Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Titel: Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
Vom Netzwerk:
Gestalt, die nicht mehr ganz so bedrohlich aussah: ein Mann im Schlafanzug mit verwirrtem Gesichtsausdruck.
    »Darf ich vorstellen: Jochen, mein Mann. Georg Wilsberg, mein Leibwächter.«
    »Angenehm«, krächzte ich.
    Wir schüttelten uns die Hände.
    »Jochen ist doch schon heute Abend gekommen. Ich habe ihn angerufen, nachdem dieser Kommissar Sie abgeholt hatte. Ich war so aufgeregt und wollte nicht allein sein.«
    »Ja«, sagte ich, »dann gehe ich wohl am besten.«
    »Schlafen Sie sich mal richtig aus!«, empfahl Jutta fürsorglich. »Ich brauche Sie erst Montagmorgen wieder. Dann fahren wir zur Eröffnung der Global World in Essen.«
    Ich marschierte zurück ins Kreuzviertel und machte mir ernsthaft Sorgen um meine Gesundheit. Bestenfalls, sagte ich mir, würde ich mit einer schweren Erkältung davonkommen. Doch damit konnte ich mich auch noch übermorgen beschäftigen. Zunächst einmal plante ich den nächsten Tag. Und der Plan sah so aus, dass ich bis zum frühen Nachmittag schlafen und den Rest des Tages rumgammeln wollte.
    Als ich meine Wohnungstür öffnete, traf mich allerdings ein mittelschwerer Schock. Laute Rockmusik knallte mir um die Ohren, und im Flur hüpfte eine Horde junger Leute herum.
    Ich kämpfte mich durch das Gewühl, bis ich Jan in der Küche entdeckte.
    »Georg! Du bist schon da?«, fragte mein Untermieter scheinheilig. »Wir haben dich erst morgen erwartet.«
    »Was hat das zu bedeuten? Was wollen diese Leute hier?«
    »Alles halb so wild«, beruhigte mich Jan. »Corinna hat heute Geburtstag, weißt du? Und die anderen Frauen in ihrer WG sind ziemlich mies drauf. Da dachten wir …«
    »Ich hatte einen harten Tag.« Meine Stimme zitterte vor Wut. »Ich möchte, dass alle verschwinden. Sofort.«
    Jan legte mir seinen Arm auf die Schulter. »Pass auf, Georg! Wir drehen die Musik ganz leise. Ich verspreche dir, du wirst schlafen wie ein Baby.«
    Bei dem Versprechen blieb es. Allerdings war ich müde genug, um trotzdem einzuschlafen.

VI
    Am Sonntag holte ich Sarah ab.
    Imkes Eltern wohnten in Ascheberg, einem Ort ohne Asche und Berg zwischen Münster und Hamm. Maria war Imkes Stiefmutter, ihre richtige Mutter litt unter den Spätfolgen einer missglückten Teufelsaustreibung und dämmerte, mithilfe von Medikamenten ruhiggestellt, in einer psychiatrischen Klinik dahin. Als Hubert, Imkes Vater, eine zweite Ehe einging, entschied er, dass zu einem neuen Lebensabschnitt ein neuer Wohnort gehörte, und so zogen Hubert und Maria von Münster nach Ascheberg. Jetzt lebten sie in einem schmucken Eigenheim in einer sauberen und ordentlichen Siedlung, in die Ausländer höchstens dann hineindurften, wenn sie Werbezettel verteilten.
    Als Maria die Tür öffnete, musste ich niesen.
    Sie schaute mich skeptisch an. »Hast du dich erkältet?«
    »Ein bisschen«, gab ich zu. »Das Herbstwetter.«
    »Dann solltest du Sarah besser nicht mitnehmen.«
    »So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, widersprach ich.
    »Ich weiß sowieso nicht, ob das richtig ist, dass du mit Sarah allein bist. Du verwirrst sie nur.«
    »Lass das bitte meine Sorge sein!«, sagte ich mit Nachdruck. »Ist Imke da?«
    »Nein. Sie ist ausgegangen.«
    »Mit wem?«
    »Ich wüsste nicht, was dich das angeht.«
    Hubert tauchte im Flur auf und murmelte einen unfreundlichen Gruß. »Hast du ihm gesagt, dass wir das nicht richtig finden?«, fragte er Maria.
    Sie machten es einem wirklich nicht leicht, sie zu mögen.
    Fünf Minuten später hatte ich Sarah glücklich im Auto verstaut. Sie war inzwischen vom Baby zum Kleinkind mutiert und vermutlich das schönste Mädchen ihrer Altersklasse – falls das nicht alle Väter von ihren Töchtern behaupteten. Auf einem prähistorischen Sprachniveau konnte man sich sogar mit ihr unterhalten.
    Ich erzählte ihr, dass wir nach Kappenstein fahren würden, und dass es dort Eis und einen Spielplatz gäbe.
    Sie war darüber nicht glücklich. Überhaupt hielt sich ihre Begeisterung, mich wiederzusehen, in Grenzen. Was mich jedoch am meisten stutzig machte, war die Tatsache, dass sie von einem »anderen Papa« redete.
    Die lange Fahrt von Ascheberg nach Kappenstein war ebenfalls nicht dazu angetan, ihre Laune zu heben. Sie nörgelte und jammerte, und ich war froh, als wir endlich bei dem Gasthof in Kappenstein ankamen.
    Auf der Rückseite des aus massiven roten Ziegeln errichteten Gebäudes gab es unter drei mächtigen Eichen neben einem Spielplatz einen kleinen Kinderzoo. Meerschweinchen bevölkerten eine

Weitere Kostenlose Bücher