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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Schlagfluss jäh aus dem Leben gerissen, aber Miss Jane kam zurecht– mit zwei Knechten betrieb sie einen Holzhandel, der ihr genug zum Leben einbrachte. Zwar wurde Dominica, anders als die Zuckerinsel Barbados, nicht zielgerichtet von großen Kauffahrern angelaufen, aber auf dem Weg zwischen Europa und der karibischen See gingen hier immer häufiger Schiffe vor Anker, um Vorräte aufzunehmen und noch verfügbaren Frachtraum mit Tropenholz zu füllen. Plantagenanbau wie auf Barbados gab es auf Dominica nicht, abgesehen von ein paar kleinen Indigopflanzungen, doch am Holzhandel ließ sich gutes Geld verdienen. Eine Handvoll unerschrockener, überwiegend französischer Siedler und einige wenige englische hatten sich an der windgeschützten Westseite der Insel niedergelassen und betrieben von dort aus ihren Handel, wann immer Frachtschiffe vor Anker gingen. Dabei war es ohne Belang, ob es sich um französische, niederländische, englische oder sogar spanische Schiffe handelte– Hauptsache, sie kamen in friedlicher Absicht. Die offizielle Herrschaft über die Insel hatte im Laufe der letzten Jahrzehnte zwischen England und Frankreich gewechselt, doch die überwiegend unzugänglichen Küsten und die gebirgige Landschaft ließen die Kolonisierung wenig lohnenswert erscheinen, weshalb die Insel für die europäischen Mächte bisher kaum Bedeutung erlangt hatte– außer als Zwischenhalt für die Seefahrer auf der Karibikroute von Europa nach Westindien. So gesehen war Dominica genau die Art von Insel, die Elizabeth für das künftige Zuhause ihrer Familie vorschwebte– es gab keine schwarzen Sklaven oder geschundenen irischen Schuldknechte, die von grausamen Herren zur Feldarbeit gezwungen wurden. Die auf der Insel beheimateten Kariben lebten friedlich in ihren Ansiedlungen, und ebenso taten es die Weißen in den ihren.
    Elizabeth setzte sich gemeinsam mit Duncan an den großen Esstisch auf Miss Janes Veranda. Sie bediente zuerst ihren Mann und dann sich selbst von dem Brett mit dem knusprig gebratenen Fisch und der Reisschüssel und tat auch Johnny auf, der bei Deirdre auf dem Schoß saß und mit seinem eigenen kleinen Löffel aß. Wie immer war das Essen köstlich, Elizabeth nahm zweimal einen Nachschlag. Zu trinken gab es Wein aus dem Laderaum der Elise, frisches Ale und kaltes Quellwasser. Elizabeth stillte ihren Durst lieber mit Wasser, denn Wein oder Ale würden sie nur müde machen, und das wollte sie gerade heute auf keinen Fall. Unter dem Tisch berührte Duncans Oberschenkel den ihren, und ab und zu warf sie ihm einen verstohlenen Seitenblick zu, den Duncan mit einem unverkennbaren Funkeln in den Augen erwiderte. Hitze stieg in ihr auf, und mit einem Mal wurde ihr Verlangen nach seinen Berührungen so stark, dass ihr die Kehle eng wurde. Es war viel zu lange her, dass sie in seinen Armen gelegen hatte!
    Während sie aß, langte er unversehens unter den Tisch und drückte ihr Knie, sodass sie sich fast verschluckte vor Aufregung. Erschrocken blickte sie sich um, doch niemand hatte etwas bemerkt. Ihr gegenüber saßen Anne und Felicity, in ein angeregtes Gespräch vertieft. Anne war in den Wochen seit ihrer Ankunft ein wenig aufgeblüht. Ihr verhärmtes Gesicht hatte etwas Farbe angenommen, und hin und wieder blitzten ihre Augen auf, als würde sie allmählich ihre frühere Lebensfreude zurückgewinnen. Zwar verfiel sie immer noch oft in Schwermut, doch sie blieb nie lange allein, denn immer war eine der Frauen in der Nähe, um sie aufzumuntern. Auf diese Weise fand Anne nach und nach ins Leben zurück.
    Felicity hatte Anne von ihren eigenen grauenhaften Erlebnissen berichtet, und seitdem hatten sich die beiden Frauen einander mehr und mehr angenähert. Für Elizabeth war diese wachsende Freundschaft eine Erleichterung, nicht nur, weil sie beide wie Schwestern in ihr Herz geschlossen hatte, sondern weil es wichtig war, dass die zwei sich verstanden, da sie während der Überfahrt auf der Elise ein Quartier teilen und folglich miteinander auskommen mussten.
    Felicity schien sich mit ähnlichen Überlegungen zu befassen.
    » Duncan, hast du schon entschieden, wann genau wir reisen wollen? Du weißt, dass du es rechtzeitig sagen musst, oder? Schließlich müssen wir noch packen, Anne und ich. «
    Duncan zögerte, und Elizabeth merkte, dass es ihm widerstrebte, vor den anderen darüber zu reden, denn ihr selbst hatte er noch nicht gesagt, wann er aufbrechen wollte. Sie wusste nur, dass es bald sein würde. Ihr war

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