Winterkaelte
Glas stieg sie die Treppe hinauf und schloss die Schlafzimmertür hinter sich ab.
Erst jetzt fühlte sie sich einigermaßen sicher, doch gleichzeitig schuldig und schmutzig. Elena nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, streifte ihre Kleider ab und ließ sie einfach auf den Boden fallen.
Die Luft im Zimmer war abgestanden und stickig, doch das war ihr egal. Mit der Flasche stieg sie unter die Dusche, nahm einen weiteren Schluck und stellte das Wasser an.
Es war eiskalt, wurde jedoch schnell wärmer. Elena sank zu Boden. Wie Regen prasselte das Wasser aus der Dusche auf sie hinab, während sie leise zu weinen begann.
Es war ihre Schuld.
Es war immer ihre Schuld.
Bereits als sie klein war, war es immer ihre Schuld gewesen. Die Probleme mit ihren Eltern, die Entfremdung, der Rauswurf. Wenn ihr Vater wüsste, was sie jetzt tat. Er würde sie vermutlich nochmal aus seinem Haus werfen.
Sie erinnerte sich an ihre letzten Gespräche. Er hatte ihr vorgeworfen, sie wäre faul und zu nichts zu gebrauchen. Wenn sie ihren Freund nicht verließe und ihr Leben ernster nähme, dann würde er nie wieder ein Wort mit ihr reden.
»Dann gehe ich«, hatte Elena gesagt.
Ihre Mutter drehte ihr den Rücken zu. Sie zeigte keine Regung, als ihre einzige Tochter in ihr Zimmer ging, ihre Sachen packte und das Haus verließ.
Zwei Monate später hatte ein Privatdetektiv sie in Wien aufgespürt und wollte sie wieder nach Hause bringen, doch Elena weigerte sich. Sie entkam ihm, änderte rechtskräftig ihren Namen und war fortan Elena Hansen. Ihre Spur war damit verwischt und ihre Eltern würden sie nie wieder sehen. Außer sie sahen einen ihrer Filme, was Elena ein Schmunzeln entlockte.
Sie stellte sich das Gesicht ihres Vaters vor, der sich zu einem Porno einen runterholte und plötzlich seine Tochter dort entdeckte. Vielleicht sah er ihn sogar gemeinsam mit Mutter. Würden sie wohl weitermachen?
Elena nahm einen weiteren Schluck, stellte die Flasche vor die Dusche und wusch sich. Es half. Nach fünfzehn Minuten unter dem künstlichen Wasserfall fühlte sie sich wieder frisch und sauber.
Während sie sich vor dem großen Panoramaspiegel abtrocknete betrachtete sie ihren Körper. Ihre Brust war viel zu bleich, befand sie, es musste ein weitere Tattoo dort hin. Der Schmerz, würde sie für alles bestrafen, was sie falsch gemacht hatte.
Elena wickelte sich ein Handtuch um ihren Körper und ging ins Schlafzimmer. In der Dunkelheit war sie wieder allein mit ihren Gedanken. Eine leise Stimme sagte ihr, dass sie so viel falsch gemacht hatte und dass sie Phil dafür entschädigen musste. Sie durfte ihn nicht noch einmal provozieren. Das hatte er nicht verdient.
So sehr Elena versuchte die Stimme zu ignorieren, umso drängender wurde sie.
»W ER BRAUCHT DICH EIGENTLICH? «, fragte sie stumm und Elena wusste keine Antwort darauf, »D U BIST NICHT MEHR ALS EINE S CHLAMPE, DIE IHRE B EINE FÜR F REMDE BREITMACHT UND SICH NOCH DAZU DABEI FILMEN LÄSST. «
»Ich mag meinen Job«, erwiderte Elena leise, doch die Stimme in ihrem Kopf wollte das nicht hören.
»N EIN, NEIN, NEIN. D U BIST NUR EINE H URE. H URE VERDIENEN ES NICHT ZU LEBEN. D U SITZT AUF DEINEM GANZEN G ELD. A UF DEINEM ZUSAMMENGEHURTEN G ELD. «
»Sei ruhig«, wimmerte die junge Frau, doch die Stimme dachte nicht daran.
»D U S CHLAMPE HAST MIR NICHTS ZU BEFEHLEN. S CHAFFST ES JA NOCH NICHT EINMAL DICH SELBST AUS DEM W EG ZU RÄUMEN! I N M ÜNCHEN, DAS WAR DIE G ELEGENHEIT. D ANN WÄRE ENDLICH ALLES VORBEI! «
»Sei still!«
Elena schüttelte den Kopf und öffnete die Schublade ihres Nachttisches. Das silberne Kästchen schien von innen heraus zu leuchten. Beinahe zärtlich nahm sie es heraus und öffnete den Deckel.
Ihre Finger streichelten über die filigrane Arbeit, in der ein geschickter Handwerker das Blumenmuster ziseliert hatte. Doch die Schönheit der Schatulle war nur Nebensache. Der Inhalt war wichtig.
Die Hände zitterten, als sie den Beutel mit dem weißen Pulver darin öffnete. Elena war kaum dazu fähig das Pulver in eine Linie zu bringen, doch kurz darauf fanden sich zwei davon auf dem Nachttisch.
»D U WILLST MICH ALSO ZUM V ERSTUMMEN BRINGEN«, sagte die Stimme , » D OCH DAS WIRD DIR NIE GELINGEN. E S GIBT NUR EINEN W EG MICH LOSZUWERDEN! S PRING. S PRING! S PRING!!!«
Elena setzte das dünne Platinrohr an ihrer Nase an und sog die erste Line tief ein. Die zweite folgte am anderen Nasenloch.
»N ICHT GENUG! D U WIRST MICH NICHT LOS! «
Sie hielt sich
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