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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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eingeschlossen.«
            Tom sprang auf, im Begriff, zur Tür zu stürzen. »Was hast du? Er schlägt die Tür ein. Du bist verrückt, Tussup.«
            »Um Himmels willen! Ganz so verrückt bin ich nicht. Ich habe dafür gesorgt, dass er keinen Mucks von sich gibt.«
            »Was soll das heißen? Du hast gesagt, wir würden keine Gewalt anwenden.«
            Tussup seufzte, verärgert über diesen dummen Schwächling. »Er ist gefesselt und geknebelt. Keiner wird ihn vermissen, bis wir so weit sind, also beruhige dich endlich. Unser Plan läuft wie am Schnürchen. Da kann gar nichts schief gehen. Alles ist klar, bis auf die Tatsache, dass der verdammte Loveridge beschließen musste, über Nacht vor Anker zu bleiben und so die Fahrt zu verzögern. Beinahe hätte ich deswegen Streit mit ihm gekriegt.«
            »Gut, dass es dazu nicht gekommen ist. Er nimmt es ziemlich krumm, wenn die Mannschaft seine Befehle in Frage stellt.«
            »Ach, wirklich?« Der Australier lachte. »Dann wird er bald Grund haben, so manches ganz gehörig krumm zu nehmen.«
             
            Jake Tussup war im Busch geboren, vor dreißig Jahren, auf einer öden, windgepeitschten Farm in den Hügeln hinter Goulburn. Seine Eltern, beide Fabrikarbeiter, waren im Rahmen des Immigrationsprogramms der anglikanischen Kirche nach Australien gekommen. Sie träumten von endlosen Sonnentagen, ihrer eigenen kleinen Farm, davon, selbst Herr im Hause zu sein, von unbeschwerten rosigen Kindern, Obstgärten, die überquollen von Früchten, Orangen und Zitronen, sogar Bananen und, Inbegriff des Exotischen, Ananas. Der Traum hielt sie aufrecht während der langen, erbärmlichen Reise übers Meer, und je mehr sie über das bevorstehende Leben redeten und schwärmten, desto mehr gingen sie in ihren Träumen ins Detail. Sie entwarfen das Haus: Backstein mit Sprossenfenster und Efeu an den Mauern, ein Tor in der Hecke, das durch sein Knarren vor Besuchern warnte …, und sie lachten viel und gern, wenn sie überlegten, wie sie das Tor zum Knarren bringen könnten.
            Die Realität traf sie hart. Sie konnten beide weder lesen noch schreiben, hatten jedoch bereitwillig ihre Kreuzchen unter den Vertrag gesetzt, der ihnen freie Überfahrt gewährte, denn stimmte es etwa nicht, dass freie Siedler Land zugewiesen bekamen? Schwer zu glauben, aber es entsprach der Wahrheit, versicherte man Tessie und Ted Tussup. Man bekam Land einzig und allein fürs Kommen, denn es gab ja so viel davon und nicht genug Menschen, die es bewohnten und die Franzosen fern hielten. Und man bekam ungefähr vierzig Morgen, wie sie gehört hatten, wenn sie auch keine Ahnung hatten, wie viel ein Morgen war, aber solange es genug war, um ein Haus darauf zu bauen und ein paar Äcker anzulegen, würden sie zugreifen. Auf jeden Fall!
            »Nichts kann uns aufhalten«, sagte Tessie fest.
            Der Vertrag enthielt noch eine weitere Klausel – nämlich, dass Ted zwei Jahre lang eine Beschäftigung an einer ihm zugewiesenen Arbeitsstelle ausüben musste, sonst …
            »Sonst müssen wir die Überfahrt bezahlen«, jammerte Ted, als er an ihrem dritten Tag in Sydney seiner Frau die schlechte Nachricht überbrachte.
            Sie kamen vorübergehend in einem Obdachlosenasyl am Hafen unter, was nach Tessies optimistischer Meinung gar nicht übel war. Immerhin stimmte es, was sie über die Sonnentage gehört hatten. Es war warm in Sydney, und es war schön, durch die Straßen zu schlendern, ohne angerempelt zu werden, und die tollen Lebensmittel auf den Märkten zu bewundern.
            Bald war auch über den Arbeitsplatz entschieden. Edward Tussup erhielt Anweisung, sich im Gefängnis von Darlinghurst als Wärter zu melden.
            »Und wo ist das, Sir?«, fragte Ted, die Mütze in der Hand, den Beamten.
            »Weit, weit weg, Kumpel. Am Samstagmorgen um sechs Uhr holt der Lastwagen dich hier ab.«
            »Und Mrs. Tussup, meine Frau, Sir? Gibt es für sie auch Arbeit in diesem Gefängnis, Kochen, Putzen oder etwas in der Art?«
            Der Beamte warf einen Blick auf Mrs. Tussups gewölbten Leib. »Nicht unter diesen Umständen.«
            »Aber sie kann doch trotzdem mitkommen? Auf dem Lastwagen?«
            »Ja, wenn sie das Rütteln und Holpern aushält, aber dann musst du sie da draußen irgendwo

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