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Winterlicht

Winterlicht

Titel: Winterlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melina Marchetta
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Tal der Stille angekommen sind, wirst du alle Hände voll zu tun haben.“
    Und mit einem letzten Blick auf Finnikin machten sich Trevanion und Perri auf nach Westen, wo ihre Landsleute auf sie warteten.
    Etwas abseits lagen Finnikin und Lucian an einem Lagerfeuer und ließen ihre feuchten Kleider trocknen. Evanjalin und Froi waren schon fast eingeschlafen und Finnikin deckte sie mit Fellmänteln zu.
    „Für mich war Balthasar ein Held“, sagte Lucian leise und starrte über die schwache Glut hinweg auf Finnikin.
    „Und du warst seiner“, versicherte Finnikin.
    „Nein. Ich glaube, halb wollte er sein wie Trevanion aus dem Flussland und halb wie Finnikin von den Felsen.“ Lucian lachte. „Ich hingegen wollte sein wie Perri der Wilde, obwohl ich nach dieser Nacht nicht mehr sicher bin, ob ich den Mumm dazu habe.“
    „In Perri steckt viel mehr, als es den Anschein hat.“
    Lucian beugte sich vor. „Ehrlich gesagt, ich bin nicht sicher, ob Balthasar ein guter König geworden wäre.“
    „Weshalb sagst du so etwas?“, fragte Finnikin.
    „Vielleicht wäre er besser als sein Vater gewesen, aber nicht so gut wie seine Mutter. In meiner Familie heißt es, die Königin hätte unter ihrem Stand geheiratet.“
    Finnikin schnaubte, aber nur leise, damit Froi und Evanjalin nicht aufwachten. „Ihr Bergziegen meint, ihr seid vornehmer als die Königsfamilie.“
    „Das bilden wir uns nicht ein“, widersprach Lucian. „Sie war stark und ausdauernd. Sie war wissbegierig und unbeirrbar, jeder Mont hat sie beneidet. Und so waren auch ihre Töchter. Die älteste Prinzessin, meine Base Vestie, wäre eine große Anführerin unseres Volks geworden. Yata sagt immer, dass sie stark war wie ihre Mutter, die Königin. Der König aber wa r … zu nachsichtig, besonders mit seinem Vetter. Deshalb waren wir auch gar nicht verwundert darüber, dass später dieser Abschaum den Thron von Lumatere rauben konnte.“
    „Der Thronräuber ist nur eine Marionette, die der König von Charyn eingesetzt hat. Die Charyniten brauchen Lumatere als Durchgangszone, um in Belegonia einzumarschieren.“
    Lucian zuckte mit den Schultern. „Der König hat Charyn gegenüber zu wenig Stärke gezeigt. Als Charyniten die Warentransporte aus dem Norden aufgehalten haben, hätte der König sofort Soldaten in ihr Land schicken müssen.“ Er betrachtete Froi und Evanjalin. „Weißt du, weshalb ich mir sicher war, dass Balthasar in jener Nacht gestorben ist?“, fragte er.
    Finnikin seufzte, er hätte gerne geschlafen. „Vielleicht weil du glaubst, du wüsstest alles?“
    Lucian war nicht zu Späßen aufgelegt. „Blutet deine Wunde wieder? Die Wunde, mit der du deinen Eid besiegelt hast?“
    Finnikin nickte.
    „Meine auch. Das bedeutet, dass Balthasar in jener Nacht gestorben ist.“
    Finnikin erwiderte nichts.
    „Die Wunde ist wieder aufgebrochen, denn jetzt müssen wir tun, was wir geschworen haben.“
    „Lucia n …“
    „Was haben wir geschworen an jenem Tag beim Felsen der drei Wunder?“, sagte Lucian eindringlich.
    Noch immer schwieg Finnikin. Es lag etwas in Lucians Stimme, das sein Herz wie wild hämmern ließ.
    „Balthasar hat geschworen, die königliche Familie mit seinem Leben zu verteidigen“, sagte Lucian. „Du hast geschworen, sie durch alle Gefahren zu führen. Ich habe geschworen, ihnen den Weg zu weisen wie die Flamme eines Leuchtturms. Und jetzt, zehn Jahre später, sind wir wieder alle hier.“
    „Nicht alle.“
    Lucian rückte näher. „Balthasar hat geschworen, sein Leben für das Königshaus von Lumatere zu geben“, wiederholte er mit Tränen in den Augen. „Drei Zeugen haben gesehen, wie er in jener Nacht in den Wald gelaufen ist.“ Lucian schüttelte den Kopf. „Aber das ist unmöglich. Wenn Isaboe in jener Nacht gestorben wäre, dann hätte auch Balthasar nicht mehr leben wollen. Denn das ist der Unterschied zwischen dem Sohn des Königs und den Töchtern der Königin. Dem König war am wichtigsten, dass seine Frau und seine Kinder überlebten. Und der Königin? Ihr war am wichtigsten, dass ihr Volk überlebte. Denn ihr Volk, das waren die Lumaterer.“
    „Was sagst du da?“, rief Finnikin.
    „Balthasar geriet nach seinem Vater“, fuhr Lucian leidenschaftlich fort. „Wir alle haben zu unserem Eid gestanden. Und Seranonna von den Waldbewohnern und zwei andere, die keinen Grund hatten zu lügen, haben ausgesagt, dass sie ein Kind aus dem Wald laufen sahen in jener Nacht. Und zwar jenes Kind, das seine blutigen

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