Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
Kuchensorten. Erinnerst du dich wirklich nicht daran?«
Lucia versuchte, sich diese riesige Produktpalette vorzustellen, und schüttelte schließlich den Kopf. »Ich kann das gar nicht glauben. So etwas soll mir schmecken?«
»Es geht nicht darum, dass es dir schmeckt, es soll unseren Kunden schmecken«, sagte Bernd ein wenig von oben herab. Er blieb stehen und wandte sich ihr zu. Auch sie verlangsamte ihren Schritt.
»Komm, wir fahren zurück nach Stockholm«, sagte er auffordernd und machte kehrt. Lucia aber fühlte sich wie festgenagelt, unfähig, sich zu bewegen. Nach Stockholm? In ein fremdes Leben? Voller Backwaren, die sie nicht kannte, hinter einen Schreibtisch, der sie, so gestand sie sich ein, überhaupt nicht reizte?
Bernd schien ihr Zögern zu bemerken und wandte sich ihr wieder zu. »Selma, du kannst nicht einfach so tun, als gäbe es dein Leben nicht«, sagte er eindringlich. »Du hast eine Verantwortung. Gegenüber deinem Vater, der Firma und nicht zuletzt mir gegenüber.« Die letzten Worte sagte er sehr leise, und sie erkannte, dass sich hinter der Maske des smarten Geschäftsmannes ein verletzlicher Mensch befand. Er tat ihr leid, trotzdem stand ihr Entschluss fest. Sie konnte nicht mit ihm kommen. Und, was wichtiger war, sie wollte es nicht.
»Ich habe hier auch eine Verantwortung. Die Leute lieben meine Torten …«, setzte sie an.
»Du bist Erbin einer großen Firma, Selma«, fiel Bernd ihr ins Wort.
»Ich bin Bäckerin!«, rief sie verzweifelt aus.
»Das bist du nicht«, widersprach er. »Du bist keine Bäckerin, Selma, das ist nur ein Traum.«
Ja, vielleicht hat er recht, dachte Selma. Es war ein Traum, aus dem sie nicht aufwachen wollte, auch wenn die Realität sie dazu zwang. Von heute auf morgen. Sie spürte, wie die Traurigkeit sie zu überwältigen drohte.
»Ich brauche Zeit«, bat sie mit erstickter Stimme. »Ich kann nicht einfach so hier weggehen. Das hier …« Sie brach ab, als sie den Schmerz in seinem Gesicht sah. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Das hier ist das einzige Leben, das ich kenne«, schloss sie leise.
»Dein Leben findet in Stockholm statt«, sagte er hart.
Sie schüttelte den Kopf. »Wenn das so wäre, müsste ich mich doch daran erinnern!«
Aber Bernd war offensichtlich nicht bereit, dies als Argument gelten zu lassen. »Du brauchst professionelle Hilfe«, stellte er fest. »Ich rufe sofort Professor Mellberg an.«
Lucia beobachtete mit wachsender Verzweiflung, wie er sein Handy zückte. Verstand er denn gar nicht, worum es ihr ging? »Noch nicht!«, flehte sie.
»Und was ist mit deinem Vater?«, rief er erregt aus. »Du bist seine einzige Tochter. Soll ich ihm sagen, dass er dir egal ist?«
Selma konnte sich durchaus vorstellen, was ihr Vater im Moment durchmachte, auch wenn sie keine Erinnerung an ihn hatte, trotzdem hatte sie keine Wahl. »Sagen Sie ihm, ich fahre bald zu ihm«, sagte sie mit erstickter Stimme.
Bernd sah sie mit großen Augen an. Er schien noch etwas sagen zu wollen, schloss aber den bereits geöffneten Mund wieder. Seine Miene wirkte resigniert, und er schien endlich einzusehen, dass sie im Moment nicht mit ihm nach Stockholm fahren würde. Ein wenig steif verabschiedete er sich von ihr, überreichte ihr aber noch eine Visitenkarte, auf deren Rückseite er die Adresse ihres Vaters schrieb. »Da du ja offensichtlich vergessen hast, wo du hingehörst«, sagte er dabei bitter.
Als sein Wagen davonfuhr, spürte sie entgegen aller Hoffnung keine Erleichterung in sich. Es war etwas ins Rollen gekommen, das sie nicht mehr aufhalten konnte.
Greta erreichte ihren Sohn gerade, als Magnus aus dem Rathaus trat. In den Händen hielt er einen Korb mit Bauzeichnungen, er hatte es offensichtlich eilig, so wie er über den Platz zu seinem Wagen hastete.
Magnus sah kaum auf, als seine Mutter ihn ansprach. Er öffnete den Kofferraum und stellte den Korb hinein.
»Ist sie wirklich die Alander-Tochter?«, fragte Greta atemlos. »Ich kann das gar nicht fassen.«
»Ist aber so«, erwiderte Magnus kurz angebunden. Mit einem lauten Knall schlug er den Kofferraumdeckel zu.
»Ich bin so ein Idiot!«, stieß er wütend hervor.
»Du bist kein Idiot«, sagte Greta beschwichtigend.
»Als ob so etwas gut gehen könnte«, sagte Magnus aufgebracht. »Ich hätte wissen müssen, dass genau so etwas passiert.«
Greta betrachtete ihren Sohn beunruhigt. So wütend hatte sie ihn selten gesehen. »Und was willst du jetzt machen?«, fragte sie.
Magnus
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