Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch
Krankheit, die einen nicht alt werden lässt.«
»Darüber will ich nichts hören«, fuhr sie mich an. »Sie sind nicht mein verdammter Therapeut.«
»Gut. Dann habe ich noch eine andere Frage: Wissen Sie etwas über einen Freund von Jessica?«
Sie kicherte. »Jessica soll einen Freund gehabt haben? Dazu war sie viel zu brav.«
»Und worüber hat sie sich mit Rainer gestritten?«
»Darüber, dass sie ihn verlassen wollte.«
»Einfach so?«
»Er ist ein Langweiler. Das habe ich doch schon gesagt.«
Susanne Klotz ging zur Tür. »Ich habe noch was zu erledigen.«
»Das trifft sich gut«, sagte ich. »Ich wollte auch gerade gehen.«
Aus dem Büro kamen Stimmen. Die eine gehörte Franka, die andere einem Mann. Ich lauschte und stellte verwundert fest, dass sich ihr Gespräch um Pferde drehte.
»Das ist mein Chef, Georg Wilsberg«, strahlte Franka, nachdem ich eingetreten war.
»Sehr erfreut.« Der Mann reichte mir eine schwielige Hand. Seinem Teint und dem Händedruck nach zu urteilen, hätte er ein Bauer sein können, allerdings passten die elegante Kordjacke und das affige Seidentuch, das er um den Hals trug, nicht zum Outfit des münsterländischen Landvolks.
»Herr Schulte-Notarp ist der Besitzer eines Pferdegestüts in Rinkerode. Er züchtet Turnierpferde«, stellte Franka vor.
Das erklärte einiges.
»Springreiten«, fügte Schulte-Notarp hinzu. Trotz des Schals und der blond gefärbten Strähnen im Haar hatte er eine angenehme Stimme.
»Herr Schulte-Notarp möchte die Dienste unseres Detektivbüros in Anspruch nehmen«, fuhr Franka fort. »Zwei seiner Pferde sind ermordet worden.«
»Vermutlich ein Racheakt«, assistierte der Gestütsbesitzer.
»Sehr interessant«, murmelte ich. »Äh, Franka, könnte ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen.«
Franka folgte mir in den Nebenraum.
»Wir können den Auftrag nicht übernehmen«, sagte ich bestimmt.
»Warum nicht?«, fragte sie erstaunt.
»Ich bin hochgradig allergisch gegen Pferde. Eine Stunde in einem Pferdestall – und ich würde sterben.«
»Wer sagt denn, dass du dahin sollst? Den Fall kann ich doch übernehmen. Ich bin früher geritten.«
Ich dachte daran, dass Franka mal Veganerin gewesen war und mir Vorträge über die Empfindungen der Tiere gehalten hatte. Ein Reiter musste in den Augen der Veganer so etwas Ähnliches wie ein Sklaventreiber sein.
»Das war vor meiner Veganer-Zeit«, sagte Franka. »Als Mädchen habe ich nicht darüber nachgedacht. Aber ich weiß noch, wie man reitet und mit Pferden umgeht. Ich würde sowieso viel weniger auffallen als du.«
»Nein, das ist zu gefährlich. Jemand, der Pferde tötet, schreckt auch vor Menschen nicht zurück.«
»Georg!« Sie wurde energisch. »Ich bin alt genug, um für mich selbst zu entscheiden. Ich werde vorsichtig sein und kein unnötiges Risiko eingehen. Außerdem bist du ja mit dem Fall Jessica Wiedemann beschäftigt.«
»Da gibt's im Moment nichts zu tun. Die Leiche wird obduziert. Bis das Ergebnis vorliegt, müssen wir abwarten.«
»Umso besser. Dann kannst du mich aus dem Hintergrund unterstützen.«
Zwei Minuten später setzte Franka mit Schulte-Notarp einen Vertrag auf und der Gestütsbesitzer unterschrieb einen Scheck in der gewünschten Höhe. Ich stand daneben und fühlte mich irgendwie überflüssig.
IV
Zwei kalte und nasse Tage vergingen. Franka verbrachte die meiste Zeit in Rinkerode. Ludger Schulte-Notarp hatte sie als neue Pferdepflegerin eingeführt und die Arbeit machte ihr Spaß. Eine Spur zum Pferdemörder hatte sie noch nicht entdeckt, aber das war nicht weiter tragisch, denn je länger die Ermittlung dauerte, desto höher würde auch die Rechnung ausfallen, die wir dem Gestütsbesitzer stellen konnten. Ich schaute mir das Gelände einmal aus der Ferne an und saß ansonsten im Büro. Auf den restlichen Vorschuss, den Susanne Klotz abliefern sollte, wartete ich natürlich vergeblich.
Dann kam das Wochenende und ich holte meine Tochter Sarah von ihrer Mutter in Lüdinghausen ab. Sarah ging inzwischen in die zweite Klasse der Grundschule und stellte gewisse Ansprüche an die Freizeitgestaltung. Ich schlug ihr vor, einen Zeichentrickfilm im Kino anzuschauen. Sie willigte ein, allerdings nur unter der Bedingung, dass ich ihr zuvor noch eine neue Hose kaufen würde. Tatsächlich verbrachten wir geschlagene zwei Stunden in münsterschen Edelboutiquen. Meine Versuche, ihr ein billiges Modell anzudienen, schlugen hoffnungslos fehl. Sarah klärte mich auf,
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