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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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danke Ihnen sehr für Ihr Angebot, Mr. Pope», sagte der Vicomte, indem er sicheren Schrittes auf ihn zuging, «aber ich habe es mir überlegt, und ich habe das Buch in – in – ins Herz geschlossen und möchte es lieber nicht verkaufen.»
    «Tut mir furchtbar leid», warf Lord Peter ein, «aber mein Neffe läßt sich nicht erweichen. Nein, es geht nicht um den Preis; er möchte einfach das Buch behalten. Ich würde Ihnen gern zu Diensten sein, aber es steht nicht in meiner Macht. Möchten Sie nicht noch etwas zu sich nehmen, bevor Sie gehen? Wirklich nicht? Dann läute bitte mal nach Bunter, Gherkins. Mein Diener wird Sie zum Aufzug bringen. Guten Abend.»
    Nachdem der Besucher gegangen war, kam Lord Peter zurück und nahm nachdenklich das Buch zur Hand.
    «Wir waren große Dummköpfe, ihn auch nur einen Augenblick damit allein zu lassen, Gherkins. Zum Glück ist nichts passiert.»
    «Du meinst nicht, daß er etwas darin gefunden hat, als wir draußen waren, Onkel Peter?» stieß Gherkins mit weit aufgerissenen Augen hervor.
    «Da bin ich ganz sicher.»
    «Wieso?»
    «Er hat mir auf dem Weg zur Tür fünfzig Pfund dafür geboten. Damit hat er sich verraten. Hm. Bunter!»
    «Mylord?»
    «Legen Sie dieses Buch in den Safe und bringen Sie mir dann den Schlüssel. Und wenn Sie abschließen, schalten Sie lieber alle Alarmanlagen ein.»
    «Auwei!» sagte der Vicomte.
    Am dritten Morgen nach Mr. Wilberforce Popes Besuch saß der Vicomte in der Wohnung seines Onkels bei einem sehr späten Frühstück, nachdem er eine Nacht erlebt hatte, wie ein Jungenherz sie sich nicht besser wünschen konnte. Er war fast zu aufgeregt, um die gebratenen Nierchen zu essen, die Bunter, untadelig wie stets trotz seines immer dicker und schwärzer werdenden Auges, serviert hatte.
    So gegen zwei Uhr morgens hatte Gherkins – der dank eines zu reichlichen und erwachsenen Essens nebst Theaterbesuch am Abend zuvor nicht besonders gut schlief – ein leises Geräusch irgendwo aus der Richtung der Feuerleiter gehört. Er war aus dem Bett gestiegen, ganz leise in Lord Peters Schlafzimmer geschlichen und hatte ihn mit den Worten geweckt: «Onkel Peter, ich glaube, da sind Einbrecher auf der Feuerleiter.» Und statt zu antworten: «Unsinn, Gherkins; mach mal schnell, daß du wieder ins Bett kommst», hatte Onkel Peter sich aufgerichtet und gelauscht und dann gesagt: «Beim Zeus, Gherkins, ich glaube, du hast recht.» Und dann hatte er Gherkins geschickt, Bunter zu rufen. Und bei seiner Rückkehr hatte Gherkins, der seinen Onkel eigentlich immer für einen ziemlich steifen Patron gehalten hatte, ihn wahrhaftig und unverkennbar eine Automatikpistole aus der Nachttischschublade nehmen sehen.
    In diesem Augenblick war Lord Peter vom ganz netten Onkel in den Rang eines vergötterten Onkels befördert worden. Er sagte: «Paß auf, Gherkins, wir wissen nicht, wie viele das sind, darum mußt du jetzt schwer auf Draht sein und sofort alles tun, was ich sage – aufs Wort –, auch wenn ich sagen muß: ‹Hau ab.› Versprichst du mir das?»
    Gherkins gab dieses Versprechen mit pochendem Herzen, und dann saßen sie wartend im Dunkeln, bis plötzlich unmittelbar über Lord Peters Kopf eine kleine elektrische Klingel losbimmelte und ein grünes Lämpchen aufleuchtete.
    «Das Bibliotheksfenster», sagte Seine Lordschaft, indem er die Klingel mittels eines Schalters rasch zum Schweigen brachte.
    «Wenn sie das gehört haben, überlegen sie es sich vielleicht noch anders. Wir wollen ihnen ein paar Minuten Zeit lassen.»
    Sie gaben ihnen fünf Minuten, dann schlichen sie ganz leise den Flur entlang.
    «Gehen Sie andersherum, durchs Eßzimmer, Bunter», sagte Seine Lordschaft. «Auf diesem Weg versuchen sie vielleicht zu flüchten.»
    Unendlich behutsam schloß er die Bibliothekstür auf und öffnete sie, und Gherkins bemerkte, wie leise die Schlösser gingen.
    Ein Lichtkegel aus einer elektrischen Taschenlampe bewegte sich langsam die Bücherregale entlang. Die Einbrecher hatten offensichtlich von der Gegenattacke nichts gemerkt. Sie schienen überhaupt ihre eigenen Probleme zu haben, die ihre Aufmerksamkeit ganz gefangen hielten. Als Gherkins’ Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt hatten, sah er, daß einer der Männer dastand und die Taschenlampe hielt, während der andere die Bücher nacheinander von den Regalen nahm und begutachtete. Es war faszinierend, diese Hände, scheinbar losgelöst vom Körper, im Lichtkegel der Lampe das Regal entlangfahren zu

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