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Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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tauchte das Bild eines zerknüllten Kassenzettels auf. Die Tinte war auf dem nassen Papier zerflossen. Die Buchstaben waren miteinander verschmolzen und nicht zu entziffern.
    »Der wurde neben dem Fußweg hinunter zur Hütte gefunden«, erklärte Mortensen. »Er hat nicht sehr lange draußen gelegen, aber lange genug, um Schaden zu nehmen. Ich habe ihn in den Vakuumbehälter gelegt. Hoffentlich wird der Text deutlicher, wenn das Papier gefriergetrocknet ist.«
    Nils Hammer schüttelte den Kopf und betrachtete das große Foto aus zusammengekniffenen Augen. »Ich glaube, da steht ›Würstchenmenü‹«, sagte er. »Das ist sicher ein Kassenbon von der Tankstelle, den jemand von der Hundestaffel verloren hat.«
    Sein Kommentar löste Gelächter aus.
    »Wie geht’s mit dem Videoprojekt voran?«, erkundigte sich Wisting.
    Hammer setzte kurz die Kaffeetasse an die Lippen. Das Sicherstellen der Überwachungsvideos war seine Aufgabe.
    »Wir sind dabei, die Videos zu besorgen, aber das ist eine Mordsarbeit. Ich habe Kontakt zu allen Tankstellen in der Stadt aufgenommen, damit die Bänder nicht gelöscht werden. In einigen Tankstellen können die Beschäftigten mit der Überwachungsanlage umgehen, in anderen müssen sie darauf warten, dass jemand von der Wachgesellschaft kommt, der das kann.« Er nahm wieder einen Schluck aus der Tasse. »Und dann ist unser Mautstationsprojekt ins Stocken geraten. Oder besser gesagt, da geht im Moment nichts mehr.«
    »Ach ja?«
    »Das Kraftfahrzeugregister ist wegen Wartungsarbeiten zurzeit nicht erreichbar. Erst morgen Vormittag wieder.«
    Wisting merkte, wie seine Gereiztheit wuchs. Er war es gewohnt, dass die überalterten Computersysteme, mit der sie bei der Polizei arbeiteten, Ärger machten. Aber wenn sie sich an einem kritischen Punkt der Ermittlung befanden, fiel es ihm schwer, geduldig zu sein.
    Er setzte die Besprechung fort.
    Torunn Borg war zusammen mit Benjamin Fjeld in Oslo gewesen. Wisting ließ den jungen Hospitanten berichten, was die Zusammenarbeit mit der Osloer Polizei ergeben hatte.
    »Immerhin ist die Leiche jetzt in der Rechtsmedizin«, erklärte Fjeld. »Die Obduktion beginnt morgen früh, aber ich denke, wir sollten keine großen Erwartungen haben, dass sie uns Antworten liefert. Die Untersuchung des Autos hat auch wenig ergeben. Es wurden Spuren von brennbarer Flüssigkeit gefunden, aber das ist keine Überraschung, denn der Wagen wurde ja mutwillig in Brand gesteckt.«
    »Zeugen?«
    »Nur die Wanderer, die das Feuer gemeldet haben. Wir haben mit der Laborassistentin gesprochen, die den Leichenwagen vor dem Rikshospitalet gesehen hat. Sie kann nicht mehr dazu sagen als eben das. Sie hat das Auto von der Seite und teils von hinten gesehen, aber nicht, wer am Steuer saß.«
    »Irgendetwas Neues über den Fahrer des Bestattungsinstituts?«
    »Nein, und das ist eigentlich merkwürdig. Er kann sich ja nicht einfach in Luft aufgelöst haben.«
    »Was machen wir damit?«
    »Wir haben Kontakt mit dem Arbeitgeber und mit seiner Familie und wir haben eine offizielle Vermisstenanzeige aufgenommen.«
    Wisting spürte, wie die Ungewissheit im Zusammenhang mit dem Fahrer ein leichtes, ziehendes Gefühl von Unruhe in ihm hervorrief. Irgendetwas stimmte da nicht. Aber so war es schon den ganzen Tag lang gewesen. Nichts stimmte, und ihre Zeit ging damit drauf, nach dem Unbekannten zu suchen. Blieb nur zu hoffen, dass er und die Kollegen des Ermittlerteams wenigstens gut schlafen konnten und dass der morgige Tag ihnen mehr Antworten brachte.

19
    Wisting fuhr durch die Dunkelheit. Seine Gedanken glitten über die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden hinweg wie ein Anker, der über Sandboden gezogen wird und nirgends Halt findet.
    Seine Gedankenflut beruhigte sich, als er sich seinem Haus in Stavern näherte. Erst als er in die Einfahrt bog, fiel ihm ein, dass er seine Tochter hätte anrufen müssen. Er blieb im Auto sitzen und wählte ihre Nummer.
    »Hallo«, sagte er. »Wie geht’s dir?«
    »Gut«, antwortete Line. »Suzanne hat eben angerufen und dasselbe gefragt. Sie hofft, dass du bald nach Hause kommst.«
    »Ich bin gerade auf dem Weg ins Haus«, sagte er und stieg aus dem Auto. »War es sehr schmutzig dort?«
    »Ach nein. Es roch ein bisschen muffig, aber jetzt riecht es überall nach grüner Seife.«
    »Hast du mit Tommy gesprochen?«
    »Ja, er hat vorhin angerufen.«
    »Was wollte er?«
    »Ich glaube, er weiß nicht, was er will.«
    »Wann musst du wieder

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