Wilsberg 03 - Gottesgemuese
es?«
»Martin Kunstmann. Die Zentrale hält ihn für ein Problem.«
»Kunstmann ist vollkommen unter Kontrolle.«
»Das wissen wir. Die Zentrale will ein Arrangement mit ihm treffen. Ich habe die Aufgabe, ihm ein Angebot zu unterbreiten.«
Er neigte den Kopf, nicht überzeugt, aber vor dem Risiko zurückschreckend, sich bei der Zentrale unbeliebt zu machen.
»Führen Sie mich zu ihm!«, setzte ich nach, bevor er ins Grübeln kam.
Er schluckte und gab sich einen Ruck. »Bitte!«
Wir schritten durch einen langen gefliesten Gang, der mich an das Arbeitsamt von Münster erinnerte, wo ich mal ein kurzes Gastspiel gegeben hatte. Schließlich blieb mein schwarzer Führer vor einer Tür stehen, die er mit einem Schlüssel öffnete.
»Warten Sie hier! Kunstmann hat Arbeitsdienst. Ich werde ihn holen.«
»Danke!«
Statt einer Antwort sah er mich nur skeptisch an.
Der Raum enthielt einen Tisch, drei Stühle und das unvermeidliche Bild von Stocker. Immerhin war er gut geheizt. Ich stellte mich ans Fenster und schaute hinaus in den inzwischen fast dunklen Abend. Das gleichmäßige Blinken des Leuchtturms hatte etwas Harmonisches.
Als sich die Tür öffnete, riss ich mich von dem Schauspiel los. Kunstmann wurde von dem Ordensmann in den Raum geschoben. Er sah nicht so gut aus wie auf dem Foto, das mir seine Frau gegeben hatte. Unter den Augen zeigten sich Schatten, und das typische Kennedy-Lächeln war im Rehabilitationszentrum verloren gegangen. Er trug einen dreckverschmierten blauen Arbeitsanzug.
Ich zeigte auf einen Stuhl. »Nehmen Sie bitte Platz!«
Er setzte sich und starrte auf seine Hände. Gehorsam war erste Kirchenpflicht.
Der Ordensmann mit dem Goldlametta am Revers blieb mitten im Raum stehen.
»Würden Sie uns bitte allein lassen!«, wandte ich mich an ihn.
Er rührte sich nicht. »Das ist gegen die Vorschrift.«
Ich schaute ihn intensiv an.
Diesmal versuchte er gar nicht erst, seinen Ärger zu unterdrücken. Mit deutlicher Missbilligung im Gesicht zog er sich zur Tür zurück. »Wenn Sie fertig sind oder Hilfe brauchen, drücken Sie auf den roten Knopf da!«
Ich folgte mit den Augen seinem ausgestreckten Arm und erblickte an der Wand neben dem Tisch einen Knopf. »Ich danke Ihnen«, sagte ich mit einem maliziösen Lächeln.
Die Tür schloss sich geräuschvoll.
Martin Kunstmann schaute mich zum ersten Mal an. In seine erloschenen Augen kam etwas Leben, fast sogar Überraschung.
»Wer sind Sie?«, fragte er. »Ein neuer Verhörspezialist der Zentrale?«
Ich setzte mich ihm gegenüber. »Mein Name ist Georg Wilsberg. Ich bin Privatdetektiv. Sie werden sicher schon von mir gehört haben.«
Er riss die Augen auf. »Sie … Wie sind Sie hier hereingekommen?«
»Mithilfe der Uniform.«
Sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Alle Achtung.«
Ich atmete auf. »Dann sind Sie also nicht mehr Anhänger der KAP?«
Er lachte freudlos. »Nein. Weiß Gott nicht. Ich werde hier gefangen gehalten.«
»Sie meinen, Sie dürfen das Zentrum nicht verlassen?«
»Genau das meine ich. Ich bin eine Gefahr für die Kirche.«
»Wieso?«
Ein tiefes Ausatmen. »Das ist eine lange Geschichte.«
»Ich habe ein bisschen Zeit. Meine Verabredung kann warten.«
»Nun gut. Sie wissen vielleicht, dass ich nach England gefahren bin, um den Geistwesen-Klasse-I-Kurs zu machen?«
Ich nickte.
»Während dieses Kurses erfährt man seltsame Dinge. Zum Beispiel, dass die Geistwesen von einem fremden Planeten stammen. Auf diesem Planeten herrschte eine ziemliche Überbevölkerung, und eines Tages beschloss der tyrannische Herrscher des Planeten, ein paar Milliarden seiner Untertanen zu verbannen. Als Geistwesen komprimiert, wurden sie in ein einziges Raumschiff gepfercht und in den Weltraum geschossen. Irgendwann landete das Raumschiff auf der Erde, und die Geistwesen suchten sich neue Wirtskörper – die Menschen. Das ist nun auch schon einige Hunderttausend Jahre her und im Laufe der Zeit verkümmerten die Geistwesen in den Menschen. Ross Stocker behauptet nun, dass er die Herkunft der Geistwesen entdeckt habe. Und dass seine Methoden dazu führen würden, dass die Geistwesen wieder ihre frühere Intelligenz und Fähigkeiten entwickeln könnten. Übernatürliche Fähigkeiten und eine Intelligenz, die weit über der der Menschen liegt.«
»Das klingt nach Science-Fiction«, warf ich ein.
»Das ist pure Science-Fiction. Dummerweise bin ich Wissenschaftler, Astrophysiker sogar. Das Universum ist mein
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