Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt
unter anderem Global-T-Shirts , Global-Jacken und Global-Caps verkauften. Natürlich durften auch fahrbare Hotdog- und Popcorn-Stände nicht fehlen.
Am Ende der Global Street bogen wir nach links, zum Gruselschloss. Wir kamen an der Schweinchen Welt vorbei, dem Erlebnisparadies für die Kleinsten, mit Karussells, Autoscootern und Eisenbahn, alles kitschig-schön verpackt in Knusper-Plastik-Bauten. Durch die Geister Stadt , in der die Häuser krumm und schief waren und Menschen mit Scherenhänden herumliefen, gelangten wir zum Eingang des Schlosses, das sich als Fassade einer riesigen Halle entpuppte.
In deren Innerem verbarg sich eine Art Wildwasserbahn. Nachdem wir von einem Märchenerzähler eingeführt und von ein paar heulenden und jaulenden Monsterstofftieren erschreckt worden waren, befuhren wir die abschüssige Wasserbahn in einer kreisenden Gondel, die uns kräftig durchschüttelte und für nasse Hosen sorgte. Dann kamen wir am anderen Ende der Halle wieder heraus, und Steffenhagen führte uns zurück zur Global Street .
»Hallo, Georg!«, sagte Conny. »Du hast wohl nur noch Augen für die Kämmerin.«
Tatsächlich hatte ich nicht bemerkt, dass sie neben mir ging.
»Ich habe darüber nachgedacht, was du mir im Südpark gesagt hast.«
»Und?«, fragte ich.
Sie grinste schief. »Seit heute Morgen bin ich Gegnerin des Kappenstein-Projekts. Ich habe Heiner Kleine-Langen meinen Meinungswechsel offiziell mitgeteilt.«
»Sehr vernünftig«, lobte ich sie.
»Es ist mir nicht leicht gefallen, das kannst du mir glauben. Ich hasse Opportunisten.«
Vor dem Eingang zur Chorknaben Stunt Show gab es ein kleines Gedränge. Jutta Rausch wurde zwischen anderen Besuchern eingekeilt.
»Entschuldige bitte!«, sagte ich zu Conny. »Ich muss mich um meine Klientin kümmern.«
»Verstehe.« Sie zog einen Schmollmund.
Ich drückte kurz ihren Arm und wühlte mich zur Kämmerin durch.
Bei der Chorknaben Stunt Show fielen als Polizisten verkleidete Stuntmen von Dächern, rannten als lebende Fackeln herum und taten mit ihren Autos das, wovon normale Autofahrer träumen, wenn sie auf der Autobahn von einem Angeber im Porsche geschnitten werden. Es war eine lustige Show, wir saßen auf einer Tribüne, und ich hatte die Sicherheitslage wieder voll im Griff.
Anschließend dirigierte Steffenhagen die münstersche Delegation zur Geister Stadt , wo er uns einen weiteren Höhepunkt versprach. Ich hätte den Lunch im Global Movie Klub vorgezogen, zumal ich sowieso nicht allzu viel von Geisterbahnen hielt, doch auf meine Wünsche kam es am allerwenigsten an. Jutta hatte inzwischen leuchtende Augen und unterhielt sich angeregt mit der Oberbürgermeisterin. So blieb mir nichts anderes übrig, als brav hinterherzutrotten.
Vor der Geister Stadt lauerte ein Pulk Journalisten. Eine rothaarige, nicht ganz schlanke Reporterin interviewte einen in seinem Hawaiihemd frierenden Jürgen von der Lippe, während ein Zweierteam, bestehend aus einem gedrungenen Kameramann und einem schwarz gekleideten, langen, dünnen Mikrofonhalter mit Zöpfchen, sich auf die beiden Kommunalpolitikerinnen aus Münster stürzte. Das Sweatshirt des Dicken war bedruckt mit einem bunten Pferd und der Aufschrift PEGASUS FILM & VIDEO.
»RTL«, brüllte die schwarze Giraffe. »Darf ich Sie fragen, wie Sie die Global World finden?«
Die Oberbürgermeisterin salbte etwas von einem faszinierenden und beeindruckenden Erlebnis.
»Ein bisschen Disneyland für Arme«, sagte die Kämmerin spitz. »Aber ganz nett.«
Und schon hatte ich das Mikrofon unter der Nase.
»Mit der Sichtbarmachung von Fantasien schwindet auch die Notwendigkeit geistiger Anstrengung.«
»He«, maulte der Reporter und schüttelte seinen Ohren- und Nasenschmuck, »wir arbeiten für einen Kommerzsender. Können Sie nicht deutsch reden?«
»Aus«, rief der Kameramann. »Das hat doch keinen Zweck, Dennis.«
Jutta ließ die Oberbürgermeisterin ein paar Schritte vorausgehen. »Ich wusste gar nicht, dass du so philosophisch sein kannst.«
»Das habe ich während der Busfahrt im Wirtschaftsteil der FAZ gelesen.«
Die Aliens Galery war, wie ich geahnt hatte, der nackte Horror. Zunächst saßen wir in einem klaustrophobisch engen Shuttle , das uns zu einem Weltraumtransporter brachte. Dabei rauschten wir, von 3-D-Leinwänden umgeben, so täuschend echt durch die Tiefen des Alls, dass mir der Atem stockte. Überflüssigerweise wurde das Shuttle auch noch von einem Kometen gestreift, sodass es ins Trudeln
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