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Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Wilsberg 03 - Gottesgemuese

Titel: Wilsberg 03 - Gottesgemuese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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lassen würde.
    Der Mann besuchte drei Geschäfte und verhandelte offenbar ausführlich mit den vereinsamten Verkäuferinnen. Zigaretten und Bier waren im Reha-Zentrum wohl doch verpönt.
    Endlich hatte er, was er wollte, oder es zumindest aufgegeben, denn er strebte seinem abgestellten Auto entgegen. Ich schloss dichter auf, einen genialen Plan im Kopf und eiskalt bis in die Zehen.
    Er bemerkte mich erst im letzten Augenblick und sah mich überrascht an. Ich zog die Spielzeugberetta aus der Tasche und stieß sie ihm in die Rippen.
    »Beine auseinander und Hände auf das Dach!«, zischte ich gefährlich. So hatte ich das in vielen US-Filmen gesehen.
    Er gehorchte automatisch, Hollywood verbindet. Ich tastete ihn ab. Keine Waffen.
    »Öffnen Sie die hintere Wagentür!«, befahl ich ihm.
    Wortlos folgte er meinen Wünschen, bis ich hinter ihm saß und die Pistole in seinen Nacken drückte.
    »Starten!«, knurrte ich.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte er endlich.
    »Maul halten!«, sagte ich im besten Mafiosi-Stil. »Fahren Sie endlich los!«
    Er sah ein, dass diskutieren sinnlos war. »Wohin?«
    »Zurück zum Zentrum!«
    Zufrieden stellte ich fest, dass niemand meinen Überfall bemerkt hatte. Die wenigen Norderneyer kümmerten sich lieber um das sachgerechte Aufbrühen von Ostfriesentee und Grog.
    Auf dem Weg zum Reha-Zentrum gab es auf der rechten Seite ein kleines Wäldchen. Ich befahl meinem Fahrer abzubiegen. Ein holpriger Weg führte zwischen verschneiten Tannen hindurch. Ich hielt Ausschau nach einem Platz, der für meine Zwecke geeignet schien. Ein Stapel zersägter Bäume tauchte aus dem grünen Dickicht auf. Ich zeigte sie ihm.
    »Was haben Sie vor?«, fragte er mit zittriger Stimme, als er das Auto so geparkt hatte, dass es vom Weg aus nicht zu sehen war. Überhaupt zitterte alles an ihm, obwohl die Autoheizung ihr Bestes gab.
    »Ziehen Sie sich aus!«, sagte ich.
    »Was?«
    »Keine Angst, ich bin kein Perverser. Die Unterwäsche dürfen Sie anbehalten.«
    Das beruhigte ihn nicht sonderlich, aber die Pistole an seinem Hinterkopf ließ ihm keine andere Wahl. Nach und nach reichte er mir die Teile seiner Uniform nach hinten.
    »Und jetzt raus!«, herrschte ich ihn an. »Nehmen Sie den Wagenschlüssel mit!«
    In blütenweißer Unterwäsche stand er vor mir, die Hände schützend vor seine Männlichkeit gelegt.
    »Ich muss mal«, jammerte er.
    Ich war kein Unmensch.
    »Öffnen Sie den Kofferraum«, ordnete ich an, nachdem er sich entleert hatte.
    Er starrte in das Metallgehäuse, als wäre es ein Tiefkühlfach im Leichenschauhaus. »Nein. Das können Sie nicht machen. Ich werde erfrieren.«
    »Ich bin in ein paar Stunden zurück.« Fast tat er mir leid.
    Ein letzter Blick aus weit aufgerissenen Augen, dann knallte ich den Kofferraum zu und schloss ab. Nach einigen Sekunden Bedenkzeit schloss ich noch einmal auf und gab ihm seinen schwarzen Mantel. Er bedankte sich nicht mal.
    Jetzt entledigte ich mich meiner Sachen und zog die schwarze Uniform an, die mir einigermaßen passte. Meine eigenen Klamotten rollte ich zusammen und klemmte sie unter den Arm. Aus dem Kofferraum kam kein Mucks.
    Auf dem Rückweg zur Stadt setzte die Dämmerung ein. Ein trübes, diffuses Licht begleitete mich zu meinem Wagen. Es entsprach in etwa meiner Stimmung. Nicht, weil ich zu weit gegangen war. Vielmehr, weil das Schwierigste noch auf mich wartete.
    Ich legte meine Kleidung, inklusive Mantel und Hut, in den Kofferraum und fuhr den BMW zum Reha-Zentrum. Liebend gerne hätte ich mir selbst einen heißen Grog genehmigt, aber eine Alkoholfahne konnte ich mir nicht leisten.
    Nachdem ich das Auto auf dem Parkplatz vor dem Reha-Zentrum abgestellt hatte, ging ich zum Eingang. Der Pförtner, ebenfalls in Schwarz, sah meine Uniform und hob die Hand zum Gruß.
    »Melzig«, sagte ich. »Von der Zentrale.«
    Er blätterte in einem Buch, das vor ihm lag. »Sie sind nicht angemeldet.«
    »Ich weiß. Es ist ein Geheimauftrag. Die Zentrale wollte so wenig Leute wie möglich informieren.«
    Er drückte auf den Türknopf, und ich betrat die Eingangshalle. Abgesehen von dem großformatigen Stocker-Bild, hätte sie auch die Umkleidekabine eines Hallenbades sein können.
    Nach weniger als einer Minute erschien ein goldbetresster Schwarzling, offensichtlich der Chef des Hauses. Ich sagte meinen Spruch auf.
    Misstrauisch guckte er mich an. »Ich habe keine Anweisungen.«
    »Die Sache ist eilig. Sie erhalten das Schriftliche später.«
    »Und um was geht

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