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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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also der Überfall? Jake versuchte, den Knebel in seinem Mund loszuwerden, und wand und krümmte sich, um seine Fesseln abzustreifen. Doch die Wunde am Kopf schmerzte entsetzlich, und er hielt eine Weile inne, um zu Kräften zu kommen. Dann dämmerte er weg.
            »O Gott, nein«, konnte er nur murmeln, als er wieder erwachte. Erneut versuchte er, den Knebel loszuwerden, denn er wusste, dass das Tuch, mit dem er festgebunden war, sich irgendwann lockern würde, wenn er nicht aufgab. Auguste hatte sein Geld nicht gefunden, und ansonsten besaß Jake nichts Wertvolles – abgesehen von den Pferden. Hatte das Schwein ihm etwa die Pferde gestohlen, so dass er den restlichen Weg würde zu Fuß gehen müssen? Schließlich hatte der Dreckskerl selbst gesagt, dass die Männer, die ihre Pferde verloren, auf sich selbst gestellt waren. Mit anderen Worten: Es war kein Ersatz zu bekommen.
            Schäumend vor Wut bemühte sich Jake, den Knebel auszuspucken, bis das Tuch nach einer halben Stunde endlich herausrutschte und er den Lumpen in seinem Mund los war. Da niemand auf seine wiederholten Hilferufe antwortete, kroch er durch das Gestrüpp langsam auf den Pfad zu. Dabei fühlte er sich wie eine Raupe und hatte plötzlich großes Verständnis für diese Tiere, die sich so langsam fortbewegen mussten. Doch er war fest entschlossen, seine Pferde zurückzuerobern.
            Jake hatte keine Ahnung, wie spät es war. Als er schließlich in einen Graben fiel, dämmerte es bereits, und es dauerte eine Ewigkeit, bis er sich auf der anderen Seite wieder hinausgearbeitet hatte, ohne sich an den spitzen Eukalyptusschösslingen aufzuspießen, die überall aus dem Boden ragten. Zwei Schlangen glitten an ihm vorbei, eine harmlose grüne Baumschlange und eine gefährliche Viper, so dass Jake lange Zeit völlig reglos und mit klopfendem Herzen liegen blieb. Als er endlich auf den Pfad getorkelt kam, war sein Gesicht blutig und zerkratzt. Wieder schrie er um Hilfe, und es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis endlich zwei Männer aufkreuzten und ihn fragten, was ihm denn zugestoßen sei.
            Sobald Jake von seinen Fesseln befreit war, rannte er taumelnd, stolpernd und immer wieder stürzend, den Hügel hinab und stürmte unter Wutgebrüll auf den Bootssteg zu. Seine Angst, dass jemand ihn erkennen könnte, war auf einmal wie weggeblasen.
            Doch er musste eine herbe Enttäuschung einstecken: Auf der Fähre arbeitete kein Mann namens Auguste. Aber ein gedrungener Kerl mittleren Alters hatte vorhin mit zwei Pferden übergesetzt. Und jetzt hatte Jake die letzte Fähre verpasst und musste bis morgen warten.
            »Was für einen Händler meinen Sie?« Der Fährmann lachte. »Hier wird kein Proviant ausgeliefert. Bis zu den Goldfeldern sind es doch nur drei Tagesmärsche.«
            Später am Abend saß der Fährmann mit einem Freund beim Bier. »Hast du mir nicht erzählt, zwei Chinamänner hätten nach einem Kerl gesucht, der auf einem Rotfuchs reitet und ein graues Packpferd am Zügel führt?«, meinte er zu seinem Kameraden.
            »Ja. Ich habe ihnen gesagt, dass vor etwa einer Stunde ein Bursche durchgekommen ist, auf den ihre Beschreibung passt.«
            Der Fährmann nickte. »Der Kerl muss wirklich sehr beliebt sein. Kannst du mir etwas Tabak ausborgen?«
             
            Obwohl der Mann, der von einem grauen Packpferd begleitet wurde, ritt wie der Teufel, hatten Chang und sein Diener keine Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Allerdings hielten sie Abstand, ließen sich Zeit und warteten auf eine günstige Gelegenheit.
            Chang war aufs Äußerste angespannt. Offenbar hatte er richtig vermutet, dass Tussup, der schließlich steckbrieflich gesucht wurde, unterwegs einen Bogen um andere Menschen machen würde. Doch an der Fähre würde er gezwungen sein, sich zu zeigen, und so war es auch geschehen.
            Die schmale Straße umrundete einen Felsvorsprung und führte dann, steil abfallend, in einen Wald. Chang kam das sehr gelegen, denn Tussup war nun gezwungen, sein anfänglich rasches Tempo zu drosseln und seine Pferde mehr oder weniger gemächlich den einsamen Pfad entlangtrotten zu lassen. Seit vielen Kilometern waren sie keiner Menschenseele begegnet. Da die Gegend einsam genug für Changs Vorhaben war, trieb er sein Pferd zur Eile an und machte sich an die Verfolgung seiner Beute.
            »He, Tussup!«,

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