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Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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anderen Litauer im Raum wechselten einen Blick, als ob die Geschichte böse Erinnerungen in ihnen wachriefe.
    »Er hielt ein ganzes Bündel davon hoch«, fuhr Milosz fort und demonstrierte es mit einer Hand. »Dann stopfte er das Geld zurück in die Tasche und schulterte sie.«
    Wisting lehnte sich auf dem Sofa zurück. Bisher war die Geschichte, die ihm erzählt wurde, so offenkundig, dass er auch selbst darauf hätte kommen können. Die Litauer auf ihrer Einbruchstour waren zufällig in Rudi Mullers Kokaindeal geraten. Die Gartentruhe vor der verlassenen Hütte war vermutlich der verabredete Übergabeort.
    »Dann passierte alles ganz schnell und im Dunkeln«, fuhr Teodor Milosz fort. »Zwei maskierte Männer kamen aus dem Wald gerannt. Sie riefen irgendwas. Darius lief in die entgegengesetzte Richtung, zum Meer.«
    Wisting nickte. Rudi Muller und Trond Holmberg hatten versteckt im Wald gelegen und darauf gewartet, dass die Geldtasche gegen das Kokain ausgetauscht wurde.
    »Wir liefen hinterher, aber es war alles so dunkel. Wir hatten natürlich Taschenlampen, aber die nützten kaum etwas. Die leuchten nur ein kurzes Stück voraus und hinterher sieht man weniger als vorher. Außerdem verrät man damit, wo man ist.«
    Teodor Milosz wischte die Abschweifung mit einer Handbewegung weg.
    »Valdas lief voraus«, erklärte er und nickte dem Mann zu, der Wisting überfallen hatte. »Ich und Algirdas waren direkt hinter ihm, aber Algirdas stolperte und fiel hin und Valdas verschwand in der Dunkelheit vor uns.«
    Valdas Muravjev gab einen Kommentar ab, der nicht übersetzt wurde.
    Teodor Milosz erhob sich und ging ein paar Schritte auf und ab, ehe er weitersprach. »Dann hörten wir Schüsse«, sagte er. »Viele Schüsse.«
    »Hatte Darius die Pistole?«
    Milosz starrte Wisting an, ohne zu antworten.
    »Die Sie aus einer der Hütten in Tj ø me gestohlen haben, zwei Tage davor«, erinnerte Wisting ihn. »Wir haben sie gefunden. Sie lag zusammen mit Darius im Boot.«
    Teodor Milosz nickte. »Darius hatte sie gefunden. Sie lag in einer Nachttischschublade, aber er war nicht der Einzige, der geschossen hat. Die Schüsse gingen hin und her, direkt vor uns.«
    Der große Mann fuchtelte mit den Armen, um zu zeigen, was für ein Schusswechsel das gewesen war.
    »Algirdas und ich suchten Deckung neben dem Weg. Wir hatten keine Waffen, wir konnten nichts tun.«
    Valdas Muravjev unterbrach ihn erneut. Dem Mann fiel es offenbar leichter, Englisch zu verstehen, als selbst zu sprechen.
    »Valdas glaubte, Darius vor sich auf dem Weg zu sehen«, übersetzte Teodor Milosz.
    »A man with a bag«, erklärte Muravjev. Seine aufgerissenen Augen gaben seinem Gesicht einen verwirrten und verzweifelten Ausdruck.
    Milosz setzte sich wieder und hob eine Hand, wie um zu sagen, dass er die Geschichte in seinem eigenen Tempo erzählen wollte.
    »Valdas suchte Deckung neben dem Pfad und ging weiter vorwärts, um zu dem Mann zu gelangen, der direkt vor ihm war, aber es war nicht Darius. Das war ein anderer.«
    »War es einer der Männer, die Darius jagten?«
    Muravjev schüttelte den Kopf. »Keiner von denen. Er trug andere Kleidung und er hatte auch keine Maske auf.«
    Wisting strich sich übers Kinn. Die Details der Geschichte ließen sich interpretieren und in das einflechten, was ihnen bereits über den Fall bekannt war. Der Mann auf dem Pfad war höchstwahrscheinlich der Drogenkurier gewesen, der zehn Kilogramm Kokain bei sich trug.
    »Ich hatte die Autoschlüssel«, fuhr Teodor Milosz fort. »Algirdas und ich gingen zum Wagen zurück. Wir dachten, dass Darius und Valdas vielleicht dasselbe getan hatten, und wir mussten schleunigst verschwinden. Aber sie waren nicht dort.«
    »War da noch ein anderes Auto?«
    Der Litauer nickte. »Auf einem Platz ein Stück entfernt stand noch ein Auto. Ein Golf, glaube ich.«
    Er wandte sich an Algirdas und fragte ihn. Der andere nickte. »Ja, es war ein schwarzer VW Golf.«
    Wisting schluckte. Das war Lines Auto.
    »Darius’ Telefon lag im Wagen, deshalb konnten wir ihn nicht anrufen«, erzählte Teodor Milosz weiter. »Aber wir sprachen mit Valdas. Er sollte weiter nach Darius suchen, während wir oben an der Hauptstraße im Auto auf sie warten wollten.«
    Muravjev machte einige Bemerkungen, die nicht übersetzt wurden.
    »Wir hatten lange gewartet, vielleicht eine Stunde, als ein Polizeiauto kam. Wir mussten weg. Abgemacht war, dass Valdas sich im Wald verstecken und warten sollte, bis wir den Wagen ausgeladen

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