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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Ihrer Zufriedenheit, Sir?«
    Wyatt schwieg.
    Er sah in die vor Schreck weit aufgerissenen Augen und wartete.
    Es sollte nicht lange dauern.
    »Ich hab doch nur meinen Job gemacht«, murmelte der Portier.
    Wyatt ging nicht darauf ein. »Du hast eben telefoniert und dabei nicht sehr glücklich ausgesehen.«
    Der Portier schluckte. »Ja.«
    »Warum?«
    »Nehmen Sie es bitte nicht persönlich«, sagte der Mann. »Aber ich hatte Anweisung, Sie zu beobachten.«
    Wyatt versuchte es noch einmal. »Das weiß ich. Ich möchte wissen, worum es bei dem Telefonat ging.«
    »Sie haben jede Viertelstunde angerufen, um zu hören, ob Sie eingetroffen sind.«
    »Und jetzt bin ich hier« sagte Wyatt und sah auf seine Uhr. »Es ist genau vier. Wann hast du Feierabend?«
    »Gleich. Meine Schicht geht von acht bis vier.«
    »Aber gestern Nacht hattest du auch Dienst.«
    »Man hat mich gebeten, Extraschichten zu übernehmen.«
    »Um ein Auge auf mich zu haben?«
    »Ja, genau.«
    »Steht hier noch jemand auf der Gehaltsliste? Noch jemand, der ein Auge auf mich haben soll?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Außer mir niemand«, erwiderte er im kläglichen Tonfall.
    »Ich muss jetzt meine Sachen holen.«
    Leichte Panik machte sich im Gesicht des Mannes bemerkbar. »Ich hatte Anweisung, alles aus Ihrem Zimmer zu räumen, nachdem Sie heute Morgen aufgebrochen sind.«
    »Und ... hast du dich an die Anweisung gehalten?«
    Der Portier nickte. »Ja. Es ist alles draußen.«
    »Wo?«
    »In meinem Zimmer. Dort hinten.«
    »Wir werden jetzt noch ein wenig plaudern, bis deine Ablösung kommt.«
    Der Mann schluckte wieder. »Und dann?«
    »Das hängt ganz von dir ab. Im Moment musst du nur so tun, als wär ich ein Kumpel, der dich auf einen Drink abholen will.«
    Kurz darauf erschien die Spätschicht. Wyatts Mann nahm die Krawatte ab, schlüpfte in eine Nylonjacke und führte Wyatt dann durch dunkle Gänge zu seinem winzigen Zimmer, das neben der Küche lag. Irgendwo ratterte eine Klimaanlage und es roch nach verdorbenen Lebensmitteln. Als sie vor der Tür standen, zögerte der Mann. Wyatt half mit seiner .38er nach. »Wenn es dich tröstet, ich hab nicht vor, dich umzulegen«, sagte er. »Allerdings könnte sich das schnell ändern.« Der Portier ließ die Schultern sinken und öffnete die Tür.
    Die Unterkunft atmete den Geruch von Armut. An den Wänden ein trostloser Ölanstrich, billige Farbe, schlecht gemischt und mehr als nachlässig aufgetragen, so dass die darunter liegende grüne Schicht durchschimmerte. An der einen Wand befand sich ein Schrank aus Press-Span mit einem trüben Spiegel, daneben ein mit Firnis bearbeiteter Schreibtisch. Eine Weltkarte fungierte als Schreibunterlage. In einer Ecke stand ein abgewetzter Sessel, in der anderen eine einfache Stereoanlage. Offensichtlich hatte der Deckel des Plattenspielers in früheren Zeiten als Aschenbecher herhalten müssen, so übersät war er mit dunklen Brandflecken. Der Titten-und-Ärsche-Kalender an der Wand war zwei Monate im Rückstand. Als Motiv für den Monat Juli hatte man sich für gebräunte Pobacken entschieden, unbeholfen aufgepeppt mit gelblichen Sandkörnern, die an der Haut klebten. Wyatt stieß den Mann in den schäbigen Sessel. Er selbst setzte sich ihm gegenüber aufs Bett, die Hand mit der Waffe lässig zwischen den Knien. »Wie heißt du?«, fragte er.
    Der Mann machte den Mund auf und wieder zu.
    »Philip«, antwortete er schließlich.
    »Philip oder Phil?«
    »Ist egal.«
    Wyatt war es nicht egal. Es gehörte nun mal dazu, wenn der Mann sich entspannen, wenn er das Gefühl bekommen sollte, er sei jemand und werde ungeachtet der Umstände ernst genommen. »Was wäre dir lieber?«
    »Philip.«
    »Also gut, Philip. Ich möchte von dir nur ein paar Informationen.«
    »Man wird mich umbringen.«
    »Wieso sollte man? Wieso sollte überhaupt jemand erfahren, dass wir uns unterhalten haben?«
    Philip schwieg und dachte nach. »Was wollen Sie wissen?«
    »Du hast mich erkannt, korrekt?«
    Philip nickte und senkte den Blick.
    »Woher wusstest du, dass ich es war? Wer gab dir den Auftrag, Ausschau nach mir zu halten?«
    »Sie wurden gesehen, als Sie vor ein paar Tagen in Melbourne angekommen sind. Man hat Sie beschattet. Die wussten genau, wo Sie eingecheckt haben.«
    »Die«, wiederholte Wyatt, »wen meinst du mit die?«
    Philip sah ihn an. »Die aus Sydney.«
    »Das Syndikat?«
    Philip nickte.
    »Arbeitest du für sie?«
    »Ich doch nicht. Sie haben mir fünfhundert Dollar

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