Wyatt lächelte kühl. »Fünfhundert Dollar. Und jetzt kommen dir Zweifel, ob du dich mit zu wenig hast abspeisen lassen, nicht wahr, Philip? Ob dein Leben nicht doch mehr wert ist. Ist es nicht so, Philip?«
    »Was wissen Sie denn schon?«, entfuhr es Philip und er legte plötzlich los, sprach über seine Ängste, beschrieb das Syndikat als eine Bastion der Gemeinheit und Niedertracht. Als er sich das von der Seele geredet hatte, fragte Wyatt: »Wusstest du, dass ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt ist?«
    »Vierzigtausend Dollar«, erwiderte Philip mit leicht süffisantem Grinsen. Um dieses bereits im Ansatz zu ersticken, rückte Wyatt die .38er ins Blickfeld, spielte mit dem Abzug, so lange, bis der kecke Ausdruck aus Philips Gesicht gewichen war. Wyatt ließ die Waffe wieder sinken. »Von wem erhältst du deine Anweisungen? Von Kepler aus Sydney?«
    »Keine Ahnung. Ich hab nur eine Telefonnummer, die ich anrufen muss.«
    »Kennst du ihre Adresse in Melbourne?«
    Philip sah Wyatt direkt in die Augen. »Ich weiß nicht, wo die hier stecken. Hören Sie, schlagen Sie sich diese Leute aus dem Kopf. Sie handeln sich nur ’ne Menge Ärger ein.«
    Doch Wyatt hatte nicht die Absicht, sich irgendetwas oder irgendwen aus dem Kopf zu schlagen. Im Gegenteil. Mit dem Syndikat im Nacken konnte er die Operation gegen die Mesics nicht durchziehen. Unmöglich, ein Team zusammenzustellen, solange vierzigtausend Dollar den Ehrgeiz selbst des kleinsten Ganoven anstachelten.
    Er stand auf. In Philips Gesicht spiegelte sich allmählich die Hoffnung wider, noch mal davongekommen zu sein. Wyatt wusste auch das sofort auszulöschen. »Ich weiß, wo ich dich finden kann, Philip«, sagte er emotionslos.

    ZWÖLF

    Wyatt musste irgendwo übernachten und er musste sicher nach Sydney gelangen; das eine wie auch das andere konnte am Syndikat scheitern. Zwar nahm er nicht an, dass sie schlagkräftig genug seien, jede Absteige, jeden Fahrkartenschalter zu observieren, dennoch wollte er es nicht auf einen Versuch ankommen lassen. Er schlug die Zeit mit einem Kinobesuch tot, dann fand er eine abseits gelegene Bar, gönnte sich einen Scotch und dachte nach. Einen Wagen zu leihen kam nicht in Frage; zehn Stunden hinterm Steuer, um in einen verunglückten Tanklaster zu rasen oder Opfer irgendwelcher Crashkids zu werden, für die der Kick darin bestand, Geisterfahrer zu spielen. Deshalb war auch Trampen keine Alternative, deshalb und weil er die Kontrolle ungern anderen überließ, wenn er unterwegs war. Er könnte sein Aussehen verändern, doch dazu brauchte er ein Schlupfloch und Zeit; beides stand ihm nicht zur Verfügung. Fliegen war unmöglich — gerade die Schalter der Fluggesellschaften würden im Mittelpunkt der Anstrengungen des Syndikats stehen. Wenn er nicht so knapp bei Kasse wäre, könnte er ein Flugzeug chartern und so die üblichen Formalitäten umgehen, aber es war Ebbe und das Wenige brauchte er, um den Schlag gegen die Mesics zu finanzieren. Blieben also nur Bus und Bahn. Das setzte jedoch voraus, dass niemand vom Personal auf der Gehaltsliste des Sydney-Mobs stand.
    »Noch mal das Gleiche, Sir?«, fragte die Barfrau.
    Völlig in Gedanken, starr wie ein Monolith, nahm er sie kaum wahr. Er konnte schließlich nicht nach Sydney laufen oder schwimmen, geschweige denn mit den Armen flattern oder sich dorthin beamen. Er ging nochmals alle Optionen durch, vielleicht hatte er etwas übersehen.
    Er hatte! Wyatt zwinkerte mit den Augen und lächelte.
    »Nein! Sollte doch Leben auf dem Mars sein?«, rief die Barfrau aus.
    Wyatt entging nicht, dass sie ihn danach beobachtete, die Gläser polierend, eine Augenbraue nach oben gezogen, bereit für ein kleines Geplänkel mit ihm. Vermutlich geht sie mit jedem Gast so um, dachte er, das ist ihr sicher zur zweiten Natur geworden. Irgendwie ließ ihn das Gefühl nicht los, dass ihre kecke, lockere Art aufgesetzt und Teil ihres Jobs war. Doch sie schien ihn wirklich nett zu finden, und je weiter der Abend voranschritt, desto mehr fühlte er sich zu ihr hingezogen. Als er ihr schließlich zugrinste, drückte ihr Gesicht Neugier und Erwartung aus. Ein sympathisches Gesicht, hübsch, und es verriet Humor. Eine Stunde später wusste er, wo er übernachten würde.
    Sie hieß Marion und lebte in der komfortablen Unvollkommenheit eines Weatherboard-Hauses in East Preston. Der Boden gab unter Wyatts Schritten

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