Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Hodinka
Vom Netzwerk:
die beiden das Gefühl hatten, sie würden in den Himmel schauen. Nur dass es kein Himmel war, über ihnen, sondern ein riesiges, vernetztes Fasersystem, in dem permanent kleine Funken auf- und wieder verglühten. Die Fasern wurden an den verschiedensten Stellen abwechselnd mal heller und dunkler und an einer Seite öffnete sich immer wieder eine kleine Schleuse, aus der wahrscheinlich etwas ausströmte.
    Denn immer kurz nachdem sich die Schleuse geöffnet hatte, zuckte scheinbar mit einer ungeheuren Kraft das ganze Fasersystem. Und auch wenn man erwarten würde, dass es im NegEm-Depot laut zuginge, so war es doch atemberaubend still.
    Milo und Mathilde waren so fasziniert von dem Schauspiel, das sich da über ihnen ereignete, und von der Stille, die sie umgab, dass sie beide gleichzeitig vor Schreck einen kleinen Sprung nach hinten machten als der NegEm-Depot Leiter sich an sie wandte. Er hatte eine Stimme, die so tief war, dass sowohl Milo als auch Mathilde Schwierigkeiten hatten, ihn zu verstehen. Das wurde nicht einfacher dadurch, dass er sich beim Reden immer die Hand vor den Mund hielt.
    »Das sieht sehr stabil aus«, er zeigte auf die Wände des NegEM-Depots, »aber es sind keine festen Wände, sondern es ist eine flexible Außenhaut. Wenn das Fasersystem wächst, dehnt sich die Außenhaut erst Mal so lange es ihr möglich ist mit aus, und wenn es dann nicht mehr reicht, wächst die Außenhaut entsprechend dem inneren Wachstum des Fasersystems mit. So kommen wir nicht in die Gefahr, Platzprobleme zu kriegen.«
    Er lief genau unter die Mitte des Fasersystems und Mathilde und Milo folgten ihm. Er zeigte auf einen kleinen runden Bereich in der Mitte, der, wenn man genau hinschaute, eine leicht andere Schattierung hatte, als der Rest.
    »Das da war das allererste Stück NegEm-Konservator hier im Depot«, hielt sich der Leiter des NegEm-Depots wie immer wieder die Hand vor den Mund.
    »So klein?«, fragte Mathilde interessiert.
    »Jaja, das ist recht schnell gewachsen.« Er schaute die beiden an. Immer wenn er nicht sprach, nahm er die Hand wieder runter, hielt sie aber sofort wieder vor den Mund, wenn er wieder mit seiner unfassbar tiefen Stimme sprach. »Allerdings müssen wir feststellen, dass seit der Vertragskündigung durch Willküra das Fasersystem nicht mehr gewachsen ist. Der NegEm-Nachschub fehlt. Das heißt, wir kommen jetzt schon in Lieferschwierigkeiten, was die Bestellung von der ERGA angeht.«
    Der Leiter des NegEm-Depots schaute Milo und Mathilde ernsthaft besorgt an.
    »Das heißt, wir brauchen wieder NegEm-Spender«, stellte Milo fest, und der Leiter des NegEm-Depots nickte.
    »Können wir die nicht selbst irgendwie generieren?«, fragte Mathilde.
    »Das ist sicherlich eine Möglichkeit«, nickte der Leiter des NegEm-Depots. »Wenngleich das wirklich keine schöne Sache ist. Denn dafür müssten wir viele Menschen einstellen und diese in den Zustand emotional negativer Aufgeladenheit bringen, damit wir die NegEm bei ihnen absaugen können. Das können wir zeitlich nicht so schnell leisten, wie wir Nachschub brauchen.«
    »Dann werden wir die Lieferung an die ERGA entsprechend verzögern?«, schlug Milo Mathilde vor und die nickte.
    »Ja«, Mathilde nickte nachdenklich eine kleine Weile, und war dann plötzlich wieder ganz bei der Sache. »Wir werden denen sagen, dass sie erst einmal ein eigenes NegEm-Depot brauchen, bevor wir unsere NegEm übertragen können. Den Bau des Depots werden sie natürlich nicht alleine vornehmen können, denn sie wissen ja nicht, wie ein Depot aussehen, noch wie es aufgebaut sein muss. Wir werden ihnen natürlich nicht die notwendige Anleitung mitliefern, sondern werden unsere NegEm-Depot Bauspezialisten in ein Subunternehmen auslagern, das denen die Depots bauen wird.«
    Milo nickte, doch Mathilde nahm das gar nicht wahr.
    »Der Name darf dabei auf keinen Fall auf uns hinweisen, damit die ERGA nicht das Gefühl bekommt, sie wäre allein von uns abhängig«, fuhr sie fort, »das mögen so Staaten nicht, denn dann fühlen sie sich schnell bedroht und wollen lieber alles alleine machen. Aber bevor sie ihre eigenen Wissenschaftler und Spezialisten dafür hochziehen, müssen wir ihnen Dienste zu Konditionen anbieten, die sie selbst nie erreichen können. Das wird ihnen auch schnell klar sein, da reicht ja fast eine Kopfrechnung für. Damit die Baufirma, also unsere, entsprechend unabhängig erscheint, benennen wir sie am besten auch explizit so. ‚Unabhängig’ muss

Weitere Kostenlose Bücher