Wind der Traumzeit (German Edition)
Flugzeuge, zum Teil von Privatleuten geflogen, die helfen wollten, überflogen die Brände und gaben ihre Beobachtungen laufend an die Einsatzleitstelle der Feuerwehr weiter. Der Wind spielte in diesem Schauspiel eine alles entscheidende Rolle. Besorgt und aufmerksam zugleich wurden Mitteilungen über die Windrichtung notiert. Betroffene Outbackfarmen erhielten Unterstützung durch Nachbarn und die Feuerwehr. Es wurden Bäume gefällt, Gräben ausgehoben und Wohnhäuser mit Unmengen von Wasser besprengt, in der Hoffnung, dass die Flammen so nicht Fuß fassen oder durch die Gräben gestoppt werden könnten. In rasender Eile wurde das Vieh aus der Gefahrenzone auf andere Weiden getrieben, von denen man hoffte, wenigstens sie seien vor dem Feuer sicher. Erste Brandopfer, vorwiegend Feuerwehrmänner, die vor Ort gekämpft hatten, wurden in die Klinik geflogen. Tom, Bill, Jason und Susan Clark behandelten Brandwunden und Rauchvergiftungen.
Marie saß in der Schule und kaute auf ihrem Bleistift. Sie war nicht bei der Sache, denn ihre Gedanken gingen zunächst zu Chocolate. Wäre die Stute hier mitten in Cameron Downs sicher? Und überhaupt, was war mit Mama, Sophie und Steven? Sie waren ganz allein da draußen. Wie schnell käme das Feuer dorthin? Würde womöglich noch ganz Cameron Downs abbrennen? Und wohin konnten sie dann als Nächstes flüchten? Beinahe befremdet wanderten ihre Augen von einem Mitschüler zum nächsten. Es war merkwürdig, dass der Unterricht so normal weiterging, obwohl sich die Flammen auf Cameron Downs zuwälzten. Unwillkürlich tauchte in ihr die Erinnerung an ihre Hamburger Schulzeit auf. Allenfalls das Hochwasser wardamals ein Thema gewesen, aber keine Feuer, die die Menschen oder die Stadt bedroht hätten.
Dr. William Jarrett blätterte in seinen Unterlagen und besprach mit seinem Kollegen die Planung der nächsten Tage. »Tom, wir müssten auch noch einen Besuch bei der alten Gwyn Henderson einplanen. Sie ist bei den letzten beiden Kliniktouren nicht aufgetaucht.«
Tom nickte. »Hm. Das liegt auf dem Weg zur Siedlung. Wir könnten Wudima unterwegs dort absetzen, was meinst du?« Bill griff sich die Krankenakte und warfeinen Blick hinein. »Ja, ich denke, sie wird wieder klarkommen. Und ihre Leute vermissen sie bestimmt schon.« Seine Augen wanderten sorgenvoll zum Fenster. »Wenn nur dieses verfluchte Feuer endlich aufhören würde.«
Tom klappte die Krankenakte zu. »Die Siedlung ist ja noch wesentlich weiter vom Feuer entfernt als Cameron Downs. Sie wäre dort also sicher. Okay, Bill, ich übernehme das. Gehen wir erst einmal davon aus, dass alles wie geplant ablaufen kann. Morgen also der Kliniktour-Termin bei den Garretts. Wir starten mit Wudima, setzen sie unterwegs in der Siedlung ab und schauen nach der Tour bei Mrs. Henderson vorbei. Die Gute würde uns eine Menge Umstände ersparen, wenn sie zu dem Termin bei den Garretts käme. Phil werden bestimmt die Augen aus dem Kopf fallen, wenn er die Henderson-Piste sieht. Wer weiß, ob wir dort überhaupt landen können.«
Angespannt verfolgte Marie zu Hause die Radiodurchsagen, die Auskunft über die Bereiche von Cameron Downs gaben, in denen akute Gefahr bestand, dass das Feuer übersprang. Nervösspielte sie mit ihrem Federmäppchen und zog den Reißverschluss auf und zu. Die Straßen, die genannt wurden, waren nur mehr zwei bis drei Kilometer vom Reitstall entfernt. Niemand im Stall hatte ernsthaft damit gerechnet. Im Gegenteil. Nachdem die Pferde von den Außenweiden hereingeholt worden waren, hatte Michael ihr noch versichert, dass im Stall keinerlei Gefahr mehr bestehe. Trotzig zog Marie die Nase hoch. Sie hätte gern nach ihrem Pferd gesehen, doch ihre Mutter weigerte sich, durch die gefährdeten Bezirke zu fahren und dort womöglich die Hilfskräfte zu behindern. Als im Radio wieder Musik gespielt wurde, wandte sie sich unzufrieden ihren Hausaufgaben zu.
Am späten Nachmittag saß sie mit aufgerissenen Augen vor dem Radio, als mitgeteilt wurde, dass auch die Umgebung des Reitstalls vom Feuer bedroht war. Sie sprang so hastig auf, dass ihr Stuhl rückwärts nach hinten kippte. Sie ließ ihn liegen und war schon auf der Treppe. »Mama! Mama!«
Nora räumte den Geschirrspüler aus und richtete sich mit einigen Tellern in der Hand auf. »Was ist denn los?«
Marie blieb vor dem Esstisch stehen, an dem Sophie saß und malte. »Du musst mich zum Reitstall fahren, Mama. Sie haben es gerade durchgesagt. Das Feuer ist auf dem Weg
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