Wind des Südens
und nahm sich noch die Zeit, nervös über den Bug hinweg nach den gefürchteten Korallenriffen zu spähen, doch das Wasser sah tief und klar aus. Dann packte er einen jungen Matrosen am Kragen und schickte ihn hinauf in den Ausguck.
Einen Augenblick später ertönte der Ruf: »Lichter!« Der Junge fuchtelte wild mit den Armen.
Bartie rief ihn herunter. »Bist du sicher, dass die Lichter an Land sind? Keine Schiffslichter sind?«
»Die sind an Land, Bartie. Sind viel zu viele für ein Schiff.«
Bartie beeilte sich, Jake zu informieren.
»Ich wusste es doch«, sagte Jake aufgeregt. »Ich wusste es. Noch vor Tagesanbruch sind wir da.«
»Was macht das schon? Ob Tag, ob Nacht, wen interessiert das?«
»Mich. Ich will im Schutz der Dunkelheit an Land gehen, damit wird keine Erklärung für die Rettungsboote brauchen. Wir landen nördlich von dem Lager am Fluss, verstecken die Boote im Busch und tun so, als wären wir schon eine ganze Weile da.«
»Ja, das hast du mir schon erklärt«, sagte Bartie. »Die Boote sind bereit, aber ich schätze, wir könnten noch ein bisschen Geld herausschlagen.«
»Wie das?«
»Diese Chinesin. Gehört zu einer großen reichen Familie. Die würden für sie bezahlen.«
»Himmel, nein! Lass sie in Ruhe! Keine Frauen, Bartie, die bringen Unglück.«
»Aber viel Geld, leicht verdient. Und die Frau vom großen Boss, Mrs. Horwood. Ihr Mann hat Millionen. Ihm gehört die ganze Schifffahrtsgesellschaft.«
»Hör mir gut zu, Bartie: Tu deine Arbeit, und halte die Frauen da raus! Los jetzt!«
Der Kapitän spürte es vor allen anderen: das plötzliche Langsamerwerden, dann das Schaudern und das lang gezogene Knirschen, das noch einmal zu hören er immer gefürchtet hatte, doch der Motor lief noch, und das Schiff bewegte sich unter dem leisen Plätschern des Wassers am Holz weiter.
»Himmel, wir sind auf ein Riff gelaufen«, sagte Mal zu dem am nächsten stehenden Matrosen. »Mach lieber, dass du hier rauskommst, sonst musst du ertrinken.«
Der Mann blickte den zweiten Matrosen an, und dieser schüttelte den Kopf. »War nur ein Kratzer. Wir fahren ja noch.«
Doch diese Gewissheit hielt nicht lange an. Wenige Minuten später pflügte die China Belle mit ohrenbetäubendem Krachen auf das nächste Riff. Die Gefangenen stürzten und rutschten zum Ende des Saals. Leider gelang es den erfahrenen Seeleuten, auf den Füßen zu bleiben, und sie drohten immer noch mit ihren Waffen, während sie sich rückwärts dem Ausgang näherten. Doch Mal nahm die Gelegenheit wahr. Er stürzte sich auf den nächsten Bewaffneten, der verzweifelt versuchte, auf ihn zu schießen, doch sein Revolver versagte, und Mal schlug ihn nieder und griff nach der Waffe – zu spät. Der andere Mann stieß sie mit dem Fuß weg und hob seine Waffe, um Mal zu erschießen, doch das Schiff neigte sich, und die Kugel verfehlte ihr Ziel. Im selben Augenblick kam Caporn auf die Füße und verlangte, losgebunden zu werden.
»Ihr könnt uns doch nicht ertrinken lassen«, flehte er und strebte dem Ausgang zu. »Wir bezahlen euch. Schneidet uns los.«
Die nächste Kugel traf Caporn, der krachend zu Boden ging.
Mal war in einen grimmigen Kampf mit dem ersten Matrosen verwickelt, als der andere Bewaffnete zur Tür hinauslief, und plötzlich spürte Mal sein Messer in der Hand. Er hörte den warnenden Ruf des Kapitäns, doch er war ja im Begriff zu siegen. Er konnte nur an Jun Lien denken: er musste zu ihr. Er stieß dem Matrosen das Messer in die Brust und kam flink wieder auf die Füße, als plötzlich sein Schädel zu explodieren schien.
Tommy Wong stürmte in den Speisesaal, sah, wie Willoughby Sam Lum angriff, und zog ihm den Totschläger, den er immer bei sich trug, über den Schädel. Der Mann fiel um wie ein gefällter Baum, doch Tommy sah, dass Sam nicht mehr zu helfen war, denn seine Augen wurden schon glasig. Er riss dem Angreifer das Messer aus der Hand und rannte hinaus aufs Deck, ohne auf die Hilferufe der gefesselten männlichen Passagiere zu achten.
Schon eilten die Männer zu den beiden Rettungsbooten. Tommy fiel ein, dass ihm ein Platz in Jakes Boot
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