Windbruch
umfangreichen Wunschzettel stellten.
„Wie geht es dir, Tomke?“, fragte
Sonja.
„Soweit ganz gut“, antwortete
Tomke und bot ihr eine Mandel an. „Gott sei Dank sind meine Retter ja gerade
noch im rechten Moment gekommen.“ Bei diesen Worten strahlte sie Maarten an,
und in ihren Augen standen soviel Glück und Zuversicht, dass er sie gerührt in
den Arm nahm und ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn drückte.
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah
Sonja von einen zum anderen. „Wie ich sehe, habt ihr euch endlich getraut“,
sagte sie dann.
„Sag nicht, du hast auch nur
darauf gewartet“, erwiderte Tomke verdutzt.
„Jeder hat nur darauf gewartet“,
sagte Sonja und verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen. Dann lachte sie
und schlang die Arme um ihre beiden Freunde. „Ich wünsche euch alles Glück der
Welt!“, flüsterte sie.
Maarten spürte, wie ihm ein
ganzer Felsbrocken vom Herzen fiel. Diese kleine Geste bedeutete ihm mehr als
tausend Worte. Offensichtlich hatte Sonja ihm verziehen.
Als die Kinder sich etliche
Minuten später und nach viel gutem Zureden endlich vom Weihnachtsmann lösen konnten,
verabschiedete sich Sonja und ging mit ihren beiden Jungen Richtung Neutorstraße
davon.
„Ich würde nun auch gerne nach
Hause gehen“, sagte Tomke, „ich krieg nämlich so langsam kalte Füße.“
„Geht mir genauso“, nickte
Maarten, der seine Zehen kaum noch spürte.
Sie machten sich eng umschlungen
auf in Richtung Parkplatz, als sie in der Großen Straße plötzlich eine düstere
Stimme hinter sich hörten.
„Na, wenn Sie hier schon wieder
über den Weihnachtsmarkt springen können, dann können Sie ja am Montag auch wieder
zur Arbeit kommen.“
Maarten und Tomke drehten sich um
und sahen in das finster blickende Gesicht von Hayo Rhein.
„Frau Coordes ist
krankgeschrieben“, sagte Maarten knapp.
„So krank sieht sie aber gar
nicht aus“, bemerkte Rhein in süffisantem Tonfall und musterte Tomke mit
gekräuselten Lippen von oben bis unten.
„Sie haben ja sicher gehört, was
sie durchgemacht hat“, presste Maarten warnend hervor.
„Wieso, ist doch eigentlich
nichts gewesen, wie ich gehört habe.“ Er nutzte den Moment, als Tomke und
Maarten ihn verdutzt und sprachlos anstarrten, und fügte mit einem kühlen
Grinsen hinzu: „Nun, wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich Hufschmidt sogar
verstehen.“
Er hatte nicht einmal mehr Zeit,
diese Worte zu bereuen, denn nur den Bruchteil einer Sekunde später landete Maartens
geballte Faust krachend in seinem Gesicht und brach ihm das Nasenbein. Rhein
taumelte und fiel rücklings in den Schnee. Um sie herum ging ein Raunen durch
die Menge, und eine Frau kreischte hysterisch auf.
„Kommen Sie mir nie wieder unter
die Augen, Rhein!“, zischte Maarten wutentbrannt und sah mit blitzenden Augen
auf ihn hinunter. „Und sollten Sie mir jemals entgegenkommen, dann wechseln Sie
besser die Straßenseite, sonst kann ich für nichts garantieren. Und jetzt
schieben Sie ihre verschissene Visage sofort aus meinen Blickfeld oder ich
schwöre, ich setzte noch einen drauf!“
Rhein stand schwankend auf und
hielt sich die schmerzende Nase. „Ich mache Sie fertig, Sieverts“, keuchte er.
„Ich schwöre ...“
Doch was er schwor, sollte nie
jemand erfahren. Denn als Maartens Faust erneut ausfuhr, wurde es für einige
Augenblicke schwarz um ihn, und er sackte benommen in sich zusammen.
Verfroren betraten Maarten und
Tomke wenig später seine Wohnung, und Maarten kochte schnell Wasser für einen
heißen Grog auf. Er füllte zwei Gläser zu einem Viertel mit Rum, goss das noch
sprudelnde Wasser darüber und griff nach den Zuckerwürfeln.
„Wie viel Zucker möchtest du?“,
rief er aus der Küche zu Tomke hinüber, die es sich im Wohnzimmer gemütlich
machte.
„Zwei Stück, bitte“, antwortete
sie und kuschelte sich auf dem Sofa in eine warme Decke ein.
Minutenlang saßen sie
aneinandergeschmiegt einfach nur schweigend da und genossen es, die Wärme des
Grogs durch ihren Körper fließen zu spüren.
„Ich würde gerne ins Bett gehen“,
sagte Tomke schließlich schläfrig und gähnte.
„Ich habe die Couch im
Arbeitszimmer für dich bezogen“, antwortete Maarten und küsste sie auf die
müden Augen.
Doch Tomke war mit einem Schlag
wieder hellwach. „Das ist jetzt nicht dein Ernst!“, rief sie empört und sah ihn
entsetzt an. „Ich soll in deinem Arbeitszimmer schlafen?“
„N-nein“, stammelte er irritiert,
„d-du kannst natürlich
Weitere Kostenlose Bücher