Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
Tagen schließlich ständig getan.
Als er nach Hause kam, sah er durch die Terrassentür Malin im Garten arbeiten, sie pflanzte Blumen ein. Sie sah nicht auf, bemerkte ihn nicht, aber ihre hängenden Schultern, ihr schleppender Gang verrieten, dass es ihr nicht gut ging. Immer wieder hielt sie in ihrer Arbeit inne und starrte vor sich hin. Je länger er sie beobachtete, umso mehr setzte ihm sein Gewissen zu.
Haralds Blick fiel auf die gerahmten Fotos auf dem Sekretär neben ihm. Er hob eines hoch, das ihn und Malin an ihrem Hochzeitstag zeigte. Sie, die strahlende Braut, und er mit diesem tiefen Schmerz im Herzen, der eigentlich nie ganz verschwunden war. Zugeschüttet in den letzten Jahren, durch die vielen kleinen und großen Begebenheiten, die das Leben so mit sich brachte. Aber er war immer da gewesen, und als Kristina so plötzlich wieder vor ihm gestanden hatte, war die vernarbte Stelle wieder aufgerissen.
Als sein Handy brummte, stellte er das Foto wieder ab. Auf dem Display stand Kristinas Name.
»Ja?« Er klang kurz und abgehackt. Aber mit dieser Frau zu reden, die er nicht mehr aus seinem Kopf bekam, und dabei gleichzeitig seine eigene Frau durch das Fenster zu sehen, brachte ihn in einen kaum erträglichen Zwiespalt.
»Ich bleibe noch ein paar Tage in Söderholm«, sagte Kristina.
»Ja.« Harald schaute nach draußen. Malin schob gerade eine Schubkarre voller Blumen vorbei zu dem Beet, das sie bepflanzte.
»Das ist schön«, fügte er hinzu, obwohl er nicht nur Freude empfand. Jeder Tag, den Kristina länger in Söderholm blieb, würde seine Qual vergrößern. Er konnte sich ja jetzt schon kaum noch vorstellen, wie es sein würde, wenn sie wieder abgereist war und ihn hier in seinem Leben zurückließ.
»Wann können wir uns sehen?«, hörte er Kristina fragen.
Es war besser, wenn er sie nicht wiedersah. Für sie, für Malin und ganz besonders für ihn selbst.
»Harald, bist du noch da?«
»Ja … ja …«
»Du willst mich doch sehen?« Ihre Stimme klang sehr klein und ängstlich.
Harald wandte sich vom Fenster ab, um Malin nicht mehr betrachten zu müssen. »Ja«, sagte er. »Ich will dich sehen.« Er spürte, dass jedes seiner Worte aus der Tiefe seines Herzens kam.
Sie verabredeten sich, und er ging nach oben, um sich für den Abend frisch zu machen und umzuziehen.
Als Kristina wieder auf den Steg kam, hatte sie sich umgezogen. Sie trug nicht eines ihrer eleganten Businesskostüme, sondern hatte ein dunkles Kleid und Schuhe mit hohen Absätzen gewählt. Ihre dunklen Haare fielen offen über ihre Schultern, und sie wirkte betont weiblich.
»Ich muss noch einmal weg«, sagte sie zu Lena. »Einen wichtigen Termin, den ich fast vergessen hätte. Und ich werde mein Handy ausschalten, nur damit du dich nicht wunderst.«
Lena traute ihren Ohren nicht. Und so wäre Kristina auf keinen Fall zu einem geschäftlichen Termin gegangen, dafür kannte Lena ihre Chefin gut genug. Sie ahnte, mit wem Kristina sich traf, und lächelte ein wenig maliziös. »Ich wundere mich aber doch«, sagte sie. »Solange ich dich kenne, war dein Handy noch nie ausgeschaltet.«
Genau in diesem Augenblick klingelte ihr eigenes Handy. Ein Blick auf das Display trug nicht gerade zur Besänftigung ihres ohnehin schon irritierten Gemütes bei. Genervt stand sie auf und entfernte sich ein paar Schritte von Kristina, bevor sie das Gespräch annahm.
»Wo bist du gerade?«, fragte er mit zärtlicher Stimme.
»Am See«, erwiderte sie. »Ich habe mich hierher zurückgezogen, damit ich ungestört arbeiten kann.«
Sören lachte leise. »In Gedanken sehe ich dich in einem eleganten Kleid am Ufer sitzen, das aufgeschlagene Notebook auf den Knien.«
»Nein, ich habe einen Steg in der Nähe des Hotels entdeckt. Hier kann ich völlig ungestört arbeiten.« Den letzten Satz betonte sie besonders, aber Sören schien das zu überhören.
»Ich würde dich gerne zum Abendessen einladen«, sagte er.
»Es tut mir leid, ich habe jede Menge Arbeit«, schlug sie seine Einladung schnell aus und versuchte, den Aufruhr ihrer Gefühle zu ignorieren. Es ging nicht, es durfte nicht sein, und sie würde sich hier in Söderholm auf keinen Fall auf etwas einlassen, was ihr alle weiteren Entscheidungen erschweren würde.
Als Kristina ihr auf die Schulter tippte, drehte sie sich um und legte die Hand über die Sprechmuschel.
»Nimm dir heute Abend frei«, flüsterte Kristina.
Lena schüttelte leicht den Kopf. »Ich muss jetzt Schluss machen«,
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