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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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»Was soll das heißen?«
    »Weiß der Himmel. Nikolaus I. war kein Heili ger, aber ich wüßte nicht, daß er je eine andere als Charlotte-Luise von Preußen geheiratet hätte. Wer in drei Teufels Namen soll Paul Alexis’ erlauchte Ahne sein?«
    Harriet schüttelte den Kopf und las weiter.
    »Alles ist bereit. Ihr unter brutaler sowjetischer Unterdrückung ächzendes Volk ersehnt baldige Wiedereinsetzung der Zarenherrschaft.«
    Wimsey schüttelte den Kopf.
    »Wenn das stimmte, wäre es ein schwerer Schlag für meine sozialistischen Freunde. Man hat mir erst neulich erklärt, daß der russische Kommunismus blüht und gedeiht, und daß der Lebensstandard in Rußland, gemessen am Schuhverbrauch, von Null auf ein Paar Schuhe in drei Jahren pro Kopf der Bevölkerung gewachsen ist. Immerhin, es könnte Russen geben, die so umnachtet sind, daß sie mit diesem Stand der Dinge nicht zufrieden sind.« »Alexis soll doch immer behauptet haben, er sei von adeliger Herkunft, nicht?«
    »Ja. Und anscheinend hat er jemanden gefunden, der’s ihm geglaubt hat. Weiter.«
    »Der Vertrag mit Polen ist glücklich geschlossen. Geld und Waffen stehen zu Ihrer Verfügung. Nur noch Ihre Gegenwart ist vonnöten.«
    »Oho!« sagte Wimsey. »So ist das also. Daher der Paß und die dreihundert goldenen Sovereigns.«
    »Spione sind am Werk. Vorsicht ist geboten. Verbrennen Sie alle Papiere und alle Hinweise auf Ihre Identität.«
    »Den Befehl hat er allerdings befolgt, der Affe!« rief Wimsey dazwischen. »Jetzt wird es interessant.«
    »Nehmen Sie am 18. Juni den Zug Ankunft Darley Halt 10.15, und gehen Sie zu Fuß auf Küstenstraße zum Satans-Bügeleisen. Erwarten Sie dort den Reiter vom Meer mit Instruktionen für Ihre Reise nach Warschau. Das Kennwort heißt Reichskrone.«
    »Reiter vom Meer? Du meine Güte! Soll das heißen, daß Weldon – daß das Pferd – daß –?«
    »Lesen Sie weiter. Vielleicht ist Weldon noch der Held des Stücks und nicht der Schurke. Aber warum hätte er uns dann nichts davon gesagt?«
    Harriet las weiter.

    »Bringen Sie dieses Schreiben mit. Schweigen und Geheimhaltung sind dringend geboten. Boris.«
    »Hm!« sagte Wimsey. »In diesem ganzen Fall, von Anfang bis Ende, habe ich anscheinend nur eines richtig gesehen. Ich habe gesagt, in dem Brief würden die Worte stehen: ›Bringen Sie diesen Brief mit.‹ Und es steht da. Aber der Rest ist mir zu hoch. ›Pawlo Alexeiwitsch, Thronerbe der Romanows.‹ Hat Ihre Wirtin irgendwas Trinkbares im Haus?«
    Nach einer kurzen Erfrischungspause rückte Wimsey seinen Stuhl etwas näher an den Tisch heran und starrte lange auf die entschlüsselte Botschaft.
    »Also«, sagte er, »wollen wir uns eins mal klarmachen. Sicher ist, daß dieser Brief Paul Alexis zum Bügeleisen geführt hat. Ein Boris, wer immer das ist, hat ihn geschickt. Ist nun Boris ein Freund oder Feind?«
    Er wühlte wild in seinen Haaren, bevor er langsam weitersprach.
    »Als erstes neigt man wohl zu der Annahme, daß Boris ein Freund ist und die in dem Brief erwähnten bolschewistischen Spione vor ihm am Bügeleisen eingetroffen sind und Alexis ermordet haben, möglicherweise Boris gleich mit. Was ist in diesem Falle mit Weldons Stute los? Hat sie den Reiter vom Meer zum Treffpunkt gebracht? Und war Weldon der Reiter und Alexis’ kaisertreuer Freund? Möglich wär’s durchaus, weil – nein, es ist nicht möglich. Komisch, wenn Sie so wollen.«
    »Was?«
    »Ich wollte eben sagen, daß in diesem Falle Weldon um zwölf Uhr zum Bügeleisen geritten sein könnte, als Mrs. Pollock das Hufgetrappel hörte. Ist er aber nicht. Er war in Wilvercombe. Aber irgend jemand muß es gewesen sein – ein Freund, dem Weldon das Pferd geliehen hat.«
    »Wie ist dann der Mörder hingekommen?«
    »Er ist durchs Wasser gewatet und auf demselben Wege wieder verschwunden, nachdem er sich in der Nische versteckt gehalten hatte, bis Sie fort waren. Das Zeitproblem spielte ja nur so lange eine Rolle, wie wir annahmen, daß Weldon oder Bright oder Perkins der Mörder war. Aber wer war der Reiter vom Meer? Warum tritt er nicht vor und sagt: ›Ich hatte eine Verabredung mit diesem Mann. Ich habe ihn um die-und-die Zeit noch lebend gesehen‹?«
    »Warum? Weil er Angst hat, der Mann, der Alexis ermordet hat, ermordet auch ihn. Aber das ist alles so verwirrend. Jetzt haben wir zwei Unbekannte, nach denen wir suchen müssen: den Reiter vom Meer, der das Pferd gestohlen hat und gegen Mittag am Bügeleisen war, und den Mörder,

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