Willküra (German Edition)
meins. Ich habe es von einer Freundin geliehen, die es von einem Freund geliehen hat, der es vom Bruder eines Freundes geliehen hat, der es von einer Freundin hat, die es von einem Typen bekommen hat, oder irgendwie so.«
Jamel hörte ihr nicht wirklich zu, zu überrascht war er, dass er das Buch nun tatsächlich in der Hand hielt. Das Buch, das ihm die letzten Stunden zur Hölle gemacht hatte und ihm nun alle Probleme ersparen würde. Er nahm es, schaute darauf, und als er den Titel las, begriff er es plötzlich doch.
Er war frei, die Schwester des Willkürherrschers konnte kommen! In seiner freudigen Überraschung und der Ausschüttung entsprechender Hormone, die eine akute Leistungssteigerung mit sich brachten, bat er nun doch die Verkäuferin für eine Spezialberatung in seine Kabine.
28
»Ich weiß es nicht, Willkürherrscher, ich weiß es einfach nicht.«
Amanus saß auf dem Bett. Sie war nervös, traurig, pessimistisch und aufgewühlt zugleich.
»Sie sagte, dass ich hier unerwünscht sei und ich verschwinden solle. Ich hätte eine feindliche Machtübernahme vor, sagte sie, und dass ich mich so bald wie möglich von hier entfernen müsse.«
Der Willkürherrscher fühlte sich so schlecht vom Bohnenschnaps, dass er eigentlich gar nicht wirklich zuhören konnte. Geschweige denn, darüber nachdenken, was Amanus ihm da soeben sagte. Und es war ein zu ernstes Thema, als dass er einfach nur »jaja« sagen und darauf hoffen konnte, dass Amanus bald müde werden und schlafen würde.
Sein Magen krampfte sich wie eine Welle zusammen und hätte er nicht bereits vorhin die letzten Reste seines Mageninhalts ausgespien, hätte er sicher Angst gehabt, jeden Moment das schöne neue Bett zu besudeln. Dennoch, diese Wucht, die aus seinem Magen nach oben drückte, war ihm nicht geheuer.
»Entschuldige!«, brachte er gerade noch heraus und rannte los.
Jetzt wusste er zum Glück schon, wo er das Badezimmer finden würde. Das war beim ersten Magenbeben leider noch nicht so gewesen. Übelkeit in einer Wohnung, die soeben komplett umgebaut worden ist, ist noch eine Stufe schlimmer, als Übelkeit ohnehin schon.
Amanus, die gute Seele, hatte hinter ihm her gewischt, und bereits da hatte sie angefangen, ihm mehr von dem Besuch seiner Schwester zu erzählen.
Der Willkürherrscher hatte versucht ihr zu erklären, dass eventuell jetzt ein schlechter Zeitpunkt für ein ernsthaftes Gespräch war, doch Amanus hatte das alles so sehr auf der Seele gebrannt, dass sie nicht in der Lage gewesen war, sein Leid über das ihre zu stellen.
Seit über einer Stunde hatte sie ihm nun immer wieder von vorn erzählt, was abgelaufen war, und jedes Mal hatte sie sich noch detailreicher an Wörter erinnert, die seine Schwester benutzt haben sollte.
»Dummchen hat sie auch zu mir gesagt«, hatte sich Amanus unter anderem beschwert. »Und dass ich langweilig aussähe. Lang-wei-lig. So hat sie mir das ins Gesicht gesagt. Ich hatte das Gefühl, der Zwerg war vielleicht mein Schutzengel. Was meinst du?«
»Jaja!«, hatte der Willkürherrscher aus sich heraus gepresst, ohne wirklich zugehört zu haben, denn er war sehr mit sich und seinem Unwohlsein beschäftigt. Nein, nicht Unwohlsein, es war ein Komplettausfall.
»Aber dann dachte ich, wenn er doch mein Schutzengel war, und mich beschützen wollte, wieso ist er dann wieder verschwunden und hat mich dann doch mit ihr allein gelassen?«
Amanus hatte eine Weile nachgedacht und der Willkürherrscher war ein bisschen eingeschlafen, als sie mit ihren hohen Tönen wieder zu ihm durchdrang.
»Vielleicht war er also doch nicht mein Schutzengel? Aber was genau wollte er denn wohl? Hast du diesen Zwerg schon einmal gesehen, Willkürherrscher?«
Amanus war anscheinend wirklich nicht klar, wie sehr der Willkürherrscher soeben litt.
»Jaja!«, würgte er wieder aus sich heraus.
»Ja?«, schrie Amanus jetzt fast hysterisch. »Du hast den Zwerg schon gesehen?«
»Welchen Zwerg?«, stöhnte der Willkürherrscher jetzt durch den schrillen Schrei ein bisschen mehr bei Bewusstsein.
»Du bist ja völlig neben dir, mein armer Willkürherrscher!«, stellte Amanus sachlich fest, um dann trotzdem ihren Gedankengängen weiter laut zu folgen.
»Und weißt du, Gerolat ist auch verschwunden! Meinst du, dass sie dahinter steckt? Vielleicht will sie unsere Familie eliminieren? Deine Schwester ist eine böse Frau!«, kniff Amanus die Augen zusammen und schmollte leicht.
»Entschuldige!«, stöhnte der
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