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Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Titel: Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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dass man in der Grundschule Markenkleidung tragen müsse. Ohne Markenkleidung sei man das Letzte, niemand wolle mit einem reden oder spielen. Anscheinend war der Markenterror an die Stelle anderer Unwerte getreten, die unsere Gesellschaft in oben und unten teilte. Vielleicht würde ich mit Sarah in zehn Jahren darüber diskutieren können, vorläufig blieb mir nichts anderes übrig, als einen beträchtlichen Teil der schönen Summe, die Schulte-Notarp schon abgeliefert hatte, einer aufgetakelten Verkäuferin in die Hand zu drücken. Anschließend gingen wir dann doch noch ins Kino. Während der Vorstellung hielt Sarah die Tüte mit der Hose fest umklammert.
    Am Montagvormittag rief Stürzenbecher an. »Du hattest Recht. Jessica Wiedemann ist ermordet worden.«
    »Ach?«
    »Sie hatte eine Menge Beruhigungsmittel im Blut. Aber daran ist sie nicht gestorben. Jemand hat ihr ein Kissen auf das Gesicht gedrückt. Deshalb waren auch keine Spuren von Gewaltanwendung zu sehen.«
    »Und wie seid ihr auf das Kissen gekommen?«
    »In ihrem Mund klebten ein paar Fussel. Die Fussel passten zu einem Kissen im Wohnzimmer der Wiedemanns.« Der Hauptkommissar machte eine Pause. »Ich hoffe, du willst deine Rolle nicht an die große Glocke hängen. Kommissar Werner hat schon einen Anschiss vom Chef bekommen. Der Öffentlichkeit verkaufen wir die Geschichte als Routineuntersuchung. Personelle Engpässe haben die Obduktion ein paar Tage verzögert. Aber im Grunde waren wir von vorneherein skeptisch.«
    Ich dachte an den schönen Werbeeffekt, den sich Franka versprochen hatte. »Ist in Ordnung«, sagte ich. »Eine Hand wäscht die andere. Beim nächsten Mal habe ich was bei dir gut.«
    »Der Fall könnte schneller eintreten, als du denkst.«
    »Was soll das heißen?«
    »Wir haben den Ehemann verhaftet. Für mich ist er der Hauptverdächtige.«
    Ich erwähnte nicht, dass auch diese Idee von mir geklaut war. »Und? Hat er gestanden?«
    »Nein. Aber er hat uns eine Visitenkarte gezeigt. Ich wusste gar nicht, dass du im Versicherungsgewerbe tätig bist.«
    »Das nennt man verdeckte Ermittlung«, erklärte ich.
    »Seinem Anwalt könnte dazu etwas anderes einfallen: Betrug, arglistige Täuschung, was weiß ich. Ich könnte dafür sorgen, dass die Sache unter den Tisch fällt.«
    »Vielen Dank«, sagte ich ironisch.
    »Nichts zu danken. Übrigens, Wiedemann möchte mit dir reden.«
    »Du hast ihm also gesagt, wer ich bin?«
    Der Hauptkommissar bejahte.
    »Von meiner Seite besteht kein Gesprächsbedarf.«
    »Kann ich mir denken.« Stürzenbecher lachte. »Ich finde den Vorschlag gar nicht schlecht. Wiedemann ist verstockt, er bleibt dabei, dass Jessica schon tot war, als er nach Hause kam. Vielleicht ist er dir gegenüber offener. Das Gespräch findet in einem unserer Vernehmungszimmer statt.«
    »Verstehe. Ihr hört mit.«
    »Dann bis in einer Stunde«, sagte der Hauptkommissar und legte auf.
    Rainer Wiedemann sah noch schlechter aus als bei unserer ersten Begegnung. Er ging gebeugt und musste seine Hose mit der Hand festhalten, da man ihm den Gürtel abgenommen hatte. Wortlos schlurfte er an mir vorbei und setzte sich an den Tisch.
    Ich folgte seinem Beispiel.
    Die Sekunden verrannen. Er musterte mich aus Augen, die tief in den Höhlen lagen.
    »Wollten Sie nicht mit mir sprechen?«, fragte ich schließlich, weil ich das Schweigen nicht mehr ertragen konnte.
    »Ja, aber nicht hier.« Er deutete zur Decke. »Hier werden wir abgehört.«
    Der Mann war gar nicht so dumm.
    »Ich habe meinen Anwalt beauftragt, für einen anderen Raum zu sorgen.«
    Im selben Moment klopfte es an die Tür, Stürzenbecher erschien in Begleitung eines übergewichtigen Mannes in blauem Anzug. Der rote Kopf des Hauptkommissars ließ darauf schließen, dass es gerade eine kleine Auseinandersetzung gegeben hatte.
    »Mein Anwalt, Doktor Kachelpöhler«, stellte Wiedemann vor.
    Kachelpöhler kam mir bekannt vor, allerdings waren sein zweites und drittes Kinn ausgeprägter, als ich sie in Erinnerung hatte.
    Kachelpöhler nickte mir zu. »Wir kennen uns. Wir sind uns einige Male im Gerichtssaal begegnet, Herr Kollege.«
    »Kollege?«, fragte Wiedemann erstaunt.
    »Ich war mal Rechtsanwalt«, gestand ich.
    »Und wieso sind Sie es jetzt nicht mehr?«
    »Er hat gegen das Gesetz verstoßen«, kam mir Kachelpöhler zu Hilfe. »Das wird in unserem Berufsstand nicht geduldet.«
    »Falls Sie deswegen auf das Gespräch verzichten wollen, ist es mir auch recht«, wandte ich mich an

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