Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
Vom Netzwerk:
Bolutu und las in einem Buch aus der Schiffsbücherei: Giftiges Ungeziefer auf Alifros. Am anderen Ende plauderte Syrarys vergnügt mit einer Gruppe Frauen, darunter Pacu Lapadolma. Alle tranken Wein. In den Schatten dahinter stand ein Teerjunge mit vorstehenden Zähnen, den alle nur Trauerkloß nannten, mit einem Weinkrug in der Hand und bewegte mit einer Schnur den Fächer an der Decke. Hin und wieder streckte eine der Frauen ihren Becher aus, dann sprang der Junge vor und füllte ihn.
    Pazels Haar war so sauber, dass es sich anfühlte, als gehörte es ihm nicht. Fiffengurt hatte ihn eigenhändig in eine Wanne mit Kalklauge gesteckt. »Du sollst die Friedensbraut unterrichten!«, sagte er. »Dein Aussehen fällt auf alle Jungen auf diesem Schiff zurück. Stell dir vor, eine Laus aus deinem Haar würde auf Lady Taschas Kopf springen.«
    Jervik hatte ihn als eitlen Laffen bezeichnet – aber nur ganz leise. Er hatte seinen Schrecken über Pazels Anfall und sein unnatürliches Kauderwelsch noch nicht überwunden. Aber das Messer von Pazels Vater und den Elfenbeinwal seiner Mutter rückte er trotzdem nicht mehr heraus – er wollte nicht einmal eingestehen, dass er sie hatte. »Sie liegen noch auf der Eniel, zusammen mit vielen von meinen Sachen«, hatte er Pazel erklärt – aber dabei hatte er gefeixt und seinen Spießgesellen zugezwinkert.
    »Deine Schwester war vermutlich nicht sehr gut in Sprachen«, sagte Tascha, »sonst hätte ihr der Zauber die gleiche Gabe verliehen wie dir, richtig? Aber irgendetwas muss sie doch gut gekonnt haben.«
    »Viele Dinge«, sagte Pazel. »Ich fand sogar, sie könnte alles gut. Neda war stark, so wie du. Sie konnte sehr schön singen und kannte tausend Lieder. Und sie durchschaute die Menschen, daran erinnere ich mich am besten. Ich konnte sie nicht täuschen, und sonst konnte das auch niemand. Manchmal machte sie das traurig. Aber wenn der Zauber irgendetwas bewirkte – außer, dass er sie fast umgebracht hätte –, konnten wir es nicht feststellen, bevor sie weglief. Ich frage mich manchmal, ob sie unserer Mutter jemals verziehen hat und ob sie noch an mich denkt.«
    »Aber natürlich. Rede keinen Unsinn.«
    »Ich weiß nicht einmal, ob sie noch lebt.«
    Tascha biss sich auf die Unterlippe. Pazel starrte auf die Seite mit dem Mzithrin-Text nieder. Am anderen Ende plauderte Pacu Lapadolma vergnügt über den Geburtstag des Kaisers, der zwar erst in zwei Wochen gefeiert, aber bereits jetzt mit lebhafter Vorfreude erörtert wurde. Pacus Großtante hatte dem Schiff eine ›Fest-Kiste‹ spendiert, die am fraglichen Abend geöffnet werden sollte und mit Sicherheit ausgefallene Scherzartikel enthielt.
    »Sprechen Sie die Worte laut aus, Lady Tascha«, verlangte Pazel endlich. »›Mein Gemahl soll niemals hungern, solange ich lebe.‹«
    »Blur baffle – oh, können die nicht etwas leiser sein!« Tascha warf einen giftigen Blick auf Pacu. »Sie hat eine Stimme wie ein beschwipster Gockel. Wir sollten in meine Kabine gehen.«
    »Glänzende Idee«, bemerkte Pazel trocken.
    Seit dem Tag seines Hirnkrampfs waren drei Wochen vergangen. Botschafter Isiq hatte nicht mehr mit Pazel gesprochen. Wenn sie sich an Deck begegneten, tat er so, als sähe er den Teerjungen nicht. Hercól hatte Pazel empfohlen, sich schriftlich bei ihm zu entschuldigen. Aber wie entschuldigte man sich dafür, dass man die Wahrheit gesagt hatte? Jedenfalls hatte der Botschafter diesem Unterricht schließlich widerstrebend zugestimmt. Er hatte sich sogar in irgendeiner Form mit Rose über Pazels Pfandschuld geeinigt. Isiq hatte kaum eine andere Wahl gehabt. Ohne Doktor Chadfallow gab es außer Pazel niemanden an Bord, der Mzithrin sprach – und Tascha musste zumindest das Eheversprechen lernen.
    Die Tür ging auf, und Hercól betrat den Salon. Er lächelte zu Tascha herüber, steuerte aber sofort auf Syrarys zu, verneigte sich und reichte ihr ein in Mull gewickeltes Päckchen. Syrarys nickte kurz und steckte es weg.
    Erst jetzt trat Hercól zu Tascha und Pazel.
    »Du hast deine Knöpfe wiedergefunden, Pathkendle«, sagte er. »Erstaunlich, dass sie nach der langen Zeit niemand gestohlen hatte.«
    »Ich hatte Glück«, sagte Pazel und fasste an seinen Mantel. In Wirklichkeit handelte es sich um sehr viel mehr als nur einen Glücksfall: Die Messingknöpfe hatten am Morgen nach seinem Hirnkrampf in seiner Tasche gesteckt. Er hatte sich bei Neeps aufs Wärmste bedankt, aber der hatte gar nicht gewusst, worum es ging.

Weitere Kostenlose Bücher