Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch
Lederjacke, rannte die Treppe hinunter und stieg ins Auto.
Während ich auf der Hammer Straße nach Süden fuhr, zuerst durch Hiltrup, dann an den ausgedehnten Waldgebieten der Davert entlang, versuchte ich noch zweimal, Franka auf ihrem Handy zu erreichen. Ohne Erfolg. Regen, Schneeregen und Hagel klatschten abwechselnd gegen die Windschutzscheibe. Beinahe hätte ich die Abzweigung nach Rinkerode verpasst. Im Blindflug raste ich durch das nachtschlafene Dorf weiter nach Westen. Langsam machte ich mir größere Sorgen um Franka. Und mit Schrecken sah ich dem Moment entgegen, in dem ich den Pferdestall betreten musste. Ohne Atemschutz würde ich dort sicher einen Allergieschock erleiden. Aber dummerweise hatten schon alle Gasmasken-Verkaufsstände geschlossen.
Das Gestüt von Ludger Schulze-Notarp lag zwischen Rinkerode und Albersloh, abseits der Straße und unweit der Werse. Auf dem Parkplatz stand einsam und verlassen Frankas Polo. Ich stieg aus und schaute mich um. Das herrschaftliche Gebäude, in dem die Schulze-Notarps wohnten, war etwa dreihundert Meter entfernt. Den Pferdezüchter um Unterstützung zu bitten würde mindestens zehn Minuten kosten. Ich verwarf den Gedanken.
Das Tor des riesigen Stalls war nicht verschlossen. Ich presste ein Papiertaschentuch vor Mund und Nase und ging hinein. Drinnen war es stockdunkel. Mithilfe der kleinen Taschenlampe, die ich aus dem Auto mitgenommen hatte, fand ich den Lichtschalter, aber er funktionierte nicht. Ich ging den breiten Gang entlang und leuchtete in die Boxen, aufmerksam beobachtet von untertassengroßen Pferdeaugen.
Dann kam, was kommen musste. Meine Augen tränten, die Nase kribbelte, die Schleimhäute schwollen an. Ich nieste wie verrückt.
Zehn Boxen weiter sah ich Franka. Sie lag auf dem Boden, neben einem Pferd, das einen ziemlich toten Eindruck machte. Ich stürzte hin und fühlte ihren Puls. Er war schwach, aber er war da. Ich brachte sie in eine stabile Seitenlage – oder was ich dafür hielt – und wählte die Notrufnummer. Dreimal musste ich mich wiederholen, bis der Mann am anderen Ende der Leitung meinen durch Niesen und asthmatisches Röcheln verzerrten Text verstanden hatte.
»Ist sie tot?«, fragte Ludger Schulze-Notarp mitfühlend. Er war durch die Sirenen und Blaulichter der Rettungswagen angelockt worden.
»Nein«, keuchte ich. »Nur bewusstlos.«
»Ich dachte, weil Sie weinen.«
»Das kommt von meiner Pferdeallergie.«
»Ach, deshalb die roten Flecken im Gesicht?«
»Ja, in ein bis zwei Tagen sehe ich wieder normal aus.«
Zwei Sanitäter schleppten Franka auf einer Trage an uns vorbei. Ich hielt den Notarzt auf. »Wie geht es ihr?«
»Kann ich noch nicht sagen. Aber ich glaube, es ist nichts Ernstes. Wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung.«
Die Sanitäter hoben die Trage in den Rettungswagen.
»Ich komme mit«, verkündete ich. Niemand schien etwas dagegen zu haben.
Der Arzt schob Franka eine Kanüle in die Armvene und schloss eine Ampulle an. »Nur zur Unterstützung des Kreislaufs«, erklärte er.
Ich nickte. »Haben Sie vielleicht eine Calciumspritze für mich?«
Er schaute mich kurz an. »Ja, kein Problem.«
Die Calciumspritze tat ihre Wirkung. Ich fühlte mich wesentlich menschlicher. Der Rettungswagen schaukelte zur münsterschen Uni-Klinik. Frankas Augenlider zuckten, sie schien aus der Bewusstlosigkeit zu erwachen. Sie begann zu murmeln, zuerst unverständlich, dann deutlicher: »Was soll das? Lassen Sie mich in Ruhe!« Anscheinend redete sie mit dem Täter.
Ich nahm ihre Hand. »Alles in Ordnung, Franka. Du bist in Sicherheit.«
Plötzlich schlug sie ihre Augen auf. »Wo bin ich?«
»In einem Krankenwagen. Der Arzt meint, es sei halb so schlimm. Nur eine kleine Gehirnerschütterung.«
»Der Scheißtyp hat mich niedergeschlagen«, sagte sie mit schwerer Zunge.
»Sieht so aus.«
»Ich habe ihn gesehen. Er ...«
»Jetzt nicht, Franka. Du musst dich ausruhen. Dazu haben wir später Zeit.«
Ihre Hand tastete an der Hose entlang. »Ich habe ...«
»Was?«
»Die Spritze. Hat er verloren.«
»Warte!«, sagte ich und suchte im Krankenwagen nach einem Plastikbeutel. Als ich einen gefunden hatte, streifte ich ihn über die Hand, griff vorsichtig in ihre Jeanstasche und zog eine Spritze heraus.
»Vielleicht sind seine Fingerabdrücke drauf. Damit könnten wir ihn festnageln.«
Franka quälte sich ein Lächeln ab. »He, das war gute Arbeit, oder?«
»Sicher war es das«, log ich. Meine Kritik hob ich mir für
Weitere Kostenlose Bücher