Willküra (German Edition)
Jamel froh, »ich wollte Sie gerade beatmen!«
»Jamel!«, sagte die Buchhändlerin erfreut, ihn zu sehen. »Was kann ich für dich tun? Suchst du ein gutes Buch? Für dich, oder vielleicht für eine deiner vielen Damen?«
»Ja, ähm, ist denn mit Ihnen alles in Ordnung?«, wunderte er sich wieder einmal, dass die Buchhändlerinnen alle seinen Namen kannten, er ihre jedoch nicht. Für ihn hießen sie so, wie ihr Job hieß. Buchhändlerin. Fertig.
»Ja sicher ist mit mir alles in Ordnung!«
Die Buchhändlerin stand auf. »Oh, hier müssen wir wohl mal neue Bücher einräumen«, stellte sie völlig ruhig fest, als sie die leeren Regale sah. Da die Buchhändlerin so tat, als wäre nichts gewesen, ging Jamel auch wieder zur Normalität über.
»Ja, äh, also, ich suche so ein Buch, das sich mit den unbewussten Handlungen beschäftigt und diese erklärt.«
»Ist es ein Roman?«
»Ich glaube eher nein. Es ist so ein Ratgeber, wenn ich mich recht erinnere.«
Die Buchhändlerin drehte sich zu dem leeren Regal hin.
»Siehst du hier das Schild?«
Sie zeigte auf das schon etwas mitgenommene Papier-Schild, das Jamel auch noch aus seiner Kindheit kannte: ‚Ratgeberliteratur’ stand in Schreibschrift darauf.
»Ja, das sehe ich.«
»Und siehst du irgendein Buch in diesem Regal?«
»Nein.«
Die Buchhändlerin sah Jamel erwartungsvoll an. Sie sprach ganz ruhig, wie seine Lehrerin in der Schule damals.
»Welche Schlussfolgerung liegt also nahe?«
»Dass das Regal mit der Ratgeberliteratur leer ist?«
»Ja genau. Was könnte das also heißen?«
Sie nickte ihm aufmunternd zu. Jamel überlegte kurz, denn er wollte sich jetzt nicht lächerlich machen. Das hier war sicherlich ein Test. Ein Test seiner Hirnleistung. Das mochte er nicht. Warum wollten ihn Frauen auf eine Gehirnleistung reduzieren, wenn er doch wirklich andere Qualitäten anzubieten hatte. Auf die Idee einen solchen Test mit ihm zu machen kamen auch wirklich nur Frauen, die noch nicht in den Genuss seiner wirklichen Gabe gekommen waren. Da diese Buchhändlerin wohl aber nie in diesen Genuss kommen würde, wollte er ihr zu Liebe das Intelligenzspiel mitspielen.
»Das könnte heißen«, Jamel überlegte noch mal kurz und kam dann auf die Lösung, »dass das Regal neu eingeräumt werden muss und das Buch im Lager ist!«
»Ja. Aber warum sage ich dir dann nicht einfach: ich gehe mal schauen, ob wir das Buch, das du suchst, noch im Lager haben?«
Jamel mochte die Buchhändlerin zwar sehr, also nicht so sehr, dass er sich eine Mund-zu-Mund-Beatmung mit ihr wünschte natürlich, aber schon sehr, dieses Spielchen wurde ihm jetzt aber doch ein wenig langweilig. Er wurde schnippisch.
»Warum Sie mir das nicht endlich sagen, das frag ich mich halt auch.«
Die Buchhändlerin zuckte kurz zusammen, fasste sich aber sehr schnell wieder.
»Nun, dann sag ich es dir eben gerade heraus: wir haben keine Ratgeberliteratur mehr. Somit hin auch nicht das Buch, welches du gerne hättest. Es tut mir leid.«
Sie drehte sich um und ging zu den Romanen rüber. Jamel eilte hinter ihr her.
»Haben Sie eine Idee, wo ich es jetzt noch bekommen kann?«
»Nun, ganz sicherlich in keiner Buchhandlung. Ratgeberliteratur ist aus allen Buchhandlungen eliminiert, so viel haben wir schon herausgefunden, mein kleiner Jamel.«
Sie streichelte ihm kurz mütterlich über seine Wange. »Aber, und das sage ich dir jetzt, weil du seit Jahren hierher kommst und ich dich genug kenne, um zu wissen, dass du nicht von selbst darauf kommen wirst: es ist nur aus den Buchhandlungen eliminiert. Du könntest also versuchen, es in deinem Bekanntenkreis zu finden, wenn du es wirklich brauchst. Ich rate dir, frage jeden, den du kennst, denn auch wenn keiner dazu stehen will, es zu Hause zu haben, es hat sich sehr gut verkauft. Also muss es auch irgendwo in den Bücherregalen zu Hause stehen!«
19
Der Willkürherrscher war stolz auf sich. Er hatte sich gekonnt aus dem zwanglosen Miteinander bei Bohnenschnaps verabschiedet, und das sogar ohne einen einzigen Bohnenschnaps getrunken zu haben. Er vertrug diesen Schnaps nämlich überhaupt nicht gut, und versuchte deshalb, ihm so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen.
Er vermutete auch, dass Bohnenschnaps dahinter gesteckt haben musste, als er Gerolat dessen Prachtwohnung vertraglich zugesichert hatte. Und auch die ein oder andere weitere Willkürherrschaftliche Fehlentscheidung war wohl auf den Bohnenschnaps zurückzuführen. Wenngleich es natürlich
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