Wind des Südens
Frau des Hoteliers, schwarze Socken für ihn zu kaufen, da Constance sich noch immer wie eine Kranke aufführte und sich gelegentlich auch einen schlimmen Anfall von Hysterie leistete. Er unterschrieb in seiner Eigenschaft als Schatzmeister von Apollo Properties ein paar Dokumente, wobei Esme Caporn, die Sekretärin des Unternehmens, als Zeugin fungierte. Natürlich nur pro forma. Als Frau hatte sie ja keine Ahnung, was sie da unterschrieb. Aber alles lief wie am Schnürchen. Er ließ das Gepäck hinauf ins Zimmer bringen, legte eine geruhsame Pause in der Bar ein und trank als Aperitif vor dem Essen einen Sherry, während er das Problem mit seiner Frau überdachte, die nicht mehr gesellschaftsfähig war.
In gewisser Weise verstand er ihre Weigerung, unter fremden Menschen zu sein, nachdem sie so lange Zeit mit dieser Mörderbande verbracht hatte. Wahrscheinlich wusste sie, dass sie das bevorzugte Klatschobjekt war, und dieser Klatsch war nicht immer angenehm. Es war sicher schwer für sie, wenn Leute sie anstarrten und sich fragten, was da im Urwald wohl vorgefallen sein mochte. Aber … es reichte nun. Sie musste sich eben damit abfinden. Musste sich zusammenreißen und ihre Pflicht erfüllen. Es störte ihn nicht, dass sie kein Interesse an Sex hatte; unter diesen Umständen ging es ihm genauso, und er war ohnehin bald darüber hinweg. Aber es war äußerst wichtig, dass sie wieder repräsentierte. Nicht unbedingt hier, in diesem Kuhdorf, aber in Brisbane! Im Umfeld des Gouverneurs! In der jungen Kolonie entstand eine neue Gesellschaft, und Lyle war entschlossen, eines ihrer führenden Mitglieder zu sein. Er bezweifelte, dass die diesjährige Liste für Brisbane mehr als ein oder zwei Männer nannte, und demnach würden er und Constance im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.
Er schauderte. Seine Frau, einen Speichelfaden im Mundwinkel, nervös inmitten festlich gestimmter Honoratioren, zu faul, sich auch nur allein zu frisieren, unfähig zur Unterhaltung – es war eine Katastrophe, und die Zeit lief ihm davon.
Wie er vermutet hatte, war sie völlig außer sich, weil in der Zimmerecke die Koffer standen.
»Wir reisen ab?«
»Ja. Ich habe dir doch gesagt, dass wir nach Brisbane fahren. Wir können nicht ewig hier bleiben. Ich habe die Fahrkarten bereits. Am Sonntag gehen wir an Bord des Dampfers, und deshalb bitte ich dich jetzt, dich endlich zusammenzureißen. Ich weiß, dass es dir schlecht ging, aus nahe liegenden Gründen, aber bitte, wenn schon nicht um deinet-, dann um meinetwillen …«
»Ich komme nicht mit.«
»Was?«
»Ich will nicht nach Brisbane.«
»Red keinen Unsinn, Frau. Am Sonntag gehst du mit mir an Bord. Und jetzt solltest du dich zurechtmachen, damit wir hinunter zum Essen gehen können. Wir speisen mit Mrs. Plummer. Sie ist deine Freundin, sie ist nett zu dir, und du hast nichts zu befürchten. Was nicht heißt, dass die anderen nicht nett zu dir wären. Ist dir nicht aufgefallen, dass, wenn wir spazieren gehen, alle dich anlächeln und sich verbeugen? Constance, du wirst Lady Horwood. Dann bist du wirklich wer! Entschädigt dich das nicht für alles?«
Sie griff nach ihrem Handarbeitskorb und entnahm ihm die Damastserviette, an der sie stickte. »Ich kann nicht mitkommen, Lyle. Ich kann es einfach nicht. Das weißt du doch.«
»Ich weiß nichts dergleichen. Kommst du jetzt mit zum Essen?«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Aber ich, und ich wünsche, dass du mich begleitest.«
»Ich kann nicht.« Sie wischte sich ein Speicheltröpfchen auf dem Mundwinkel ab, und er wandte sich angewidert zum Gehen.
Später am Abend klopfte Lyle an die Tür der Caporns.
»Wirklich, Neville, tut mir Leid, dass ich Sie störe, alter Freund, aber Sie haben nicht zufällig Constance gesehen?«
Neville, im Pyjama, blieb bestürzt an der Tür stehen. »Mrs. Horwood? Ist sie nicht im Hotel?«
»Nein. Ich habe das Dienstmädchen gefragt. Nein, sie ist nicht im Hotel.«
»Vielleicht ist sie bei Mrs. Plummer.«
»Die spielt im Wohnzimmer Karten mit den Kassels.«
»Wo könnte sie dann sein?«
»Das fragte ich Sie, Sir.« Er versuchte, an Nevilles kräftiger
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