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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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jemand, der die Nachrichten verfolgt. Aber in der letzten halben Stunde
haben die wohl nichts Neues mehr erzählt.“
    Maarten zerrte an seiner
Jackentasche und zog dann sein Handy hervor. Wohl zum hundertfünfzigsten Mal an
diesem Tag versuchte er, Tomke zu erreichen. Aber wieder hatte er nur ihre
Mailbox dran. Es war zum Verrücktwerden.
    Er fluchte laut vor sich hin und
war kurz davor, sein Handy ins Hafenbecken zu pfeffern, als sich ihm plötzlich
eine Hand auf die Schulter legte. Er drehte sich um und schaute in das
wettergegerbte Gesicht von Fischer Hinni, der wie immer seine Pfeife paffte.
„Noch ungefähr `ne Stunde“, sagte er ruhig, „dann lässt der Wind nach und sie
können auslaufen.“ Er zog einmal kräftig an seiner Pfeife und stieß dann den
Rauch aus. „Werden dann noch `ne Weile brauchen, bis sie vor Ort sind, bei
diesem Seegang. Aber ich hab gehört, dass der erste Seenotrettungskreuzer
schon`n Versuch macht, zur Unglücksstelle vorzudringen.“
    „Was meinst du, was da passiert
ist?“, fragte Maarten, obwohl er wusste, dass ihm niemand darauf eine
befriedigende Antwort würde geben können.
    „Kann keiner wissen“, sagte Hinni
dann auch prompt und hob die Schultern. „Vielleicht nix, vielleicht `ne Katastrophe.
Wer weiß das schon.“
    „Hast du den Fischern gesagt,
dass es in einer Stunde soweit ist?“
    „Jo.“ Hinni wies mit der Hand auf
die schaukelnden Kutter, auf denen sich junge und ältere Männer so schwankend bewegten,
als wären sie allesamt betrunken. „Sie bringen jetzt Decken, Wasser, heiße
Getränke und so an Bord.“ Wieder schlug er Maarten mit der Hand auf die
Schulter. „Glaub mir, mien Jung, sie geben ihr Bestes.“
    Simon zog Maarten in eine
windgeschützte Ecke und zeigte auf einen älteren Mann, der an einem der Kutter
über Deck wankte. „Er hat beide Söhne auf der Plattform. Er will unbedingt mit
raus, obwohl er schon über siebzig ist. Seine Frau sitzt zuhause und steht
Todesängste aus.“ Er sah Maarten ins Gesicht. „Sei froh, dass du wenigstens
niemanden da drüben hast, der dir besonders am Herzen liegt.“
    „Tomke“, sagte Maarten kaum
hörbar, und plötzlich liefen ihm Tränen über die Wangen. Er sah ihr hübsches,
lachendes Gesicht vor sich. Warum nur hatte er erst viel zu spät bemerkt, dass
er sie liebte? Aber schon im nächsten Moment schalt er sich einen Esel.
Schließlich hatte er überhaupt keine Ahnung, ob ihr was passiert war.
Vielleicht saß sie ja auch trocken und gesund in einem der Büros und trank eine
Tasse Tee. Aber, so sehr er sich das auch versuchte einzureden, der Stachel der
Ungewissheit blieb.
    „Was?“ Simon sah ihn fragend an.
    „Ach nichts“, winkte Maarten ab.
Er konnte und wollte jetzt nicht über Tomke reden.
    Es dauerte
noch bis in die frühen Morgenstunden, bis schließlich die ersten Meldungen von
der Windlady II durchsickerten. Als erstes war ein Rettungskreuzer vor
Ort gewesen, hatte aber in der Dunkelheit zunächst nicht viel ausrichten
können, sondern hatte die Unglückstelle lediglich umkreist und versucht, eine
Bestandsaufnahme zu machen und nach Lebenszeichen zu suchen. Schon bald war ein
zweiter Kreuzer hinzu gestoßen und gemeinsam hatten sie festgestellt, dass der
Schaden an der Plattform immens war. Im Radio hatte es wenig später geheißen:
    „Der
Schreck fuhr der Besatzung in die Glieder, als sie feststellen mussten, dass
die tonnenschwere Gondel der Windkraftanlage auf die Plattform gestürzt war und
mindestens die Hälfte der Aufbauten nun wie eine Trümmerlandschaft vor ihnen
lag. Eines der an der Gondel befestigten Rotorblätter hatte sich wie der Zahn
eines Vampirs durch die Plattform hindurchgebohrt, die anderen zwei
Rotorblätter streckten sich, wie um göttlichen Beistand bittend, in den
Himmel.“
    Nach dieser Meldung herrschte in
der Greetsieler Kneipe, in der sich die Menschen nach dem Auslaufen der
Fischkutter versammelt hatten, Grabesstille. Keiner sagte ein Wort, alle
starrten mit fassungslosen Gesichtern auf das Radio, als könnte es sich bei dem
Verlesen der Nachrichten nur um ein Versehen gehandelt haben und schon im
nächsten Moment müsse zwangsläufig das Dementi folgen. Aber nichts geschah.
Erst nach wenigen Minuten waren die ersten Schluchzer zu hören, vereinzelt
wurde leise getuschelt. Der Wirt füllte wortlos mehrere Dutzend Schnapsgläser
mit Doornkaat und verteilte sie auf den Tischen.
    Maarten starrte mit stumpfen
Blick vor sich hin, hob mechanisch das Glas an die

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