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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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bezahlen. Über die Meinung seiner Exzellenz zu Ihrer Handlungsweise werden wir uns ein anderes Mal unterhalten. Sie können gehen.«
    Uskins verließ beschämt die Kabine. Er schäumte vor Wut. Rose sah Pazel unverwandt an, und Pazel erwiderte den Blick mit großen, ungläubigen Augen. Er sollte dem Botschafter vorgestellt werden? Was sollte er sagen? Was erwartete Rose von ihm?
    Der Kapitänsdiener brachte einen Teller mit Kulbeeren und Mandeln und stellte ihn mit einer Verbeugung auf den Schreibtisch. »Keinen Tee«, sagte der Kapitän, bevor der Mann fragen konnte, und schickte ihn mit einer Handbewegung aus der Kabine. Dann nahm er einen Schlüssel aus der Tasche und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Ohne den Blick nur einmal von Pazel zu wenden, schloss er eine tiefe Schublade auf der rechten Seite auf und holte etwas so Schreckliches heraus, dass Pazel nur mit Mühe einen Aufschrei zurückhielt.
    Es war ein Käfig. Fast wie ein Vogelkäfig, aber mit dickeren Stangen und einem kleinen, soliden Vorhängeschloss. Darin lag ein scheinbar lebloses Bündel aus Lumpen, Haaren und Haut. Doch plötzlich bewegte es sich und stöhnte. Pazel wurde von Übelkeit befallen. Das Ding war ein Ixchel – alt, ausgemergelt und unbeschreiblich verdreckt. Die Augen blickten leer, der weiße Bart war schmierig und verklebt; die Arme, die er schützend um den Kopf gelegt hatte, waren mit offenen Geschwüren bedeckt. Ein halb zerfallenes Lendentuch war seine einzige Bekleidung. Als Rose den Käfig auf seinen Schreibtisch stellte, entrollte der alte Ixchel seinen zitternden Körper, stöhnte noch einmal herzzerreißend auf und wünschte sie alle beide in die Neun Feurigen Höllen.
    Rose hörte davon natürlich nichts. Er nahm eine Kulbeere und zwei Mandeln und steckte sie zwischen den Stangen hindurch.
    »Pathkendle«, sagte er nachdenklich. »Du bist im richtigen Alter, und die Hautfarbe passt auch. Bist du tatsächlich Kapitän Gregorys Sohn?«
    Pazel nickte. Er stand immer noch unter Schock. Der Ixchel schleppte sich auf Händen und Knien durch den Unrat auf dem Käfigboden und machte sich heißhungrig über die Kulbeere her.
    »So, so«, sagte Rose. »Der Sohn eines Verräters. Gregory war ein guter Seemann – und auch an Mut fehlte es ihm nicht. Nahm es mit den Piraten von Simja auf, entschlüpfte den Kriegsschiffen durch die Talturi-Riffe. Nur wenige auf dem Achterdeck verstanden ihr Handwerk besser als Gregory Pathkendle. Und er wusste sich Freunde zu machen. Waren er und der alte Chadfallow nicht ein Herz und eine Seele?«
    Pazel zuckte unwillkürlich zusammen. Rose nickte zufrieden.
    »Siehst du? Dein Vater war seiner Zeit voraus – er spielte ein Großreich gegen das andere aus. Aber auch er hat Fehler begangen. Er glaubte, das Mzithrin würde den ersten Schlag führen, und deshalb lief er über. Wer weiß? Hätte er Recht behalten, dann wäre er heute vielleicht ein Bürger Arquals. Aber bestimmt kein Seemann mehr. Der Erhabene lässt keinen Verräter unter seiner Flagge fahren.«
    »Mein Vater ist kein Verräter, Sir«, sagte Pazel und ballte hinter dem Rücken die Fäuste.
    »Junge, er ist der greimige Inbegriff eines Verräters. Du hast nur Glück, dass er nichts Besseres als Ormael zu verraten hatte. Wäre Gregory Offizier der Kaiserlichen Flotte gewesen, man hätte alle seine Söhne, Töchter, Neffen und Verwandten ohne Ausnahme ans Kreuz geschlagen.«
    »Er wurde gefangen genommen.« Pazel musste sich beherrschen, um den Kapitän nicht wütend anzustarren.
    »Natürlich. Aber dann kam er mit seinen Häschern zurückgesegelt und führte Krieg gegen die eigenen Landsleute.«
    »Das Mzithrin hat keinen Krieg gegen mein Land geführt, Sir. Das hat nur Arqual getan.«
    »Falsch«, sagte Rose. »Das Reich hat niemals Krieg gegen Ormael geführt. Es hat Ormael in einem Stück hinuntergeschluckt wie ein Lammkotelett.«
    Pazel widersprach nicht. In diesem Moment hasste er Rose mehr als Uskins, mehr als Swellows oder Jervik, sogar mehr als die Soldaten, die in seinem Elternhaus gewütet hatten. Der alte Ixchel hörte jetzt aufmerksam zu, obwohl er weiter an der Kulbeere knabberte.
    »Du bist wohl ein Glückspilz, wie?«, fragte Rose. »Die meisten jungen Ormalier sind bei der Arbeit in den Silberminen der Chereste oder beim Zuckerrohrschneiden in Simja ums Leben gekommen oder wurden an die Freibeuter von Urnsfich verkauft. Und du sollst nun vom alten Isiq persönlich empfangen werden.«
    »Jawohl,

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