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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Repertoiretheater leitete, da brauchte er Schauspieler – Leute, die heute Jago und morgen Brutus sein können und dazwischen noch ein bißchen Klamotte und Gesellschaftskomödie spielen. Aber jetzt! Wenn einer bei seinem ersten Auftritt als Stotterer mit Kneifer auf der Nase Erfolg hat, muß er immerzu Stotterer mit Kneifer auf der Nase spielen, bis er neunzig ist. Armer Rosencrantz. Er war schwer enttäuscht, daß Sie nicht den Wurm für ihn spielen wollten. Von wegen einen erfahrenen Schauspieler für die Rolle – nichts da! Ich hätte den Mann für ihn – netter Kerl – mit allen Wassern gewaschen. Aber er hatte einen großen Erfolg als lieber alter silberhaariger Vikar in Rosen um die Tür, und jetzt wollen ihn alle nur noch als silberhaarigen Vikar sehen. Das ist sein Ende als Schauspieler. Aber wen kümmert’s? Nur den alten Onkel Sully, der zusehen muß, auf welcher Seite er die Butter auf dem Brot hat, und auch noch gute Miene dazu machen soll.«
    Inspektor Umpelty erhob sich.
    »Wir sind Ihnen jedenfalls sehr zu Dank verpflichtet, Mr. Sullivan«, sagte er. »Und jetzt wollen wir Sie nicht länger aufhalten.«
    »Tut mir leid, daß ich nicht mehr für Sie tun konnte. Wenn ich diesen Vasavour noch einmal zu Gesicht bekomme, sage ich Ihnen Bescheid. Aber wahrscheinlich hat er schon irgendwo Schiffbruch erlitten. Hoffentlich hat er die kleine Kohn nicht mit hineingezogen.«
    »Wir glauben es nicht, Mr. Sullivan.«
    »Sie ist so ein gutes Mädchen«, fuhr Mr. Sullivan beharrlich fort. »Das wäre mir arg, wenn ihr was zustieße. Ich weiß, daß Sie mich jetzt für einen alten Narren halten.«
    »Ganz im Gegenteil«, sagte Wimsey.
    Sie wurden durch den Privateingang hinausgelassen und stiegen schweigend eine enge Treppe hinunter.
    »Vasavour, natürlich!« grollte der Inspektor. »Möchte wissen, wer das ist und was er im Schilde führt. Meinen Sie, dieser fette Tölpel hat da die Finger mit drin?«
    »Ich bin überzeugt, er weiß von nichts«, sagte Wimsey. »Und wenn er sagt, daß er über Vasavour nichts weiß, dann können Sie sicher sein, daß Vasavour kein echter Produzent ist oder sonst etwas mit dem Theater zu tun hat. Diese Leute kennen sich nämlich alle untereinander.«
    »Hm. Das hilft uns ja mächtig weiter.«
    »Wie Sie sagen. Ich möchte nur wissen –«
    »Was?«
    »Ich möchte wissen, wie Horrocks auf Richard III. kommt.«
    »Wahrscheinlich kam ihm der Mann wie ein falscher Fuffziger vor. War das nicht der Mann, der sich vorgenommen hatte, ein Schurke zu werden?«
    »Doch. Aber irgendwie kann ich nicht glauben, daß Horrocks der Mann ist, der einem die Schurkigkeit schon aus dem Gesicht liest. Ich würde sagen, er hat sich ganz den heutigen Gepflogenheiten bei Rollenbesetzungen angepaßt. Mir schwirrt da etwas im Hinterkopf herum, Inspektor, und ich krieg’s nicht nach vorn.«
    Der Inspektor knurrte etwas und stolperte über eine Kiste, bevor sie auf die schmuddelige Wardour Street hinaustraten.

24
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Das Zeugnis des Lehrers

    Solch feiges, frommes Menschengeschlecht.
DEATH’S JEST-BOOK

    MONTAG, 29. JUNI, DIENSTAG, 30. JUNI
    Am Montag wurde Paul Alexis mit viel Blumenschmuck und unter Anteilnahme einer Menge von Schaulustigen begraben. Lord Peter war noch mit dem Inspektor in London, wurde aber von Bunter würdig vertreten, der am Morgen aus Huntingdonshire zurückgekommen war und, tüchtig wie er war, gleich einen hübschen Kranz mit passender Inschrift mitgebracht hatte. Mrs. Weldon als die Hauptleidtragende wurde von Henry Weldon gestützt, der feierliches Schwarz angelegt hatte, und die Belegschaft des Resplendent schickte eine repräsentative Abordnung und ein Blumengebinde in der Form eines Saxophons. Der Orchesterleiter, ein kompromißloser Realist, hatte zwar gemeint, die Nachbildung eines Paars Tanzschuhe sei symbolkräftiger, aber die Mehrheit war gegen ihn gewesen, und es wurde sogar der Verdacht laut, daß bei ihm so etwas wie berufliche Eifersucht im Spiel sein könne. Miss Leila Garland ließ sich in sehr gedämpfter und stilisierter Trauerkleidung sehen und brüskierte Mrs. Weldon, indem sie im rührendsten Augenblick einen großen Strauß Parmaveilchen ins Grab warf und, von Gefühlen übermannt, hysterisch schluchzend fortgetragen werden mußte. Über die Trauerfeierlichkeiten wurde ausführlich und mit Foto in der National Press berichtet, und die Tische im Resplendent waren abends so überbesetzt, daß man in den Louis-Quinze-Salon ausweichen mußte.
    »Jetzt werden

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