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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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irdenen Schale, in der sonst Obst lag, etwas angezündet, das stinkend vor sich hinschwelte und wabernden Rauch verbreitete. Falls das Kräuter waren, so hatte Duncan sie noch nie gesehen oder gerochen.
    Mirandas massige Gestalt war wie in Nebel eingehüllt. Sie hatte Jonathan entkleidet und hielt den nackten kleinen Körper in ihren Armen. Ihr rundes, olivbraunes Gesicht glänzte vor Schweiß. Sie murmelte halblaute Worte vor sich hin, die nicht aus dem Portugiesischen stammten. Dennoch meinte Duncan, schon den einen oder anderen Ausdruck aufgeschnappt zu haben. Auf dem Sklavenmarkt vielleicht. Oder in den Häfen, wo die Portugiesen die Schwarzen verschifften. Ein seltsamer, fremdartiger Singsang mit kehligen Lauten.
    Ein eisiger Schauer überlief Duncan, als von irgendwoher ein Luftzug kam und den Rauch im Zimmer umherwirbelte, während Miranda sich mit dem Kind in den Armen über den Zuber bückte. Deirdre gab ein unterdrücktes Stöhnen von sich. Sie stand neben dem Kinderbettchen und bekreuzigte sich, und einen Moment lang verspürte Duncan den Drang, dasselbe zu tun.
    Miranda tauchte Jonathan in das kalte Wasser, bis nur noch das zerzauste, schwarzlockige Köpfchen herausschaute. Der Kleine schnappte nach Luft und stieß einen klagenden Schrei aus.
    Duncan wusste später nicht mehr, wie oft sie den erschreckenden Akt des Eintauchens wiederholt hatte. Zwischendurch musste er mit Sid und Paddy frisches Wasser holen. Sie leerten den Zuber, indem sie das darin befindliche Wasser aus dem Fenster kippten und ihn dann neu füllten. Jonathan schrie nicht mehr, wenn er eingetaucht wurde, doch seine Zähne schlugen jedes Mal klappernd aufeinander, und seine Augen waren weit aufgerissen. Der Dämmerschlaf, der ihn vorher umfangen hatte, war verflogen. Er war hellwach, und er erkannte die Menschen um ihn herum.
    » Mommy? « , fragte er einmal kläglich und ein anderes Mal, als er Duncan mit einem vollen Kübel Wasser hereinkommen sah: » Daddy? Johnny kalt! «
    » Es ist alles in Ordnung « , sagte Duncan. » Dir geht es bald wieder gut! «
    Irgendwann im Morgengrauen hörte Miranda auf mit der Prozedur, von der Duncan nicht zu sagen wagte, welcher Teil davon heidnischer Hokuspokus war und welcher die Heilbehandlung. Mit einer Hand wedelte sie die letzten dünnen Rauchfäden weg und murmelte eine dumpfe Wortfolge in jener unbekannten Sprache, bevor sie den Kleinen in ein Tuch hüllte und an ihre Brust drückte.
    » Limonensaft « , sagte sie zu Deirdre, während sie das Kind wiegte. » Aber heiß. «
    Die junge Irin, die stumm in der Ecke des Zimmers gewartet hatte, verschwand nach unten. Elizabeth, die erschöpft an der Wand lehnte, hob den Kopf. Ihr Blick war flehend und voller Angst.
    » Wird er leben? « , fragte Duncan die Portugiesin drängend.
    Miranda nickte, auf beiläufige, beinahe selbstverständliche Art, so, wie jemand auf die Frage hin nicken würde, ob morgen Sonntag sei. Elizabeth brach in Tränen aus und rutschte, den Rücken an der Wand, zu Boden. Duncan war mit drei Schritten bei ihr und zog sie in seine Arme. Sie schluchzte haltlos, und es kostete ihn ein enormes Maß an Willenskraft, nicht einfach einzustimmen. Rasch trug er sie nach nebenan in ihre gemeinsame Schlafkammer, wo er sie aufs Bett legte und wartete, bis ihr Weinen abebbte.
    Als sie sich aufrichten wollte, drückte er sie zurück.
    » Du musst jetzt ausruhen « , befahl er.
    » Nein, ich will zu Johnny. « Doch ihre Stimme war schwach, ihr fielen bereits die Augen zu. Die übermenschliche Anspannung der vergangenen Stunden forderte ihren Tribut.
    » Miranda kümmert sich um ihn, er ist in den besten Händen. Du bleibst hier liegen, und wenn du es nicht freiwillig tust, zwinge ich dich dazu. «
    Felicity erschien, das Gesicht rot geweint, die Augen geschwollen.
    » Ich kümmere mich um Lizzie. «
    Halb wartete er auf die Frage, ob sie nun doch noch aufs Schiff gehen würden, doch sie setzte sich nur stumm auf die Bettkante und umfasste Elizabeths Hand. Anscheinend hatte sie begriffen, dass an eine Abreise in dieser Nacht nicht mehr zu denken war.
    » Master Duncan « , sagte Sid von der Tür her. » Auf ein Wort. « Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck, der Duncan in höchste Alarmbereitschaft versetzte.
    Mit einem Blick auf Elizabeth und Felicity vergewisserte er sich, dass seine Hilfe hier nicht länger vonnöten war, bevor er die Kammer verließ und die Tür hinter sich zuzog.
    » Was gibt es? « , fragte er leise.
    » Unten im Hof sind

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