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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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er offenbar auf dem Weg nach Cooktown gewesen, um dort mit dem Schiff zu fliehen.
            »Ganz sicher ist der weiße Mann auch dorthin geritten«, meinte Changs Diener Wu Tin, doch Chang war nicht davon überzeugt.
            »Diese weite Einöde ist zwar gefährlich«, erwiderte er, »doch ein Einheimischer wie Tussup fürchtet sich sicher nicht.«
            Chang hatte sein Urteil über dieses Land schon häufig geäußert. Er verabscheute die Dschungel östlich der Berge und hatte eine Todesangst vor den schwarzen Wilden mit ihren bemalten Gesichten und den scharfen Speeren. Während er inmitten des Menschengewühls auf den Goldfeldern von Palmer in seinem Element war, sagte ihm der Blick von der Hochebene nach Westen nichts, denn er sah nur eine große weite Leere. Hier gab es nur ein paar Wilde, die im Wald lauerten, und Chang, der an Menschen gewöhnt war, erschien das gesamte Land unendlich einsam. Zu seinem Erstaunen hatte er gehört, dass sich selbst Dörfer wie Maytown und Cooktown in Geisterstädte verwandeln würden, sobald kein Gold mehr gefunden wurde. Deshalb eignete sich dieses barbarische Land nach Changs Auffassung nicht für einen Mann von Welt, und er hoffte, dass seine Mission bald beendet sein würde. Er hatte bereits eine beträchtliche Summe verdient und würde gewiss noch mehr erhalten, so dass es genügen würde, um sich in Hongkong niederzulassen. Eine verlockende Aussicht.
            Nachdem Chang zu dem Schluss gekommen war, dass Tussup die Route durchs Landesinnere genommen hatte, die erst zu den neuen Goldfeldern und dann zu einem Küstenstädtchen namens Cairns führte, begann er, in den Läden Erkundigungen einzuziehen. Denn um in diese Einöde aufzubrechen, hatte Tussup bestimmt jede Menge Proviant gebraucht.
            In einem Laden an einer Furt wurde Changs Beharrlichkeit endlich belohnt – ebenso wie der großzügige Anreiz, den er dem Ladeninhaber für weitere Informationen versprach. So erfuhr er, dass der Mann auf dem vorgezeigten Bild Vorräte gekauft hatte, die bis zu den Goldfeldern reichen würden. Darüber hinaus hatte er – was noch wichtiger war – zwei Pferde erstanden.
            »Wie sahen die Pferde aus?«, drängte Chang.
            »Moment. Eines war ein Rotfuchs, an mehr erinnere ich mich nicht. Das Packferd war grau, ein fleckiges Schmutziggrau mit einem weißlichen Rumpf.«
            »Und weiter?«
            »Weiter nichts, alter Junge.«
            »Was hatte er an?«
            »Ein kariertes Hemd. Die Farbe weiß ich nicht mehr. Ich verkaufe sie zu Hunderten. Alle hier tragen solche Hemden. Abgesehen von Ihren Leuten natürlich.«
            »Und Sie glauben, dass er den Fluss überquert hat?«
            »Gesehen habe ich ihn nicht, aber es ist damit zu rechnen, dass er sich dem großen Zug nach Süden angeschlossen hat.«
            Chang und sein Diener folgten diesem Rat.
            Sie blieben auf der belebten Straße und fragten immer wieder nach einem Mann mit zwei Pferden, eines davon schmutziggrau. Allerdings erfuhren sie in den ersten Tagen nichts. Sie beschlossen, schneller zu reiten, um Tussup vielleicht einzuholen, bis ihnen am vierten Tag ein Mann in einem leichten Wagen berichtete, er sei dem Gesuchten einige Male begegnet.
            »Wie kann das sein?«, verwunderte sich Chang. »Zu Pferd kommt er doch schneller voran als Sie, Sir.«
            »Das stimmt. Aber ich habe ihn dennoch gesehen. Einmal ist er das Flussbett nach rechts hinuntergeritten. Möglicherweise wollte er seine Pferde tränken. Ein großer Bursche. Er ist mir aufgefallen, weil er im Gebüsch abseits campiert hat, als er mir das erste Mal über den Weg lief. Ich fand das komisch, weil es eigentlich noch zu früh am Tag war, um Rast zu machen. Wahrscheinlich will er sich Zeit lassen. Ihr Jungs«, meinte er grinsend, »seid wahrscheinlich schon öfter an ihm vorbeigekommen.«
            Chang dachte darüber nach, als sie sich wieder auf den Weg machten. Sich Zeit lassen? Warum auch nicht? Schließlich konnte Tussup damit rechnen, dass die Verfolger sich – so wie er selbst – beeilen würden.
            Abseits vom Weg? Chang nickte. Natürlich. Vor Angst schlug er sich vermutlich durch den Wald wie ein schüchternes Reh, das seinen Feinden aus dem Weg ging – und anderen Menschen, also jedem, der vielleicht ein Bild von Jake Tussup gesehen

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