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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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antwortete sie leise. „Gestern am frühen Morgen, wir waren gerade hier angekommen und gingen durch den Wald. Wir haben den Fluss überquert, um uns etwas zu essen zu besorgen, da haben uns die Charyniten entdeckt. Es war klar, dass sie uns töten würden, einzig und allein, weil wir Lumaterer sind. Ich habe gehört, wie sie darüber geredet haben.“ Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. „Ich habe Froi gesagt, ich würde mir eine Lüge ausdenken und damit Verwirrung stiften, und in dem ganzen Durcheinander sollte er wegrennen. Das habe ich ihm befohlen. Er hätte mir gehorchen müssen.“ Sie fing wieder an zu zittern, und Finnikin drückte sie fester an sich.
    „Da hat er mich angesehen und mir gesag t … dass Menschen, die zaubern könnten, nicht sterben dürften. Aber Menschen wie er seien entbehrlich. Er spricht unsere Sprache dermaßen stümperhaft“, stieß sie unter Tränen hervor, „aber das Wort ,entbehrlich‘ kennt er. Er hatte immer noch meinen Rubinring, und ehe ich ihn zurückhalten konnte, schrie er schon lauthals, er sei der Thronerbe Balthasar.“
    „Aber sie müssen doch gewusst haben, dass er viel zu jung ist“, warf Perri ein.
    „Alles ging so schnell. Froi fuchtelte mit dem Rubinring herum und schrie: ‚Lauf! Lauf!‘ Und dann: ‚Balthasar, Balthasar, Balthasar!‘ Immer wieder rief er den Namen und behauptete, er sei der Thronerbe von Lumatere.“
    Finnikin merkte, dass Lucian jedes Mal zusammenzuckte, wenn der Name seines toten Vetters fiel.
    „Also bin ich losgerannt und habe mich in einem Graben versteckt und dann auf einem Baum. Von dort aus habe ich sie beobachtet. Heute sind die Soldaten weggegangen, und als sie zurückkamen, haben sie sich gegenseitig Fausthiebe versetzt und den armen Hund getreten. Sie haben gar nicht mehr aufgehört damit.“
    „Deshalb haben sie die Flüchtlinge zusammengetrieben“, murmelte Lucian. „Sie wussten, dass der Junge log, und vermutlich nahmen sie an, der wahre Thronerbe sei bei den Lumaterern am Fluss.“
    Als Evanjalin Lucian sprechen hörte, sagte sie triumphierend: „Ich habe dir doch gesagt, dass die Monts hier sind.“
    „Nein, das hast du nicht“, tadelte sie Finnikin liebevoll. „Du hast nur den Finger ausgestreckt und gesagt: Ich gehe nach Osten.“
    Lucian betrachtete sie aufmerksam. „Sie ist ganz sicher eine Mont. Yata und mein Vater werden bestürzt sein, wenn sie erfahren, dass wir tatsächlich eine von uns zurückgelassen haben.“
    Evanjalin nahm Lucians Hände. „Yata“, sagte sie mit bebender Stimme.
    Lucian hielt ihre Hände fest, dann ließ er seine Finger ihren Arm hinaufwandern, und Finnikin sah, wie er erschauderte. „Lucian“, warnte er ihn barsch.
    Lucian seufzte und ließ Evanjalins Arm nicht los. „Mein Vater und die Yata werden sehr zornig sein, wenn sie sehen, was du getan hast, Evanjalin. Du hast dich selbst verletzt, damit du in fremde Träume eindringen kannst.“
    Finnikin sah nicht, wie sein Vater und Perri auf diese Worte reagierten, aber er war tief beschämt, als er ihren Arm berührte und die entsetzlichen Narben ertastete, die man sogar in dem schwachen Licht des Mondes erkennen konnte.
    „Ich muss dir Abbitte leisten, Evanjalin“, sagte Perri leise und stand auf. „Aber zuerst holen wir unseren Jungen.“
    Sie gingen zu dem Baum, auf dem sich Evanjalin einen ganzen Tag und eine ganze Nacht versteckt hatte.
    „Wartet hier“, befahl Perri und stieg in das Geäst.
    Trevanion übernahm das Kommando. „Perri und ich klettern über die Mauer. Finnikin und Lucian, ihr beide klettert auf den Baum und gebt uns Deckung. Sobald ihr seht, dass Froi in Sicherheit ist, schießt auf alles, was sich bewegt. Und sobald er auf der anderen Seite der Hofmauer ist, lauft, so schnell ihr könnt. Evanjalin, du bleibst hier.“ Sie öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber er unterbrach sie sofort. „Du bleibst hier.“
    Perri kam leise wieder vom Baum herunter.
    „Drei Wachen und ein angeketteter Hund?“, fragte Trevanion.
    Perri schüttelte den Kopf. „Kein Hund“, sagte er tonlos, und dann waren er und Trevanion verschwunden.
    „Bleib hier!“, wiederholte Finnikin zu Evanjalin gewandt, ehe er und Lucian den Baum hinaufkletterten und sich auf einen Ast stellten, der ihnen einen guten Ausblick und genug Platz bot, um mit dem Bogen zu hantieren. Finnikin beobachtete, wie Perri und Trevanion die Mauer bestiegen, kurz nach allen Seiten spähten und dann dahinter verschwanden. Die Öllampen

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