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Wintergeister

Wintergeister

Titel: Wintergeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Linierung. Ich warf einen Blick auf die Namen über dem meinen und sah, dass die letzten Einträge im September erfolgt waren. War seitdem niemand mehr hier gewesen? Ich trug mich dennoch ein. Nachdem die Formalitäten erledigt waren, zog Madame Galy einen großen altmodischen Messingschlüssel von einem der sechs Wandhaken und nahm eine brennende Kerze vom Pult.
    »Par ici«
, sagte sie.

Chez les Galy
    I ch folgte Madame Galy die geflieste Treppe hinauf, wobei ich zweimal mit der Stiefelspitze an der Holzkante der Stufen hängen blieb.
    Auf dem ersten Absatz hob sie die Kerze etwas, um eine zweite Treppe zu beleuchten, und wir stolperten im Gänsemarsch hinauf, bis sie vor einer getäfelten Tür stehen blieb und sie aufschloss.
    »Ich lasse den Kamin anzünden.«
    Das Zimmer war bitterkalt, aber sauber und zweckdienlich eingerichtet, und wie im Erdgeschoss roch es auch hier nach Politur und Staub.
    Während Madame Galy mit der Kerze die Öllampen entzündete, schaute ich mich um. Ein kleiner Schreibtisch und ein Stuhl mit einem Sitz aus Rohrgeflecht standen gleich neben der Tür. Geradeaus nahmen zwei hohe Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten, eine ganze Wand ein. Linker Hand war ein altmodisches hohes Bett. Brokatvorhänge, wie meine Großmutter sie früher hatte, hingen schwer an Messingringen rings um das Bett. Ich prüfte die Matratze mit der Hand. Sie war klumpig und hart und fühlte sich feucht an, weil sie offensichtlich lange nicht genutzt worden war, aber sie würde mir genügen.
    An der gegenüberliegenden Zimmerwand stand eine wuchtige Kommode. Die Platte bedeckte ein Tischläufer aus zarter Spitze, auf dem eine große weiße Keramikschüssel mit einem Waschkrug darin stand. Über der Kommode hing ein goldener Facettenspiegel, dessen Glas an den Seiten verkratzt war.
    Der Schnitt an meiner Wange hatte begonnen zu brennen. Ich betastete die Wunde und spürte, dass sie bereits verkrustet war. Ich fragte, ob ich etwas Wundsalbe haben könne.
    »Der Unfall«, sagte ich, weil ich mich bemüßigt fühlte, eine Erklärung zu liefern. »Ich bin mit dem Kopf auf das Armaturenbrett geprallt.«
    »Ich werde Ihnen etwas bringen, das Sie auftragen können.«
    »Sehr freundlich von Ihnen. Da wäre noch etwas. Ich muss ein Telegramm an meine Freunde in Ax-les-Thermes schicken.«
    »Wir haben hier in Nulle kein Telegrafenamt, Monsieur.«
    »Dann vielleicht irgendwo in der Nähe? Oder hat hier jemand ein Telefon?«
    Madame Galy schüttelte den Kopf. »In Tarascon, natürlich, aber derlei Annehmlichkeiten gibt es in unserem Tal noch nicht.« Sie deutete auf den Tisch. »Sie können einen Brief schreiben, und ich schicke morgen früh einen Jungen damit nach Ax.«
    »Ax ist näher?«
    »Ein wenig, ja.«
    Mir schien das dennoch ein ziemlich weiter Weg zu sein, aber wenn das die einzige Möglichkeit war, was half es.
    »Danke«, sagte ich. Mich fröstelte. »Ich möchte Ihnen nicht zur Last fallen, aber ich musste leider meinen Koffer im Wagen lassen. Könnten Sie mir vielleicht etwas zum Anziehen borgen?«
    Madame Galy nickte. »Ich suche Ihnen ein paar Sachen raus, die Sie tragen können, bis Ihre Kleidung wieder trocken ist.« Sie stockte kurz. »Falls Sie zur
fête de Saint-Étienne
kommen möchten, Monsieur, die beginnt um zehn Uhr. Sie wären herzlich willkommen.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Madame, aber ich möchte nicht stören.«
    »Sie würden nicht stören, überhaupt nicht.«
    Madame Galy lächelte mich jetzt an, und trotz meiner Müdigkeit und der schmerzenden Knochen merkte ich, dass ich mich für sie erwärmte. Ihre Begeisterung war ansteckend.
    »Das ist die einzige Nacht, in der das ganze Dorf zusammenkommt«, fuhr sie fort, als würde sie aus einem Prospekt des örtlichen Fremdenverkehrsvereins zitieren. »Es ist Sitte, traditionelle Trachten zu tragen – Weber, Wollkämmer, Soldaten, sogar die guten Menschen –, was man möchte.«
    »Die guten Menschen?«
Les bons hommes
. Ich hatte diesen Ausdruck schon einmal gehört, wusste aber nicht mehr, wo oder wann.
    »Es ist die Nacht, in der wir alter und neuer Freunde gedenken. Derer, die noch unter uns sind, und derer, die von uns gegangen sind.« Ihre Stimme bebte leicht. »Derer, die verschwunden sind.«
    »Ich verstehe.«
    Damit unterschied sich dieses Dorf von den meisten anderen Orten, die ich besucht und wo ich den festen Vorsatz gespürt hatte, die jüngste Vergangenheit zu vergessen und in die Zukunft zu schauen. Dass Nulle seine

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