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Winterland

Winterland

Titel: Winterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Voraus arrangiert hatte. Er wusste, dass man Leute hier mit Narkotika in Drinks betäubt hatte. Das war unter anderem eine Methode, neue Drogenkunden zu schaffen. War es so gewesen? Hatte er irgendein verdammtes Mittel oder ein Halluzinogen oder Ecstasy oder wie das alles hieß bekommen, das Halluzinationen erzeugte und das Gehirn ausschaltete? Es so weit ausschaltete, dass er vom Geräusch der Grillen und dem Poltern an der Tür aufwachte?
    »Ich muss wieder dorthin zurück«, sagt er.
    »Was meinst du?«
    »Dieser Bungalow, das Apartmenthotel.« Er versucht aufzustehen. Jetzt geht es schon besser. »Ich will dorthin und rauskriegen, ob da auch nichts passiert ist.«
    »Es wird ja wohl nichts passiert sein«, sagt sie. »Sonst wärst du sicher nicht hier. Da hätten sie dich doch schon festgenommen.«
    »Ich muss dorthin fahren«, sagt er. »Ich will wissen, warum ich dort war. Und wie ich da hingekommen bin.«
    »Jetzt?«, fragt sie. »Willst du jetzt da hinfahren?«
    »Ja.« Er setzt die Füße auf den Boden. Sie haben wieder Gefühl. Er spürt den Schmerz. »Ich muss diese Sache aus der Welt schaffen.«
    »Ich komme mit«, sagt sie.
    »Nein.«
    »Wie? Warum nicht?«
    Er weiß nicht warum. Irgendetwas in ihm sagt nein. Vielleicht ist es das Entsetzen, das er in jenem Zimmer empfunden hat. Er will sie dem nicht aussetzen, selbst wenn es nur ein Traum oder ein Drogenrausch war.
    »In einer halben Stunde bin ich zurück«, sagt er.
    »Lass mich wenigstens draußen im Taxi warten«, bittet sie.
     
    Er steigt aus dem Taxi. Er drückt ihre Hand, geht rasch über den Parkplatz und zur Rezeption hinein. Er geht über den glänzenden Fußboden. Die Frau hinter dem Tresen schaut auf. Er meint sie vom Morgen wiederzuerkennen, aber er ist nicht sicher. Wie könnte er auch sicher sein, schließlich ist er in zwei Sekunden hier durchgerannt.
    Sie schaut ihn an, ohne ein Zeichen des Wiedererkennens. Ihr Gesicht drückt nur freundliche Professionalität aus.
    »Womit kann ich dienen?«, fragt sie in weichem Englisch.
    »Ich … würde gern eine Wohnung anschauen«, sagt er.
    »Um sie … später im Winter dann zu mieten.« Er macht eine Geste mit der Hand. »Wir wollen etwas später im Winter zurückkommen, und dieses Hotel ist uns empfohlen worden.«
    »Das freut mich zu hören«, sagt sie.
    »Unsere Freunde haben in einer Wohnung mit einer sehr guten Lage gewohnt«, sagt er.
    »Alle unsere Wohnungen haben eine sehr gute Lage«, sagt sie mit einem Lächeln.
    »Natürlich«, sagt er und lächelt zurück. »Aber nachdem es nun gerade die war, vielleicht kann ich ja die mal anschauen, also, und dann noch eine andere?«
    »Welche Nummer war es denn?«, fragt sie.
    »Sechzehn.«
    Sie tippt irgendetwas in den Computer. Dann wendet sie sich zu einer Reihe Schlüssel um, die hinter ihr an der Wand hängen.
    »Wohnung Nummer sechzehn ist tatsächlich frei«, sagt sie und dreht sich wieder zu ihm um. »Sie haben Glück. Um diese Jahreszeit sind wir meist belegt.«
    »Könnte ich sie dann mal anschauen?«, fragt er.
    »Okay«, sagt sie und schaut ihn an. »Ich bin heute allein hier, deshalb kann ich niemanden mit Ihnen hinaufschicken.«
    Sie sieht ihn wieder an, als sei er ein ehrlicher Mensch. »In Ordnung, Sie bekommen einen Schlüssel, aber ich möchte, dass Sie in zehn Minuten wieder hier sind.«
    »Natürlich«, versichert er. »Wahrscheinlich noch schneller.«
     
    Er folgt den Pfeilen, die die Wohnungsnummern angeben. Zwischen den Wohnungen verlaufen geflieste Wege, die von kräftigem Grün eingerahmt sind. Die Gerüche da drin sind schwer, es ist, als würde man in einem großen Zimmer gehen.
    Er steht vor Nummer sechzehn und spürt, wie das Blut schneller durch seinen Körper schießt. Er holt tief Luft und schließt die Tür auf. Dann geht er in den Flur und schließt die Tür hinter sich. Er schließt sie ab, als wollte er kein Risiko eingehen. Das ist eine absurde Handlung, das sieht er ein. Er geht durch den dunklen Flur. Er sieht das Zimmer da vorn, erkennt die lange Gardine wieder, die sich im sanften Wind bewegt. Die Tür zur Terrasse ist zu. Draußen ist Dämmerung. Er geht ins Zimmer. Hört die Grillen draußen. Sie sind laut, es klingt wie stählerne Schreie, direkt in den Raum hinein, in dem er steht. Er schaut auf den Steinfußboden hinunter. Im Augenwinkel sieht er etwas. Er wendet den Kopf. Er sieht ein Gesicht. Einen Körper. Er sieht Flecken auf dem Körper. Er liegt auf dem Steinfußboden, halb unter einem Tisch.

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