Winterkill
Ihren Binsenweisheiten«, lästerte Cavani und nahm einen großen Schluck von seinem Bier. »Tun Sie, was Sie für richtig halten. Wenn es uns Geld spart, bekommen Sie den Bonus, den Sie für Ihren aufwendigen Lebensstil brauchen; wenn nicht, landen Sie im See, okay?«
Die Tür des Nebenzimmers öffnete sich und der Neffe streckte seinen Kopf herein. » Scusi, Zio «, entschuldigte er sich in schlechtem Italienisch. Sein verstörter Blick verhieß nichts Gutes. »Du hast Besuch. Coleman und DiMaggio.«
Cavani entließ seinen Steuerberater mit einer unwirschen Handbewegung. »Wann hörst du endlich auf, dein holpriges Italienisch zu sprechen«, sagte er zu seinem Neffen. »Schick die Idioten rein!«
Frank Coleman und DiMaggio betraten das Zimmer wie zwei Schüler, die man zum Direktor beordert hatte. Coleman war der Größere der beiden, ein sehniger Bursche mit kantigen Gesichtszügen und grauen Augen. DiMaggio war etwas fülliger und schwerer und schien die meiste Kraft in seinen großen Händen zu haben. Seine platte Nase verriet den früheren Boxer.
Cavani dachte nicht daran, ihnen einen Stuhl anzubieten, und trank genüsslich von seinem kalten Bier. Erst dann sagte er: »Wieso kommt mir beim Anblick eurer erbärmlichen Visagen die Idee, ihr könntet versagt haben?« Erspießte eine Nudel auf, tunkte sie in die Sahne und schob sie sich in den Mund.
Coleman und DiMaggio überlegten krampfhaft, was sie als Entschuldigung vorbringen konnten. Viel war es nicht.
»Wir können nichts dafür, dass wir sie verloren haben«, sagte Coleman. Er wagte nicht, Cavani anzublicken. »Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände.«
»Das sagen die Politiker auch, wenn sie Mist gebaut haben. Was ist mit euch los? Ich habe euch den Auftrag gegeben, weil ihr bisher immer anständige Arbeit geleistet habt. Und weil ich für diesen Job jemand brauche, auf den ich mich verlassen kann. Habt ihr eine Erklärung für euer Versagen? Coleman? DiMaggio?« Er blickte sie nacheinander an. »Seid ihr schon so eingerostet, dass ihr nicht mal eine harmlose junge Frau aus dem Weg räumen könnt? Habt ihr Mitleid mit der kleinen Schlampe? Bezahle ich nicht genug? Was ist? Hat’s euch die Sprache verschlagen?«
»Wir hatten Pech, Boss«, sagte Coleman. »Als sie nach Hause kam, hatten wir gerade Carol in der Mangel. Die wollte uns nicht sagen, wo ihre verdammte Freundin steckt, also wurden wir ein wenig deutlicher. Wir hätten die Verräterin umlegen sollen.«
»Um Carol habe ich mich gekümmert«, unterbrach ihn Cavani, »die macht uns keinen Ärger mehr. Ganz im Gegensatz zu dieser Indianerin. Ihr wolltet kurzen Prozess mit ihr machen.«
»Das Wetter«, führte Coleman an. »In dem Schneesturm ist es nicht einfach, ein gerissenes Miststück wie diese Sarah zu verfolgen. Die kennt sich aus in der Stadt. Außerdem hatte sie Glück.«
»Geschwätz!«
»Ehrlich, Boss! Wenn das verdammte Wetter nicht wäre, hätten wir sie längst erwischt. Das Wetter und derTaxifahrer.« Er ballte seine Hände zu Fäusten. »Der verdammte Kerl hat ihr geholfen.«
»Was für’n Taxifahrer?«
»Ein junger Kerl. Keine Ahnung, woher sich die beiden kennen. Der Typ half ihr zweimal aus der Patsche, und als wir sie endlich vor der Mündung hatten, bei dem neuen Wohnblock in Streeterville, der heute Abend eingeweiht wird, da drehte sie plötzlich durch und warf sich den Bullen in die Arme.«
»Welche Nummer hat das Taxi?«
Coleman zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Das Schneetreiben war so dicht, dass wir sie nicht erkennen konnten.« Er tat gut daran, Cavani zu verschweigen, dass er nicht daran gedacht hatte, sie zu notieren. »Es war gelb.«
»Die Hälfte aller Taxis in Chicago ist gelb!«, blaffte Cavani. »Wo ist sie jetzt?«
»Sarah? Bei den Cops. Ich nehme an, die Bullen nehmen sie in Haft. Wir bleiben an ihr dran, Boss. Wir passen auf, wohin man sie bringt. Und sobald sich die Aufregung gelegt hat, schlagen wir zu. Sie entkommt uns nicht, Boss. Uns entkommt niemand.«
»Mit anderen Worten: Ihr habt jämmerlich versagt!«, sagte Cavani. »Ihr habt euch von einer jungen Frau an der Nase herumführen lassen. Zwei armselige Figuren, die sich für Profikiller halten und ein Heidengeld dafür kassieren, dass sie in der Stadt rumkurven und über das Wetter schimpfen. So ist es doch, nicht wahr?« Er blickte DiMaggio an. »Was ist mit dir, DiMaggio? Hast du gar nichts zu melden?«
»Wir kriegen Sie, Boss«, sagte DiMaggio, der sich seinen
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